Dampf ab, Friedrich!


Seit dem Bekanntwerden der NSA Totalüberwachung durch die Leaks des Whistleblowers Edward Snowden hat der Innenminister Hans-Peter Friedrich mit Notlügen, offen zur Schau getragenen Unwissenheit und fachlicher Inkompetenz geglänzt.

Er beschützt die Privatsphäre der Bürger der Bundesrepublik weder vor der Willkür der Geheimdienste, noch vermochte er es, gegenüber den USA die deutsche Forderung nach lückenloser Aufklärung des PRISM/TEMPORA Skandals zu fordern. Bis heute hat er nur falsche und in die Irre leitende Angaben um Verstrickungen der deutschen Geheimdienste in die Überwachungsprogramme der NSA abgeliefert. Seinen Amtseid, das Volk vor Gefahren zu schützen und in ihrem Sinne zu wirken, tritt der Innenminister mit Füßen.

Seine mangelhafte Fähigkeit, Zusammenhänge und Gefahren abzuschätzen, drückt sich nicht zuletzt in seiner fahrlässigen Uninformiertheit über die wirkliche Zahl aufgeklärter Terroranschläge in Deutschland aus. Seine nur in Ansätzen vorhandene Medienkompetenz und die Abwesenheit jedes Verständnisses technischer Zusammenhänge im Internetzeitalter macht ihn zu einer tickenden Zeitbombe für die Freiheitsrechte der deutschen Bürger, das Grundgesetz und die Pressefreiheit.

In jedem wirtschaftlichen Unternehmen wäre er längst entlassen worden. Hans-Peter Friedrich muss umgehend zurücktreten.

Augen auf, Frau Merkel!

merkel
Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin Merkel,

anstatt die in den USA offen zur Schau getragene Inkompetenz Ihres jetzigen Innenministers zu rügen und Ihren ehemaligen Innenminister Schäuble zu dessen Wissensstand über Tempora und Prism im Jahre 2008 [1] zu befragen, haben Sie jetzt aus wahltaktischem Kalkül den gewerblichen Datenschutz entdeckt.

Es ist schön, dass Sie jetzt Datenlecks stopfen und den leichtfertigen Umgang mit der digitalen Privatsphäre bei Facebook und anderen gewerblichen Anbietern regulieren wollen. Darauf weisen wir bereits seit Jahren hin. Wir kaufen Ihnen diesen plötzlichen Sinneswandel aber nicht ab, denn mit der ständigen Forderung nach einer Vorratsdatenspeicherung und der gerade erst verabschiedeten Bestandsdatenauskunft haben Sie bereits in der Vergangenheit Ihre zynische Haltung zur Privatsphäre eindrucksvoll dokumentiert.

Auch war Ihnen der Schutz von wirtschaftlichen Interessen immer wichtiger als der Schutz ihrer Bürger, denn die privatrechtliche Providerauskunft geht auch auf das Konto Ihrer Regierung. Sie hat zu einer unkontrollierten Welle von kostspieligen Abmahnungen geführt, die unsere Mitmenschen immer häufiger willkürlich zu wehrlosen Opfern macht. Sehenden Auges wurde von Ihrer Regierung der Artikel 10 des Grundgesetzes immer weiter bis auf die Fundamente zurückgebaut.

So ist längst Ihre eigene Glaubwürdigkeit beschädigt – Und auch jetzt haben Sie nicht ihre eigene Mitwisserschaft der umfassenden Überwachung glaubhaft entkräften können. Ihr eigener Innenminister Friedrich hat die umfassende Überwachung von Bestands- und Inhaltsdaten durch deutsche Behörden gerade erst kleinlaut in einem Nebensatz eines ZDF-Interviews in den USA bestätigt. [2]

Ihr ARD-Sommergespräch offenbart Ihre kräftigen Verständnisdefizite. Ob amerikanische Behörden in Deutschland deutsches Recht einhalten, ist eine Nebelkerze, denn im Internet befinden sich Datensätze auf global verteilten Servern und zirkulieren durch sämtliche Territorien. Wer so schwammig Rechtseinhaltung fordert, braucht sich nicht zu wundern, wenn er vom großen Bruder an der Nase herum geführt wird. [3]

Wir müssen aber jetzt auch endlich die deutschen Geheimdienste grundsätzlich neu diskutieren. Staatlich legitimierte Ausspähung durch kaum zu zähmende Behörden stellt mittlerweile für die Freiheit und den Frieden in der Zivilgesellschaft eine größere Gefahr dar, als diffuse Terrorbedrohungen. Dabei sind diese Bedrohungen das Resultat Ihrer kaum zu rechtfertigenden Nibelungentreue gegenüber einem Bündnispartner, der die Bürger der Bundesrepublik generell verdächtigt und lückenlos ausspäht.
Ein Geheimdienst, der in den letzten Jahren gerade mal fünf angebliche Terrorbedrohungen in Deutschland aufdeckte, aber die massenhaften, neonazistisch inspirierten Mord- und Terroranschläge gegenüber Bürgern ausländischer Herkunft nicht verhindern konnte, hat in Form und Funktion versagt.

Ich fordere Sie auf, folgende 7 Punkte zu unterstützen:

1. Politisches Asyl und Schutz für Whistleblower
2. Alle Fakten lückenlos offenlegen
3. Europäischen Datenschutz stärken
4. Internationales Abkommen zur Freiheit des Internets
5. Software zum Schutz der Privatsphäre fördern
6. Ein europäisches PRISM verhindern
7. Klare Absage zu Vorratsdatenspeicherung, Bestandsdatenauskunft, Störerhaftung und privater Provider Auskunft

Mit freundlichen Grüßen,

Bruno Kramm

[1] http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-57038058.html
[2] http://www.heute.de/Friedrich-US-Sp%C3%A4hprogramm-hat-edlen-Zweck-28807084.html
[3] http://www.youtube.com/watch?v=VwVtux-j3g8&feature=youtu.be

Appell an unsere Ideale

Liebe Freunde,

ich möchte mich heute an Euch wenden, weil mir etwas auf dem Herzen liegt. Und zwar schon seit einigen Wochen. Ich bitte Euch, mir kurz Eure Aufmerksamkeit zu schenken und mit etwas Glück erreiche ich mit diesem Appell nicht nur Euren Kopf, sondern auch Euer Herz.

Ich bin – wie viele von euch – Pirat geworden, weil ich Demokratie endlich jeden Tag, jede Stunde leben und mitgestalten will und nicht nur einmal in vier Jahren.
Ich setze meine Hoffnungen auf den Wandel von der Industrie- zur Wissensgesellschaft. Unser Programm ist von diesem Aufbruch durchdrungen. Wie ein roter Faden verbindet er digitale Kernthemen mit allen Bereichen der Gesellschaft.

Die Gesellschaft, die wir uns wünschen unterscheidet sich wesentlich von einer turbokapitalistischen Zukunft. Eine Zukunft die uns droht, wenn Politiker wie bisher den digitalen Wandel missdeuten. Wenn der Kapitalismus unkontrolliert in jede noch so kleine Pore der Gesellschaft und des Netzes dringt. Wenn unsere Daten und das Privateste wirtschaftlich instrumentalisiert und verwertet werden.

Sicher, bei uns hat sich insbesondere im letzten Jahr sehr viel, sehr schnell verändert: Wir haben einen unglaublichen Zulauf an Neumitgliedern gehabt und die Medien haben uns mit einem Übermaß an Aufmerksamkeit überschüttet. Unsere Strukturen sind an die Grenze der Belastbarkeit geraten. Das liegt daran, dass viele Menschen unsere Unzufriedenheit mit der verkrusteten Politik teilen und etwas ändern wollen.

Einige von Euch haben mich in den letzten Wochen immer wieder gebeten, etwas zu dieser aktuellen Krise zu sagen, die sich wie ein Abgrund vor uns auftut. Und ja – es ist herzzerreißend. Mir war mir schon lange nicht so oft zum Heulen zumute wie in diesen Tagen.
Es scheint, als wenn unser gemeinsamer Traum langsam zerbricht

Warum?
Weil uns die Lorbeeren des letzten Sommers faul und feige gemacht haben.
Weil Mut in der inhaltlichen Arbeit oft mit einer Spirale des Hasses quittiert wird.
Weil wir nicht mehr an der Basis lauschen, sondern nur noch einzelnen Schreihälsen zuhören.
Weil wir das, was wir uns im Großen für unser Land wünschen, im Umgang miteinander immer öfter zu vergessen.
Weil wir zuviel auf Zeitungen und Fernsehnachrichten geben.

Statt Gemeinsamkeiten sehen wir oft nur noch Gegner in den eigenen Reihen. Motivierte und engagierte Mitglieder und Unterstützer wenden sich enttäuscht wieder von uns ab.
Missgunst, Egoismus und Machtgier zerfressen uns von innen und rauben uns die Kraft.
Kraft die wir alltäglich und insbesondere im Wahlkampf dringend brauchen.

Zu unseren internen Problemen kommen Zweifel an unserer Arbeit: Wir füllen Ämter und Mandate nicht immer so aus, wie es von uns erwartet wird. Wir enttäuschen Hoffnungen.
Es liegt vielleicht daran, dass alle in einer Ellenbogengesellschaft groß geworden sind. Das Streben danach, Vorgesetzter zu sein, Autorität darzustellen. Wie diese dämlichen Sprüche in der Werbung, die jungen Leuten einflüstert: „Willst Du die Karriereleiter immer nur von unten sehen“

Dabei soll doch das Amt in der Piratenpartei etwas ganz anderes bedeuten: Demut vor der Vielfalt und Kristallisationspunkt der Meinungsäußerung aller.

Wir müssen unseren Gründungsmythos einer antiautoritären Demokratie weiterdenken. Unsere Amtsträger müssen dem Prinzip einer auf den Kopf gestellten Machtverteilung folgen.

Amtsträger sind die Vertreter vitaler Basisentscheidungen und Positionen. Sie haben die wundervolle Aufgabe für unsere demokratische Beteiligung zu werben, für unsere Tools, für unser Miteinander, für unser Menschenbild. Sie sollen dafür die Strukturen schaffen.
Sie müssen Vermittler in unserem Stimmengewirr sein.
Sie dürfen eine eigene Meinung haben, aber die darf nur eine unter vielen sein.
Denn Entscheidungen gehen von unten aus.
Vorstände sollen Demokratieevangelisten sein.

Ich wünsche mir, dass wir endlich neben richtig guter Arbeit unsere Grundwerte wieder in den Mittelpunkt rücken und das Menschenbild, das wir uns in der Gesellschaft wünschen, auch selber leben:

Lasst und endlich wieder über unsere politischen Ziele sprechen. Wir sind mittendrin im Aufbruch und im Neustart, der viele Bürger aus der politischen Resignation befreien kann.

Wir sind immer noch erst am Anfang – lasst uns geschlossen diesen langen Weg gehen, der noch vor uns liegt.
Gemeinsam und indem wir unsere Ideale leben: jeder von uns, jeden Tag.

Wir sind Piraten, wir sind der Wandel und wir haben diesem Land noch eine Menge zu sagen!
Ich freue mich auf die weitere Zusammenarbeit mit jedem Einzelnen von Euch.

Euer Bruno Kramm

Watchplattform Fragen und Antworten


Gesammelte Fragen und Antworten der Watch Plattform:

Frage: Sollten deiner Meinung nach Alternativen zur Schulmedizin unterstützt oder eher unterbunden werden? Wie offen stehst du neuen Wegen und Denkweisen in der Medizin gegenüber, das heißt informierst du dich erst darüber bevor du zu einem Urteil kommst oder sagst du von vornherein, dass es funktionieren kann? Würdest du jemandem, der dir beweisen will, dass seine Alternative funktioniert, unvoreingenommen diese Chance geben?

Alternative Heilmethoden, wie z.B. die traditionelle Chinesische Medizin (TCM) ist nicht umsonst zum UNESCO Weltkulturerbe erklärt worden: Ihre Therapiemethoden sind seit Jahrhunderten auf einem völlig anderen Paradigma der Medizin gewachsen. Statt der lokalen, symptomatischen Diagnose, stellen sie die Ursache und den Organismus als Ganzes ins Zentrum. Wegen ihrer Wirksamkeit akzeptieren viele Kassen Akupunktur, Moxibustion aber auch Yoga und Konzentrationsübungen anderer Kulturkreise. Wenn dabei Selbstheilungskräfte aktiviert werden und Patienten genesen, sind diese Verfahren eine Alternative zu kostspieliger Schulmedizin westlicher Ausprägung, die es häufiger zu validieren gilt, denn die konzertierte Lobbyarbeit von großen Pharmakonzernen versucht häufig, die Wirksamkeit durch hausgemachte Studien positiv hervor zu heben.
Eine klare Absage erteile ich hingegen all jenen Scharlatanen und „Chemtrails“-Medizinern, die es auf die Geldbörse von Hilfe suchenden und verzweifelten Menschen abgesehen haben. Empirische, transparente Überprüfungen und die dazugehörenden statistischen Methoden überführen in der Regel falsche Heilversprechungen als Humbug und wirksame Präparate als Fortschritt für die Gesundheit und Lebensqualität.

Frage: Wie bewertest du die strafrechtliche Verfolgung von Konsumenten illegalisierter Drogen in Deutschland?

Den Konsum von sogenannten illegalen Drogen zu kriminalisieren, ist kontraproduktiv, denn statt einen verantwortungsvollen Umgang mit Drogen zu vermitteln, treibt die Illegalisierung Konsumenten auf einen Schwarzmarkt, der keinerlei Verbraucherschutz hinsichtlich der Qualität der konsumierten Drogen gewährleistet. Dabei werden mündige Bürger doppelt bestraft: Das Risiko für die eigene Gesundheit mangels qualitativer Prüfung und die gesellschaftliche Ausgrenzung von Konsumenten illegaler Drogen führt zur gefährlichen Grauzone, während der leichtfertige und verharmlosende Umgang mit der legalen Droge Alkohol Menschen in die Abhängigkeit treibt. Die Unterscheidung zwischen illegal und legal stellt sich somit als unbrauchbare Trennlinie dar. Sie beruht einzig und allein auf gesellschaftlichen Vorbehalten. Drogen müssen nach ihrer Gefährlichkeit hinsichtlich der körperlichen und psychischen Abhängigkeit bewertet werden. Illegalisierung stärkt dabei auch die Beschaffungskriminalität, denn abhängige Konsumenten können ihre Droge nur auf dem Schwarzmarkt erhalten, dessen Preise häufig mit der individuellen Schwere der Sucht steigen. Natürlich gilt es Jugendliche vor Drogen zu schützen – doch hier wird z.B. die Alkoholprävention sehr lax geregelt, dagegen der Besitz kleinster Mengen von cannabinolhaltigen Drogen restriktiv geahndet. Dabei gilt es, Jugendliche Vorurteilsfrei aufzuklären und einen verantwortungsvollen Umgang mit Drogen zu vermitteln.

2. Frage: Wie bewertest du die Auswirkungen der heutigen Drogenpolitik in Deutschland und international (global), z.B. auf Länder wie Afghanistan und
Mexiko?

Die restriktive Drogenpolitik in Europa stärkt die weltweiten Drogenkartelle und ihre menschenverachtenden Vertriebswege, da die Preise auf dem Schwarzmarkt mit den wachsenden Fahndungserfolgen proportional steigen. Dabei existiert im Schatten der Legalität eine Armee der erwerbstätig Abhängigen, die keinerlei Möglichkeiten haben, sich gegen die rücksichtslosen Arbeitsbedingungen der Kartelle zu wehren. Zwischen den Kartellen und den Gesetzesvertretern schwelt der Drogenkrieg, der jährlich Abertausende von Toten fordert. Der Nachschub von billigen Arbeitskräften macht die Opfer im Drogenmilieu zu einem kalkulierten Kollateralschaden. Die astronomischen Gewinne der Kartelle schwächen gleichzeitig demokratische Strukturen in den Schwellenländern durch Korruption und staatlicher Schattenbeteiligung an der Produktion.

Frage: Wie wichtig ist dir ein grundsätzlicher Wechsel in der Drogenpolitik?

Die kurzfristige Legalisierung weicher Drogen wie Cannabis in Deutschland, sowie die kontrollierte und qualitätssichernde Abgabe durch geeignete Stellen ist der erste Schritt zu einer Entkrampfung der Drogenproblematik. Statt Kriminalisierung brauchen wir eine offene Diskussion über die Funktion von Drogen in unserer Gesellschaft. Das sogenannte „Recht auf Rausch“ braucht eine kulturelle Verankerung. Die jahrzehntelange Stigmatisierung führt einerseits zu einer gefährlichen Enthemmung im Konsum – siehe Komasaufen – und andererseits der Angst vor Kontrollverlust und Reflektion. Stichwort Psychohygiene und Therapie. Das Vermitteln eines verantwortungsvollen Drogenkonsums ist somit die begleitende Kernaufgabe einer besseren Drogenpolitik.

Frage: Wie sollten ggf. deiner Meinung nach Alternativen zur prohibitiv-repressiven Kontrollpolitik aussehen?

Die repressive Prohibition und die Unterscheidung zwischen legalen und illegalen Drogen haben sich als Irrweg erwiesen. Die Statistik der Drogentoten beweist, dass gerade die Pilotprojekte einer verantwortungsvollen, die Drogenabhängigen unterstützenden Politik, zu einem unmittelbaren Rückgang der Drogentoten führt. Die Reinstallierung repressiver Kontrollpolitik dagegen, führt zu einem unmittelbaren Anstieg. Darüber hinaus muss auch die Strafverfolgung neu geregelt werden, denn Drogendelikte sind opferlose Straftaten, deren Verfolgung nur durch ein aktives Kontrollieren und eine entsprechende Leitlinienpolitik geregelt ist. Hier gilt es, die Polizei und Strafverfolgungsorgane umfassend zu schulen und neue Leitlinien zu etablieren.

Frage: Wenn du Kanzler werden solltest, welche drei drogenpolitischen Sofortmaßnahmen würdest auf den Weg bringen?

1. Sofortige Legalisierung von Cannabis und THC-haltigen Produkten. Langfristige Drogenabgabe bei entsprechender fachlicher Qualifikation in Apotheken.
2. Eine Revision des 1994 verabschiedeten Gesetzes des BverfG, das den Entzug des „Rechts auf Rausch“ verordnete.
3. Die Angebote zur gesundheitlichen Versorgung und Überlebenshilfe schwer abhängiger Drogenabhängiger stärken und die Prävention ins Zentrum stellen.

Frage: Kannst du dir eine dritte umfangreiche Aufgabe noch zusätzlich leisten? Als Mitglied des Landesvorstandes Bayern und als Beauftragter für Urheberrecht des Bundes hast du bereits viele Aufgaben. Dort leistest du gute Arbeit – glaubst du, du schaffst es, das Niveau auch bei einer dritten Herausforderung noch auf der gleichen Stufe zu halten?

Bereits in meiner Kandidatur zum Politischen Geschäftsführer habe ich darauf hingewiesen, dass ich für dieses Amt nur ein Jahr zur Verfügung stehe. Ich sehe im kommenden Jahr wesentliche Aufgaben des politischen Geschäftsführers im Wahlkampf um den Landtag in Bayern und den Bundestagseinzug. Daher ist die Verbindung dieses Amtes und meiner Kandidatur eine logische Konsequenz. Ich will einen erfolgreichen Wahlkampf planen und umsetzen. Die Strukturen hierfür kann ich im Amt positiv beeinflussen.
Das piratige Kernthema Urheberrecht wird dabei im Wahlkampf eine wesentliche Rolle spielen, die ich durch meine Präsenz und „Sattelfestigkeit“ erfolgreich umsetzen kann. Die Synergieeffekte aus dem Amt als politischer Geschäftsführer und durch die Beauftragung für das Urheberrecht sind die Basis meiner auf Inhalte ausgerichteten Bundestagskandidatur. Sie sind somit keine zusätzliche Belastung, sondern Teil meines Wahlkampfes um ein erfolgreiches Mandat. Mein Wissen über Verbandsstrukturen, Arbeitsabläufe und Erlösmodelle in der Kreativbranche, sowie die umfassende Kenntnis der praxisnahen Rahmenbedingungen des Urheber-, Verlags-, Verwertungs- und Leistungsschutzrechtes sind die Basis für künftige Vorstöße in den Ausschüssen, um endlich den überfälligen Sprung in die Informationsgesellschaft mittels einer umfassenden Reform des Urheberrechtes anzugehen. Meine erfolgreiche Arbeit im Rahmen der Beauftragung mag als Beweis meiner Befähigung für eine aussichtsreiche Listenplatzierung gelten.


Frage: Wie stehen Sie zur Linkspartei und zu Gregor Gysi?

Gregor Gysi ist ein begnadeter Rhetoriker. Seine Reden im Bundestag sind ein stilistischer Lichtblick im Vergleich mit vielen anderen Bundestagsabgeordneten. Inhaltlich gibt es wenige Gemeinsamkeiten und viele Unterschiede zur Linkspartei. Teilweise Gemeinsamkeiten bestehen in der Drogenpolitik (Legalisierung und Prävention von Drogen statt prohibitiver, restriktiver Kontrolle) und in der Befürwortung eines Bedingungslosen Grundeinkommens. Ebenso gibt es in der dringenden Reform des Urhebervertragsrechts viele Übereinstimmungen.
Grundsätzlicher Dissens besteht jedoch in der Verordnungswut der Linken, das wesentlich mit dem Menschenbild zusammenhängt. Während die Linke Freiheit im kollektiven Heil findet, begreife ich die Freiheit des Individuums im Spannungsverhältnis zum Auftrag einer humaneren Gesellschaftsordnung, die sowohl individuelles Streben nach finanziellem Erfolg als auch nach ideellen Werten fördert.
Dabei tritt an Stelle des Kollektiven ein Netz, das von unten reguliert und individuelles Scheitern als menschliche Wesensart begreift und auffängt. Dieses Sicherheitsgefühl bedeutet für das Individuum mehr Mut, Motivation und Experimentierfreude. Erfolgreiche Lebensplanung muss Auswege und Umwege erkennen und akzeptieren. Die Verpflichtung des Einzelnen gegenüber der Gesellschaft basiert auf freien Stücken und nicht nach Verordnung. Sie ist ein ethisches Grundprinzip des Miteinanders, das in unserem Wahlspruch „Sharing is Caring“ und einem positiven Menschenbild zum Ausdruck kommt.
Das widerspricht übrigens fundamental der internen politischen Kultur der Linkspartei, die in Bayern besonders durch die Überwachung, Verfolgung und Diskreditierung ungeliebter Mitglieder aufgefallen ist und hier leider den stereotypen Vorurteilen gerecht wird, die von den politischen Gegnern seit der Gründung des Vorläufers, der PDS kolportiert werden. Piratenpolitik bedeutet im Kern, sich von klassischen Denkmustern „links“ und „rechts“ der vergangenen Klassenkämpfe zu lösen und eine progressive, sozial verantwortliche Vision des qualitativen Wachstums durch Technologie, des Umgangs miteinander und des allgemeinen Menschenbildes zu fördern.

Frage: Wie diversen Medien zu entnehmen ist, stehen laut Geheimdienstberichten einflussreiche Teile der saudischen Regierung im „dringenden Verdacht“, fundamentalistische Gruppierungen weltweit finanziell und logistisch zu unterstützen. Insbesondere auch durch Stipendien in Deutschland. Würden Sie als Abgeordneter – im Gegensatz zur jetzigen Bundesregierung – einen sofortigen Importstopp saudischen Erdöls befürworten, um den entsprechenden Geldfluss auszutrocknen und damit Schaden von der westlichen Welt abzuwenden – ohne nur angsterfüllt auf eventuell steigende Erdölpreise und wegfallende Exporte deutscher Rüstungsgüter zu blicken?

Aus welcher Quelle das Öl in den Quantitäten fließt, das westliche Industrienationen benötigen: Menschenrechtsverletzungen, Zerstörung der Umwelt und kriminelle Strukturen sind dort häufig an der Tagesordnung. 65% des in Deutschland benötigten Erdöls stammen aus politisch instablien und menschenrechtlich fragwürdigen Regionen wie Russland, Lybien, Kasachstan, Aserbaidschan, Algerien und Saudi Arabien, die selbst unter einem Prozent des deutschen Bedarfes decken. Ein Aussetzen dieser geringsten Menge würde als homöopathische Dosis in Saudi Arabien kaum auffallen.
Friedenspolitik und Entwicklungshilfe sind demgegenüber das einzige Mittel, um sich vor radikalem Fundamentalismus zu schützen, der sich besonders im Schatten restriktiver, konservativ-moralischer Gesellschaften entwickeln kann. Bezeichnenderweise sind gerade in jenen westlichen Zivilisationen, die Vorurteile statt dem Dialog pflegen, diese radikalen Milieus besonders ausgeprägt. Dabei gilt es vor allem für unsere freiheitlich demokratische Gesellschaftsform zu werben, in der die individuelle und freie Religionsausübung genauso geschützt ist, wie die freie Meinungsäußerung, Kunst und Kultur. Diese Werte zu pflegen und zu vermitteln sind der beste Schutz vor radikalen Tendenzen.
Nicht nur unsere eigene Geschichte verpflichtet uns in besonderem Umfang, Waffenexporte zu Gunsten einer aktiven Friedenspolitik verstärkt zu reglementieren und an Bedingungen zu knüpfen. Auch wenn dieser Industriezweig riesige Gewinne erzielt, stehen Menschenrechte an erster Stelle. Der Exportbericht für Rüstungsgüter der Bundesregierung des Jahres 2010 kommt stattdessen einem friedenspolitischen Fiasko gleich, denn ein satter Zuwachs von 72 Prozent der Exporte von Kriegsgütern katapultierte den Umsatz auf über zwei Milliarden Euro.
Zur Einfuhr und der Abhängigkeit vom Öl möchte ich noch Folgendes anmerken: Die Bezugsmenge aus Ländern wie Norwegen und Großbritannien anzuheben, die mit weniger als einem Drittel zu den wenigen politisch stabilen Partnern gehören, garantiert aber keine langfristige Sicherheit, da die bisherigen Quellen aus der Nordseeförderung in absehbarer Zukunft versiegen und die neu erschlossenen Förderquellen in die kritischen Tiefseeregionen verlagert werden. Dort sind die Förderkosten weit beträchtlicher und die Risiken schwer abzuschätzen, wie zuletzt die Ölkatastrophe am Golf von Mexiko. Darüber hinaus unterliegt der Mix der Öleinfuhr dabei in erster Linie wirtschaftlichen Kriterien, die bei der OPEC und den großen Ölkonzernen festgelegt werden.
Stattdessen gilt es, noch stärker als bisher, alternative Energiequellen zu fördern, denn sie bedeuten Freiheit von Zwängen und von der Bindung an zweifelhafte Partnerschaften in Asien, Russland und den arabischen Staaten. Partner, die ihre Rohstofflieferungen häufig an politische Bedingungen knüpfen und unsere Demokratie abhängig machen. Dabei gilt es dezentrale und regionale Energiekonzepte (Fotovoltaik, Wind, Gezeiten, Speicherkraftwerke) genauso zu fördern, wie alternative Antriebsformen für den automobilen Sektor (Wasserstoff, Elektro). Dabei belegen unabhängige Studien, das bei Nutzung aller Effizienzpotentiale der Umstieg auf Sonne, Wind und Biomasse möglich ist.
Mittel- bis langfristig müssen wir uns vom Öl, Kohle und Gas befreien und hin zu regenerativen Energiequellen verlagern. Denn der Peak Oil und der Peak Fossil wurden laut IEA (Internationale Energieagentur, Teil der OECD) bereits 2006 erreicht. Dabei werden nicht nur die leicht förderbaren Quellen betrachtet, sondern auch jene, die nur unter hohem Energiebedarf das Öl von Schlamm, Erde, Gestein und anderen Substanzen trennen können.
Das bedeutet in der Konsequenz: Fossile Brennstoffe werden in der Zukunft noch viel teurer und ihre Förderungsbilanz energetisch unrentabel, während die weltweite Nachfrage industriell aufstrebender Nationen stetig steigt.

Frage: Welchen Stundenlohn halten Sie für die Arbeit eines Abgeordneten für angemessen – oder anders gefragt: Durch wie viele Stunden Arbeit eines Abgeordneten pro Woche glauben Sie, dass die derzeitige Bundestagsentlohnung von 7960 Euro plus Funktionsbezügen und Amtsausstattung in jeweils vierstelliger Höhe mit bereits beschlossener Erhöhung 2013 (z.B. im Vergleich zum Opel-Mitarbeiter mit ca. 1650 Euro netto Einkommen im Schichtdienst bei 35-Stunden-Woche) dem Normalbürger gegenüber zufriedenstellend zu rechtfertigen wäre?

Halten sie es zudem für richtig, dass die Bundestagsabgeordneten ihre Bezüge selbst bestimmen und keine Beiträge zu ihrer Rente oder zur Arbeitslosenversicherung zu entrichten haben, aber eine Rente nach bereits 8 Jahren Arbeit erhalten, während ein Angestellter 40 Beitragsjahre nachweisen muss?
Das Urteil zur Diätenbestimmung aus den Siebzigern durch das BverfG war ein falsches Signal, denn fast niemand neben den Bundestagsabgeordneten ist in der Lage, seine Bezüge selbst zu bestimmen. Dieser Missstand ist zum Teil auch für die sinkenden Vertrauenswerte in unsere Abgeordneten verantwortlich. Ein breiter gesellschaftlicher Diskurs sollte die Abgeordnetengehälter bestimmen, dabei aber berücksichtigen, dass der Anspruch der Abgeordneten auf eine angemessene, ihre Unabhängigkeit sichernde Entlohnung im Artikel 48 des Grundgesetzes geregelt ist und auch ihre Unbestechlichkeit sicher stellen soll. Wie der Bundesgerichtshof festgestellt hatte, sind die deutschen Gesetze zur Kontrolle der Abgeordnetenbestechung trotzdem nicht ausreichend. Auch die transparente Listung und das Akkreditierungsverfahren für Lobbyisten würde dieser Bestechlichkeit klare Grenzen setzen. (Hierzu habe ich auch eine programmatische Initiative in unserem Liquid Feedback gestartet „Transparenzregister für akkreditierte Lobbyisten“)
Der gerüchteweise Rentenanspruch nach zwei Legislaturperoden ist mir hingegen nicht bekannt.
Im Falle meines Erreichens eines Mandates und dem Bundestagseinzug, werde ich einen Teil meines zukünftigen Gehaltes der Partei spenden, um die ehrenamtliche Tätigkeit vieler engagierter Piraten zu honorieren.
Dem gegenüber ist der gesetzliche Mindestlohn eine nicht zu verhandelnde, längst überfällige Forderung, die gerade die unterbezahlten Jobs besser stellen würde, die Sie Eingangs erwähnten.
Trotzdem bleibt für mich das zentrale Projekt der Diskussion um gerechte Löhne die Umsetzung eines Bedingungslosen Grundeinkommens. Hier gilt es, eine Evaluierung und eventuelle Pilotprojekte zur Überprüfung der Finanzierbarkeit und den individuellen Auswirkungen anzuschieben, um dann Rückschlüsse für eine umfassende Realisation anstellen zu können. Eine generelle Grundrente für alle Bürger wird von unserer Arbeitsgruppe 60+ vorgeschlagen, die ich voll und ganz unterstützen kann, solange die Forderung nach einem BGE noch nicht umgesetzt wurde.
Zu Grunde liegt meiner Überzeugung, dass die Lebenszeit eines jeden Menschen gleich viel „Wert“ hat, die Wertschöpfung des Einzelnen aber leider unterschiedlichsten, teilweise schwer nachvollziehbaren Kriterien folgt.
In keinem Verhältnis steht z.B. die Bezahlung sozialer Engagements und Pflegeberufe zum Aufwand und seiner Wichtigkeit. Die häusliche Pflege durch Familienangehörige, das Aufziehen von Kindern und viele andere Berufungen werden sogar nur zu kleinen Anteilen entlohnt.
Diese Ungleichgewichte und die Spreizung der „sozialen Schere“ anzugehen, sind eines der wichtigsten Ziele der kommenden Legislaturperiode.


Frage: Durch das Vorgehen von BuVo Vorstandsmitglied Julia Schramm, bzw. die vertragliche Bindung an den Verlag ist es zu einer Löschung eines von ihr verfassten urheberrechtlich geschützten Werkes gekommen. Wie bewertest du diese Situation in Bezug auf die Forderung einer Reformation des Urheberrechtes, wie müsste deiner Meinung nach künftig damit umgegangen werden?

Ich habe diese Frage bereits für den BuVo in einem offiziellen Statement erklärt, weshalb ich das hier wiederholen möchte. Wir Piraten stehen ein für Künstler, ihr Publikum und die Freiheit von Werken. So wie viele andere Mitglieder der Piratenpartei gehört die Beisitzerin des Bundesvorstandes Julia Schramm zu den Urhebern, deren Interessen mir besonders am Herzen liegen. Die von uns geforderte Reform des Urheberrechts umfasst deshalb auch eine Novellierung des Urhebervertragsrechts, um so die weitreichende Selbstbestimmung des Urhebers gegenüber klassischen Verwertungspositionen zu garantieren. In einer Abwägung zwischen wirtschaftlichem und ideellem Interesse obliegt die Wahl des Verwerters und der Vertragsbeziehung jedoch dem Urheber selbst. Gleichzeitig gilt unser Interesse auch dem Schutz des Nutzers vor restriktiver Durchsetzung vertraglich garantierter Verwerterrechte und dem freien Zugang zu Werken und Informationen, deren nichtgewerblicher Kopie und Verbreitung.
In diesem Spannungsfeld ist die Vertragsbeziehung von Julia Schramm und ihrem Verleger zu bewerten. Bereits vor ihrer Wahl in den Bundesvorstand hatte Julia Schramm die Veröffentlichung ihres Buches, sowie Details zum beträchtlichen Verlagsvorschuss kommuniziert. Ferner war sich Julia Schramm zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung noch gar nicht der Tragweite der Durchsetzungsmöglichkeiten des Verlages bewusst. Die gängige Praxis, Anbieter und Benutzer im Netz bereitgestellter Kopien abzumahnen, vom Netz zu nehmen und mit einer Kostennote zu bestrafen, konnte Julia Schramm mittels eines Kompromisses mit ihrem Verlag abschwächen und so eine der Forderungen der Piratenpartei zumindest im Ansatz realisieren. Statt einer kostenpflichtigen Abmahnung versendet der Verlag nur Warnungen in Form von “gelben Karten”.
Eine weitreichende “Fair Use” Regelung für die freie Weitergabe, einer Creative Commons Lizenz oder eines “Pay what you want” Modells für den Onlinebereich wurde vom Verlagshaus hingegen nicht akzeptiert. Wir stärken daher Julia Schramm den Rücken, um diese Forderungen gegenüber ihrem Verleger zu bekräftigen. Einschlägig bekannte Studien beweisen, dass die freie Verfügbarkeit nicht zu sinkenden Umsätzen führt. (Sky is Rising, Hammond Studie uva.)
Statt die ideelle Kraft und Zirkulation von künstlerischen Werken zu fördern, baut die Beziehung zwischen Verwertern und Urhebern nur auf die wirtschaftliche Optimierung des künstlerischen Egos und kennt nur die misstrauische, restriktive Auswertung.
Im Windschatten dieses medial geschürten Konfliktes setzen die Gegner einer Urheberrechtsreform ein weiteres Mal sämtliche Hebel in Bewegung, um weiterhin für ihr veraltetes Auswertungsrecht zu werben und die sachliche Argumentation der Piratenpartei durch eine einseitige und emotional zugespitzte Debatte zu konterkarieren.

Kurzfassung: Ja zur privaten Kopie und der Freiheit von Werken. Nein zu illegalen gewerblichen Kopien. Ja zu neuen Geschäftsmodellen künstlerischer Selbstbestimmung. Nein zu rücksichtsloser Durchsetzung von Verwerterinteressen.

LSR: Das war erst der Anfang…

(…vom langsamen Ende des LSR, denn es geht weiter!)

Liebe Piraten,
liebe Freunde,

die rund ersten vier Wochen unserer Anti-LSR-Kampagne liegen hinter uns und auch wenn wir trotz aller Anstrengungen die 50.000 Mitzeichner für unsere ePetition nicht erreicht haben, möchten wir uns bei Euch bedanken: Bei allen, die mitgezeichnet haben, die ihre Follower bei Twitter tagelang mit RTs genervt haben und auf allen Social Networks digital trommelten, im Vordergrund und im Hintergrund unterstützt haben. Bei allen, die geschrieben und verbreitet und damit geholfen haben, für das Thema LSR zu sensibilisieren. Vor allem bedanken wir uns bei den Kritikern, die uns Optimierungsvorschläge unterbreitet und buntes Feedback gegeben haben.
Wir haben in vielen Gesprächen schon Auskunft erteilt und wollen auf die wesentlichen Inhalte hier noch einmal komprimiert eingehen:

1. Der ePetitionstext

Die Begründung war viel zu sachlich formuliert – das aber aus gutem Grunde, denn als wir die Petition einreichten, war uns klar, dass ein weiterer Referentenentwurf erscheinen würde. Da wir den Inhalt und die Formulierung dieses Entwurfs nicht voraus sehen konnten, mussten wir einen Begründungstext entwerfen, der auch größeren Veränderungen Stand gehalten hätte. Die Kritik einiger Blogger, unser Text sei schlecht formuliert, ist insofern nur die halbe Wahrheit. Die Ablehnung unserer Begründung aus formal juristischen Gründen heraus ist jedoch falsch, denn unsere Begründung war auch für den dritten, nicht vorhersehbaren Entwurf der Bundesregierung stichhaltig. Wir verstehen jedoch die öffentliche Kritik, dass uns der Text nicht besonders gut gelungen ist.

2. Die Begründung: verfassungswidrig?!

Zu den von uns genannten Artikel 3, 5 und 19 des Grundgesetzes, gegen die das LSR unter Umständen verstoßen könnten, hagelte es mindestens genau so viele Rückfragen wie Kritik zum Begründungstext. Wir haben in einer Diskussion auf der Petitionsseite bereits am 14. September klargestellt, dass diese Zweifel nicht unserer Phantasie entspringen, sondern auf in unseren Augen seriösen juristischen Einschätzungen basieren (http://ow.ly/egUhX) und tun es auch hier gern noch einmal in Kurzform:
Verstoß gegen Artikel 3: Thomas Stadler, Fachanwalt unter anderem für IT-Recht, hat in seinem Blog “Internet-Law” diese Einschätzung des Göttinger Hochschulprofessors Gerald Spindler mitgeteilt: http://ow.ly/egUq1
Verstoß gegen Artikel 5: Der Wirtschaftsrechtler Niko Härting hat sich in der Zeitschrift Kommunikation & Recht (4/2012) dazu geäußert, wie das Portal IGEL am 10. April 2012 schrieb: http://ow.ly/egUwa
Verstoß gegen Artikel 19: Rechtsanwalt Jan Mönikes beurteilt in seinem Blog am 27. Juli 2012 den zweiten Referentenentwurf (auf dessen Basis auch die ePetition entstand, wir haben später nicht mehr mit diesem Artikel argumentiert) und stellt in Aussicht, der Entwurf könnte als Einzelfallgesetz interpretiert werden: http://ow.ly/egUBZ

3. Die Einzelaktion der Piratenpartei

Tja, und hier wird es knifflig: Hierzu müssen wir zunächst erklären, dass die Kampagne gegen das LSR bei den PIRATEN mehrere Stufen genommen hat. Begonnen hat alles in Hamburg und zwar tatsächlich als Bündnisidee. Bereits im Juni hat Nina Kontakt zu anderen Parteien und netzpolitischen NGOs aufgenommen und sich bemüht, ein Bündnis auf die Beine zu stellen. Leider vergeblich. Nachdem einige Wochen lang nichts geschah und keine Partner sich anschließen wollten, entschlossen wir uns nach diversen internen Gesprächen, allein weiter zu machen – denn die andere Option, mangels Bündnis selber auch nicht aktiv zu werden, schien uns untragbar und unerträglich. Zu diesem Zeitpunkt, an dem wir die Kampagne planten und die ePetition einreichten, lag der zweite Referentenentwurf vor, also der Entwurf, der auch Bloggern das Leben zur Hölle gemacht hätte. Außerdem wurden wir bereits gefragt, warum denn niemand etwas tut und ob die Piraten denn nicht mal etwas gegen das LSR unternehmen wollen… da wir (noch) nicht im Bundestag vertreten sind, bleiben uns nicht viele Möglichkeiten, das Parlament zu beeinflussen: Also entschieden wir uns für die ePetition als eine von mehreren Maßnahmen im Rahmen dieser Kampagne. Bruno hat sie auf ausdrücklichen Wunsch von Nina in Rücksprache mit unserem BuVo eingereicht. Es gab zu keinem Zeitpunkt uns bekannte andere Maßnahmen oder Aktionen von anderen Parteien oder NGOs, die wir damit gestört haben. Wir waren die einzigen, die aktiv an einer Kampagne gearbeitet haben.
Folgende Schlüsse ziehen wir für zukünftige Kampagnen:

    Bildet Teams von Menschen, die sich mit der Sache, Campaigning und Öffentlichkeitsarbeit auskennen

    Orientiert Euch an anderen Kampagnen: Was lief gut, was nicht und warum?

    Stellt realistische Zeitpläne auf und baut Puffertage ein: Wir sind alle ehrenamtlich, es kann immer etwas dazwischen kommen

    Verteilt klare Aufgaben und Verantwortungsbereiche

    Trefft Euch regelmäßig im Kampagnenteam, real oder im Mumble – mindestens einmal pro Woche

    Bindet rechtzeitig Unterstützer ein: Wir als PIRATEN sind für viele eine unangenehme Konkurrenz und auch wenn unsere Sache noch so gut ist, wird sie unter Umständen torpediert

Rückblickend sind wir trotz allem froh, aktiv geworden zu sein: das Thema LSR hat an Fahrt aufgenommen, viele Diskussionen erzeugt und breite Aufmerksamkeit geschaffen. Wir danken jedem einzelnen der 21.366 Mitzeichner (insbesondere unseren Netzberühmtheiten für den Support in der letzten Petitionswoche!) und werden in den kommenden Wochen weiterhin den Verlauf des LSR beobachten, über das Thema informieren und im Rahmen unserer eingeschränkten Möglichkeiten dagegen kämpfen. Dabei hoffen wir auch, dass sich mittelfristig griffigere Erklärungen für das in der Öffentlichkeit schwer zu vermittelnde Thema Leistungsschutzrecht finden werden.
Wir sind dabei für jede Unterstützung, ob real oder mental, offen und dankbar. Gemeinsam und miteinander sind wir immer stärker als allein und gegeneinander. Wir PIRATEN kämpfen nicht für uns – sondern für die Sache.

Nina Galla & Bruno Kramm

Echte Meinungsfreiheit und die Demut vor der Vielfalt


Gedanken zur Abmahnung der Nuklearia wegen eines Flyers

Als erste und bisher einzige Partei sind wir bemüht, einen fundamentalen und grundsätzlichen Meinungspluralismus zu leben und umfänglich zu fördern, der uns manchmal an die Grenze der individuellen Belastbarkeit führt, aber als Teil unserer Vision einer neuen partizipativen Demokratie alle Menschen, auch die mit Minderheitsmeinungen mitnimmt.

Journalisten, die sich noch nicht auf diese neue Generation der politischen Kultur eingestellt haben, missbrauchen häufig unsere basisdemokratische Transparenz und Offenheit, in dem sie durch selektive Berichterstattung Minderheitsmeinungen ein besonderes, ja sogar pseudo grundsätzliches Gewicht verleihen. Das verlangt von uns allen Gelassenheit aber auch das unerschütterliche Vertrauen in die grundsätzlichen Ideale unserer Partei.

Die wahre Nagelprobe unseres selbst verpflichteten Pluralismus findet jedoch intern statt. Sie fordert eine stetige Korrektur und selbstkritische Analyse unseres eigenen Verhaltens gegenüber Minderheiten und Mehrheiten.
Das betrifft einerseits die Vertreter gefasster Beschlüsse, die Angesichts der Durchsetzung der eigenen Positionen die Meinung der Minderheiten zu achten haben und ihnen den Platz zur Darstellung nicht versagen dürfen.
Ebenso betrifft dies die Vertreter von Minderheitsmeinungen, denen eine besondere Sensibilität obliegt, wenn sie ihrem Recht nach freier Meinungsäusserung innerhalb und ausserhalb der Partei nachgehen, denn diese Freiheit bedeutet auch Verantwortung für das Wohl der gesamten Partei. Noch tiefgreifender ist die Gefahr, durch die ständige Selbstreflexion formaler Argumente die eigentliche inhaltliche Debatte zu vernachlässigen, dabei als beliebig wahrgenommen zu werden und aus Angst vor daraus folgenden internen Debatten wesentliche Elemente des libertären Weltbildes zu vernachlässigen.

In diesem Spannungsfeld gilt es diese Abmahnung zu betrachten. Die Vorstandschaft einer Gliederung muss das Recht haben, eine entsprechende Kennzeichnung der Darstellung von Minderheitsmeinungen, die den Eindruck allgemeingültiger Parteiaussagen vermitteln, zu fordern. Sollten die Verfasser dieser Forderung nicht nachkommen, so stehen der Gliederung
verschiedene Ordnungsmaßnahmen zur Verfügung und sei es final vor einem Schiedsgericht. Eine Abmahnung ist dem gegenüber sicher das denkbar unpassendste Mittel, auch wenn sie wie im aktuellen Fall von vornherein keinerlei rechtsverbindliche Wirkung gehabt hätte. Die Aussenwirkung von Abmahnungen als innerparteiliches Mittel der Piratenpartei mag fatal wirken –
Die Innenwirkung dürfte den harmonischen Umgang zwischen Mehrheiten und Minderheiten schwer beschädigen. Darüber hinaus verbinden viele Piraten mit dem Begriff Abmahnung ein restriktives Rechtsmittel der Contentindustrien. Ich hoffe daher auf die Zurücknahme der Abmahnung und die sachliche Klärung des Nuklearia Flyers in einem offenen Diskurs.

Dennoch ist für mich wesentlich: Die Meinungen und Positionen der Nuklearia sind mir zutiefst zuwider, denn sie repräsentieren einen blinden und kritiklosen Technikglauben an eine technologische Einbahnstrasse des letzten Jahrhunderts. Das Erbe des atomaren Zeitalters werden noch viele Generationen nach uns tragen. Die Hommage der AG Nuklearia an die schnellen Brüter Reaktoren ist der Höhepunkt der Selbstüberschätzung menschlicher Kontrollfähigkeiten und der Ignoranz gegenüber den letalen Folgen für Mensch, Natur und Umwelt durch eine Havarie oder einen Super GAU. Die schnellen Brüter nutzen nicht nur die höchste Anreicherungsdichte des giftigsten Stoffes, den die Welt kennt – Plutonium. Bei einer Kernschmelze, die sich bei schnellen Brütern noch weniger herunterregeln lässt, als bei Siedewasserreaktoren, wäre eine flächendeckende Kontaminierung in einem kleinen Land wie Deutschland ein sicheres Todesurteil.

Zu guter letzt: Die kindliche Technikverliebheit ohne Folgenabschätzung der Nuklearia wird in dem naiven Gleichnis einer Scheibe Brot und atomarer Brennstäbe mehr als offensichtlich.

Die Ablehnung der Kernkraft, der schnellstmögliche Ausstieg aus der Kernenergie und die nachhaltige Nutzung endlicher und regenerativer Energiequellen hingegen ist eine substanzielle Forderung piratiger Umweltpolitik. Dafür bin ich dankbar.

P.S: Kleiner Tip für Mitglieder anderer Parteien, die uns Rückgradlosigkeit und Positionsbeliebigkeit vorwerfen: Demut vor der Vielfalt und das vorbehaltslose Lauschen zwischen den Positionen ist der Schlüssel zu wahrer Erkenntnis und echter Meinungsfreiheit.

http://wiki.piratenpartei.de/AG_Umwelt/Programm#Atomausstieg

http://wiki.piratenpartei.de/AntiAtomPiraten
http://wiki.piratenpartei.de/AG_Ausstiegskritische_Nuklearia

Offener Brief an Hans Söllner

Lieber Hans,

Ich weiß nicht, wer Dir so viele Lügen über die Piraten aufgetischt hat, das Du so schnell vom Piratenunterstützer zum Piratengegner wirst und uns als dumpfe Diebesbande siehst.
Zuerst das allgemeine Argument, wir würden nur mit Protestthemen Stimmen fangen wollen. Es ist schon traurig, wenn Protest gegen Ungerechtigkeit als Stimmenfang wahr genommen wird. Natürlich ist das aber immer das Standardargument all jener, die das System nicht ändern wollen. Du kannst Dich sicher auch an die Zeit erinnern, als Konzerte von Dir durch CSU Stadtratsabgeordnete verhindert wurden und Dir populistisches Anstiften von Jugendlichen zum Kiffen vorgeworfen wurde, obwohl Du das nie getan hast.
Dir ging es um Freiheit und die Befreiung von unsinnigen Drogengesetzen, die ein friedfertiges Kraut kriminalisieren, während der so gefährliche Alkoholkonsum als bayerisches Lebensgefühl verniedlicht wird.
Insofern kennst Du ja die Medienmethoden, unbequeme Themen zu diskreditieren.
Und genau das ist jetzt mit unserer Urheberrechtsreform gemacht worden.
Es geht hier nicht um das Abschaffen des Rechtes der Urheber, von Ihrer Musik leben zu können. Es geht nicht darum, Gratiskultur und Geiz auf Kosten von Kultur schaffenden zu fördern.
Es geht schlicht um die Verhältnismäßigkeit, mit welcher Rechte im Internet eingehegt werden und damit langfristig wirkliche Freiheit und Bürgerrechte gefährden. Es ist ein schmaler Grat zwischen dem was Leute wie Gorny vom Bundesverband der Musikindustrie fordern und einer Totalüberwachung im Netz. Ich verharmlose nicht, denn genau solche Dinge sollten durch die Hintertür mit ACTA eingeführt werden.

Es geht darum, das neue Verkaufs- und Auswahlmodelle im Netz her müssen, sei es für Musik, Filme und alle anderen Kulturschöpfungen. Diese Angebote müssen nicht nur der gewohnten Mediennutzung entsprechen, sondern auch frei portierbar ohne Nutzungs begrenzende DRM Massnahmen verfügbar sein. Noch viel wichtiger ist: Es geht darum, hierfür Bereitschaft zu fördern, indem man auf das Vertrauen zwischen Künstler und seinem Zuhörer baut. Es geht um den uralten Pakt, in dem Menschen Dinge honorieren möchten, die ihnen etwas bedeuten. Das bedeutet sicher für viele der Massenkulturprodukte vom Reißbrett einen Abschied von alten Verwertungsmodellen. Das bedeutet auch, das es in jedem System Missbrauch geben wird. Damit meine ich all die unfairen kommerziellen Filehoster, aber auch jene Datenmessies, die wie im Bulimierausch nur noch damit beschäftigt sind alles auf ihre Platte zu raffen, ohne noch die Muse und Zeit zu finden, sich das Geladene zu Gemüte zu führen. Glaubst Du wirklich, das dieser Datenmessie Dich als Musiker schädigt, wenn er Deine Songs in irgendeinem Winkel seiner Terabytesammlungen speichert, ohne sie je wirklich zu geniessen? Und jene, die Deine Songs nicht bezahlen, Sie trotzdem lieben, werden sicher auf eines Deiner Konzerte gehen und dann feststellen: “Der Söllner ist so geil, ich will seine Original CDs mit Autogramm direkt ins Regal neben die Bong stellen.”

“Kultur muss und will zuerst zirkulieren – dann müssen wir über die Honorierung nachdenken und nicht umgekehrt.” Keinen Schreck bekommen, dies ist keine Aufforderung zur Gratiskultur. Dieser Satz stammt nicht von einem Piraten, sondern vom deutschen Kulturrat Olaf Zimmermann, einem ausgemachten Kulturförderer und wichtigstem Mittler zwischen Politik und Verbänden.

Die Lüge vom Einbruch der Verkaufszahlen wegen der illegalen Downloads wurde in unzähligen Studien widerlegt, die mail ich Dir sehr gerne zu. Du weisst wahrscheinlich selbst, wie schmal das statistische Fenster der Brennerstudie ist, die nur Industrienabelschau betreibt, wenn sie vom apokalyptischen Einbruch der Verkaufszahlen spricht.

Der große Arno Schmidt stellte bereits letztes Jahrhundert konsterniert fest, das ein Mensch in seinem Leben selten mehr als 3000 Bücher lesen könnte, was nicht einmal mehr das Repertoire der gesamten Hochliteratur ausmacht,
Noch nie gab es so viele Konsumgüter und kulturelle Schöpfungen, wie heute und die Tendenz ist steigend, denn die Vertriebswege und Produktionsmittel sind endlich demokratisiert und für jedermann zugänglich.
Alle drängen auf einen Markt. Hierfür braucht der jetzt umso mehr geschätzte Konsument nicht nur neue Werkzeuge um zu selektieren und zu entscheiden, welche Werke wirklich einen Kauf rechtfertigen, sondern es geht auch um die von Arno Schmidt formulierte Aufmerksamkeitsökonomie. Die traurige Wahrheit ist nämlich auch: Wir bräuchten die Reinkarnation, um all die wundervollen Werke zu hören, lesen, sehen, schmecken und begreifen zu können.

Ich schreibe Dir das in wenigen Zeilen, in der Hoffnung alles weitere in einem persönlichen Gespräch erläutern zu können.
Noch soviel zum Schluss: Ich selbst lebe seit 25 Jahren von meiner Musik im Underground. Das Internet hat mir geholfen, auch ohne riesige Budgets weltweit unterwegs zu sein.

Ich wäre saublöd, wenn ich meine eigene Grundlage zerstören würde,

Mit musikalischen Grüßen,

Bruno Kramm

Ein Furz bekommt keinen Shitstorm

Replik auf Agnes Krumwiedes Kommentar zur Urheberrechtsdebatte in der TAZ
Agnes, als grüne Kulturpolitikerin und begeisterte Verfechterin des Gleichnisses „Panem et digital“ prangerst Du die aufgeladene Debatte um Urheberrechte an und eröffnest unvermittelt mit der typisch verkürzten Darstellung der von der Piratenpartei geforderten Urheberreform. Dabei beweist Du, wie sehr Dir das Medium Internet und die Befreiung der Kreativen von dem Verwerternadelöhr fremd geblieben ist, auch verkennst Du das Inspirationsfeedback, welches durch das Netz eine nie gekannte kulturelle Breitenwirkung entwickelt hat. Mehr noch irritiert mich, dass eine geschulte Pianistin, Musikpädagogin und Kulturpolitikerin kein bisschen von Adornos Kritik an der Kulturindustrie und dem Joch der wirtschaftlichen Abhängigkeit der Urheber verinnerlicht hat. Stattdessen reihst Du Dich unkritisch bei den 100 Handels-Plattköpfen pro „geistiges Eigentum“ Metapher ein und beschädigst so die Netzpolitiker Deiner eigenen Fraktion. Die Unterscheidung von öffentlichen Gütern und Club- und Mautgütern in Relation zum Netz scheint Dir genauso fremd wie Selektionsmechanismen und die klare Unterscheidung von Urheber- und Leistungsschutzrechten.

Dann singst Du noch die Litanei auf Dein jahrelanges Studium des klassischen Klaviers, welches Dich viel Geld, Mühe und Zeit gekostet hat. Da frage ich mich doch, wo da eigentlich der Spaß am Musizieren geblieben ist. Als klassische Klavierlehrerin und Konzertpianistin schöpfst Du größtenteils aus dem Repertoire verstorbener Urheber, kopierst die auf Papier gedruckten Visualisierungen und Aufführungsanweisungen eines musikalischen Werkes in die klingende Sphäre Deiner Konzertbesucher. Im Sinne des so viel zitierten Urheberrechts handelt es sich hierbei um verwandte Schutzrechte und keine Neuschöpfung, um eine Interpretation eines urheberrechtlich geschützten Werkes. Und wenn wir neben Deinem Auftrittshonorar – das nach Deiner Bundestagszeit sicher nicht gering sein wird – die Tantiemen für den ursprünglichen Schöpfer hinterfragen, entfallen allenfalls kleinteilige Beträge über den Verlag und die Verwertungsgesellschaft. Diese Tantiemen werden dann nach einer langen Kette der Abzüge an die Nachfahren des Komponisten ausgeschüttet, sofern er nicht schon länger als 70 Jahre tot ist und auch ordentliches Mitglied einer Verwertungsgesellschaft war oder einen weitreichenden Verlagsvertrag abgeschlossen hatte, der auch noch postum jede noch so kleine Veränderung im Notenbild als urheberrechtliche Bearbeitung rechtfertigt. Fällt Dir eigentlich auf, wie selektiv diese veraltete Kette ist? Und Du glaubst, das braucht keine grundlegende Reform von Urheberrechten, Urheberrechtewahrnehmungsgesetz und ein anständiges Urhebervertragsrecht?
Nein, nicht der Erlös von Kreativen gegenüber seinen Hörern braucht Schutz, sondern der kreative Erlös muss vor übermäßigem Zugriff jener Verwerter beschützt werden, die so sehr darauf hoffen, Auswertungsrechte bis in die Ewigkeit geltend machen zu können.

Doch weg von den schönen Künsten höherer Töchter und Söhne, hinein in den schmutzigen Underground der Mitte 80er Jahre und damit in die Niederungen dessen, was der Unterhaltungsindustrie ihren so halbseidenen Ruf angedeihen ließ. Die Verwerterindustrie verteidigte damals noch offen und unbarmherzig ihr Monopol auf Produktion, Herstellung, Vertrieb und Promotion vor der aufkommenden Independentbewegung. Eine Bewegung, die man wenig zimperlich zwischen musikalischer Anarchie und revolutionärem Untergang des Abendlandes brandmarkte. Sven Regener von Element of Crime sollte sich vielleicht mal dieser frühen Tage seiner eigenen kreativen Hochphase besinnen, wenn er jetzt über den „golden shower“ der Netzgeneration ranted und im gleichen Atemzug medizinisch biologische Euphemismen wie den „Verlust der endemischen Musik“ prägt.
Damals, als Veröffentlichungen nur mit einem von IFPI und GVL streng gehüteten Labelcode in das Presswerk, in den Handel oder auf die Radioplaylisten ihren Weg fanden. Damals als Chartspositionen von exklusiven Tippern ausgelost wurden, nachdem sie luxuriöse Urlaubsreisen und andere nützliche Aufwendungen zur besseren Orientierung von willfährigen Labelbossen erhalten hatten. Damals, als die GEMA die höchsten Lizenzsätze für die mechanische Vervielfältigung von Independents forderten.

Im Vergleich sind heutzutage kulturelle Werke und ihre Vermittlung umfassend demokratisiert. Der große Traum – der auch mal grün war – einer befreiten, künstlerisch schöpfenden Menschheit anstelle Verwerter subventionierter Kulturschöpfung scheint greifbar nah. Und in der Tat: Noch nie gab es so viele Kreative in allen Bereichen der Kunst, die sich inhaltlich transformationell, thematisch inspiriert oder motivisch zitierend aus dem Ozean der Kulturen bedienen, neu veröffentlichen und so den Schatz der Zivilisation weiterentwickeln. Das findest Du jetzt idealisierend? Sicher, demographisch betrachtet konsumiert die große stille Masse, hat die sinnstiftende und persönlichkeitsfördernde eigene Kreativität noch nicht entdeckt. Dennoch, allen Menschen muss der Weg zur Teilhabe offen stehen, schon alleine da die Rezeption zur schöpferischen Kommunikation gehört wie das Medium Luft, in dem sich Musik nur ausbreiten kann. Schöpfen ist ein Grundrecht, davon zu Leben war noch nie eines und wird es nie sein.

Und wenn wir jetzt endlich – wirst Du Dir denken – vom ideellen zum wirtschaftlichen Aspekt wechseln: Zu allen Zeiten hing der finanzielle Erfolg kultureller Schöpfungen von dem Multiplikator der konsumierenden und oft fern gesteuerten Masse ab. Früher in der wohl behüteten Hand der Stakeholderindustrie hat sich dieser Multiplikator ebenso diversifiziert und umgekehrt proportional ausgerichtet wie der ihm demgegenüber zunehmende Longtail der Schöpfungen. Es gab noch nie so viele Werke, Stile und Gattungen wie heute. Daneben buhlen DVDs, Videospiele, Bluray, Handy und DSL Flatrate, Social Networks und das Web 2.0 um das Aufmerksamkeitspotential des Konsumenten. Diese kulturelle Vielfalt bedeutet aber im Umkehrschluss sinkende Verkäufe für das einzelne Werk, da eben nicht mehr alle das Gleiche hören. Die breitere geschmackliche Orientierung des modernen Konsumenten verlangt nach einem selektiven Werkzeug, das die Flut der Veröffentlichungen bändigen kann. Die Verwerterwelt hingegen kriminalisiert in gebetsmühlenartiger Permanenz das Paradigma von Gestern in drei Stufen: Die Predigt vom Untergang der kulturellen Schöpfung, die Entmündigung und Begrenzung der individuellen Nutzung durch DRM und zuletzt die Kriminalisierung eines medienkompetenten Nutzers, natürlich unter Beistand willfähriger Politiker.
Die Industrie hat nie den Beweis erbringen können, dass Werke die über Filesharing gratis bezogen wurden, gekauft worden wären, wenn es das Filesharing-Angebot nicht gegeben hätte. Ich wage sogar zu behaupten: In vielen Fällen hätte er sie auch gar nicht gefunden.

Dem gegenüber steht eine große Zahl von Medienbegeisterten, die das Prinzip Wertschätzung zum Kriterium ihrer finanziellen Kompensation gemacht haben und dafür sorgen, dass trotz Filesharing die Umsätze der digitalen Sales steigen. Die Piratenpartei fordert nicht die Abschaffung jeglicher Verwerterstrukturen, sondern eine umfassende Aufwertung der Rechte von Urhebern gegenüber den Verwertern, denn die restriktive, rein wirtschaftliche Wahrnehmung von Rechten hat den Fokus von der kontemplativen und sinnstiftenden Funktion der kulturellen Schöpfungen zur krampfhaft restriktiven Wahrnehmung von Auswertungen verlagert und damit die unverhältnismäßige Kriminalisierung vorangetrieben, die den meisten Urhebern selbst ein Dorn im Auge ist.
Das betrifft auch den letzten Punkt Deiner Argumentationslinie: Die Finanzierung kultureller Schöpfungen, für die der klassische Urheber bis heute oft Vertragsverhältnisse eingeht, die ihm nur eine kleine prozentuale Umsatzbeteiligung sichern, aber langfristig seiner Auswertungsrechte berauben und oft noch an zusätzliche optionale Veröffentlichungen gekoppelt sind. Dem gegenüber steht die steigende Popularität von Crowdfunding und Crowdinvestment, die dem Urheber die Finanzierung sichern ohne langfristige Rechte abzutreten. Darüber hinaus kann der Urheber bereits anhand der Zustimmung und Beteiligung seine Erfolgsaussichten abwägen.
Und was die langfristige Sicherung von Urhebern betrifft, kann sicher die Sozialabteilung der GEMA oder der KSK ein trauriges Lied singen: Wenn die Popularität ein Ende findet und die letzten Rechte verwertet wurden, lässt das Verwertersystem diese Urheber ins Bodenlose fallen. Ein lange überfälliges Urhebervertragsrecht haben weder Grüne, noch Sozialdemokraten in Zeiten der Regierungsbeteiligung etabliert.

Wenn Du dann Shakespeares Zeit zitierst, unterschlägst Du, das gerade das Copyright in England zu einer gesellschaftlichen Schieflage von Entwicklung und Fortschritt geführt hatte, während in Deutschland in Ermangelung eines Urheberrechtes das Innovationspotential sprunghaft in die Höhe schoss. Was dann auch wieder dem einzelnen Urheber zugute kam. Er war gefragt für Vorträge und Erklärungen, die über das im Werk Veröffentlichte hinaus gingen. Im England des Copyrights hingegen wurde – so wie heute – der Großteil der Urheber übervorteilt und mit minimalsten Buyouts abgespeist.
Nein, Agnes, Du und deine Partei, ihr schafft bis heute leider nicht den Spagat zwischen konservativer Kulturpolitik auf der einen und progressiver Netzpolitik auf der anderen Seite, denn ihr seid Euch fremd. Nur so erklärt sich die Schizophrenie in der grünen Partei. Du verteufelst die Übersetzung des ACTA Videos, während euer netzpolitischer Sprecher sich per Email dafür persönlich bedankt hat und alle grünen Anti ACTA Aktivisten auf den Demos dafür gesammelt Applaus spendeten. Und natürlich wissen wir heute alle, dass dieses Video überspitzt war. Es ist ein übersetztes Zeitdokument. Doch sollte es der bereits seit Jahren einseitig geführten Debatte und inhaltlich an Radikalität kaum zu überbietenden Zuspitzung durch Verwerterkampfbegriffe wie Raubkopie, der unbegründeten Umzäunung und Materialisierung von geistigen, öffentlichen Gütern und der Kriminalisierung breiter Gesellschaftsschichten entgegenwirken. Nicht dieses Video hat zu den Protesten geführt – Es begann mit der europaweiten Solidarisierung von medienkompetenten Netzbürgern, die sich das immer weiter in die digitale Privatsphäre einbrechende, restriktive Verwerterrecht nicht mehr gefallen lassen wollte.

Doch erst die gemeinsam vorangetriebene Idee der freien Informationsgesellschaft, der Einfluss utilitaristischer und gemein fördernder Prinzipien statt der rein wirtschaftlichen Betrachtung von kulturellen Schöpfungen kann unserer Gesellschaft die lange erhoffte Befreiung von schöpferischen Leistungen im Dienste aller verschaffen. Lass uns in einem Jahrzehnt gemeinsam Resümee ziehen – Es ist eine spannende Reise ins Web 3.0 und der Wandel hat begonnen.

Kommentar zu den 100 Köpfen



Die Kommentare zu den einzelnen Beiträgen der 100 Köpfe befinden sich am Ende des Dokumentes.

Kommentar zu „Kreative, hört die Signale“

Bevor man sich im Detail mit der propagandistischen Großinquisition des Handelsblattes „Kreative hört die Signale“ und „Mein Kopf gehört mir“ auseinander setzen kann, muss man die Vorgeschichte beleuchten, aus welcher die Initiative zu dieser und noch vielen folgenden Beiträgen hervorging und die Fehlinformationen bewusst in Kauf nehmend, einsetzt.
Das Verlagshaus Gruner + Jahr hat bereits in der brancheninternen Publikation Musikwoche und dem angeschlossenen Mediabiz Portal in der Ausgabe Woche 12 die interne Kampagne „Kreativität schützen, Vielfalt bewahren“ vorgestellt. Man will mit dieser Kampagne die eigene Medienmacht in denn 500 angeschlossenen Publikationen nutzen und „ratlose und inaktive Politiker .., ihr kritikloses Eintreten für Providerinteressen, … die Meinungshoheit weniger Blogger …“ mit dem „O-Ton der Wut von Urhebern“ auf Kurs der … Kreativindustrie in ihrem Kampf um das Überleben und gegen politische Ignoranz“ bringen.
Gruner und Jahr beweist gerade mit dieser Kampfansage die Nichterfüllung einer grundlegenden journalistischen Neutralität. Mit dem Begriff des „Qualitätsjournalismus“ begründete man in der Vergangenheit die Kampfansage gegen Blogs und Internetjournalismus.

Die inhaltlich deckungsgleichen Kommentare von Sven Regener oder den 51 Tatort Drehbuchautoren weisen in die gleiche Richtung einer falschinformierenden Kampagne gegen die Piratenpartei.

Damit bestärken Verlage nicht nur unser Bestreben gegen die restriktiven Forderungen eines Leistungsschutzrechtes für den Journalismus im Internet, sondern fordern einen besonderen Schutz individueller und freier Publikationen, die nicht unter dem Druck von Verlagsvorgaben entstanden sind.

Der Artikel selbst beginnt mit einem inhaltlich schwach recherchierten Auftakt, dem die besagten 100 Köpfe mit individuellen Statements folgen.
Bereits in der Einleitung wird die Piratenpartei mit schweren Anschuldigungen konfrontiert und ein einziger Teilbereich aus dem Kontext des kompletten Programms isoliert und zum anarchistischen Aufruf der Freibeuterei mutiert: „Alles umsonst, Enteignung aller Rechte“. Eine Forderung, die jeder Grundlage entbehrt und in keiner Form in unserem Parteiprogramm gestützt wird.
Den schwachen ersten Zitaten, die tendenziös die „piratige“ Nichtentlohnung von schöpferischer Tätigkeit dokumentieren sollen, obliegt auch die größte Schwäche des gesamten Artikels. Statt auch utilitaristische und sinnstiftende Motivation des Urhebertums darzustellen, wird plump auf das vordergründige und monetäre Interesse jeder schöpferischen Tätigkeit reduziert. Eine Wahrnehmung, die dokumentiert, wessen Geistes Kind diese Kampagne ist: Der Verwerterindustrie.
Darüber hinaus verwechselt der Autor häufig wissenschaftliche Unterscheidungsmerkmale von öffentlichen Gütern mit dem von der Piratenpartei so häufig als irreführend bezeichneten und deshalb abgelehnten Begriffes „geistiges Eigentum“. Noch schwerwiegender erscheint jedoch die unentwegte Gleichstellung von „geistigem“ und „physischem“ Eigentum. „Physisches Eigentum“ verschwindet durch den Raub, „Immaterialgüter“ können per se nicht geraubt, sondern nur kopiert werden. Eindeutiger Piratenstandpunkt ist hingegen: Wer „Immaterialgüter“ als eigenes Werk deklariert oder weiter veräussert macht sich strafbar.
Der private Download ist hingegen die kulturelle Technik eines medienkompetenten Bürgers. Dank der Demokratisierung von Vertriebs-, Produktions- und Marketingkanälen im Internet nutzt sowohl der Urheber als auch der Konsument diese Technik zum zum Vertreiben und Bewerben, zum Vorhören und Selektieren. Im Falle des Gefallens wird häufig gekauft – das hat die Industrie bis heute auch nicht widerlegen können.
Der generelle Umsatzeinbruch der herkömmlichen Unterhaltungsindustrie liegt hingegen an vielen Faktoren, zuerst jedoch an der mangelnden Flexibilität und Blockierung des Angebots und der Inhalte, aber auch an der Diversifizierung eines kulturell mannigfaltig gewachsenen Angebots verschiedenster Genres und der individualisierten Form von Selbstdarstellung und Eigenkreativität des Konsumenten, die sich besonders in der transformationellen Nutzung widerspiegelt. Öffentliche Güter, sogenannte Mischgüter (Allmende und Gemeingüter) sowie Mautgüter unterscheiden sich in ihrer Nutzung und der damit verbundenen Lizenzierung wesentlich.
Die Vereinfachungen des Autors und einer ganzen Industrie werden nicht der Debatte um Urheberrechte gerecht, sie verzerren die Wahrnehmung aber auch die Verhältnismäßigkeit von rechtlicher Durchsetzung ins Extrem: Die „raubtierkapitalistische“ Auswertung von Medienkonzernen, die längst den Anschluss an die moderne Informationsgesellschaft verpasst haben, wollen um jeden Preis ein veraltetes Auswertungsrecht der physischen Welt unskaliert auf die Netzwelt anwenden und die Urheber weiterhin in restriktive und einseitige Vertragsabhängigkeiten einer umfassenden und auf alle Nutzungsarten anwendbare Auswertung zwingen.
Der flachen und impertinenten Gleichstellung von Urzeitmenschen und Piraten stellen wir gerne die Ideen des Kulturphilosophen Adorno entgegen, der die Unterwerfung des Nichtidentischen und Nichtverfügbaren durch die Mechanismen der verwalteten und vermarktwirtschaftlichten Welt, den Konsum in der Kulturindustrie als einzige antreibende Motivation der Verwerterbranche kritisierte.
Wenn dann der Autor sogar in die Trickkiste der Aufklärung und Klassik zur Untermauerung eines Urheberrechtes greift, verdreht er die Tatsachen. Durch das Aufkommen der Verlagswelt, die im Notendruck ihr Geschäftsmodell witterte, wurde gerade die künstlerische Freiheit auf das stärkste beschnitten. Galt es im Barock noch als stilistischer Adelsschlag und Huldigung der großen Vordenker, Melodien, musikalische Motive und Ideen in eigene Kompositionen einzuweben, so verarmte das restriktiv von Verwertern eingeführte Urheberrecht diese Kulturtechnik. Und auch heute melden viele Urheber noch immer ihre Werke lieber als Coverversion anstatt als Bearbeitung an, um dem Konflikt mit Verlagen aus dem Weg zu gehen. Genauso trifft das „Sampling“ Urheber, die daraus kreative und spannende neue Inhalte schaffen, immer wieder hart. Würden Verwerter wirklich Urheberinteressen unterstützen, so wären bereits unzählige Erschwernisse für Urheber beseitigt worden. Erschwernisse, an denen in besonderem Umfang die vielfältig verzweigte Verwerterindustrie verdient.
Der Autor hat hingegen Recht, wenn er die Datensammelwut und das Erfolgsmodell großer Konzerne wie Google und Facebook kritisiert. Aber auch hier unterscheidet sich die Position der Piraten nicht maßgeblich.
Wenn er jedoch behauptet, Piraten wären nur Programmierer und keine Urheber, so versucht er wieder ein Klischee zu bedienen. Denn gerade Piraten haben umfassende Vorschläge zur Opensource Technologie bei Software entwickelt, sind als Urheber tätig und betrachten beide Seiten der Informationsgesellschaft: Die Position von Urheber und Nutzer.
Besonders erschreckend ist jedoch das Verschweigen unserer umfassenden Positionen zum Urheberrecht, die sich in einem 50-seitigen Antrag zur Reform darstellen, der sogar bereits von einigen Lobbyvertretern der Verwerterschaft als diskussionswürdig bezeichnet wurde. Ebenso fordert die Piratenpartei ein neues Urhebervertragsrecht, das dem Urheber gegenüber den Verwertern und der Unterhaltungsindustrie weitreichende Rechte einräumt.
Wer jedoch versucht einseitig Politik, Gesellschaft und Urheberschaft zu instrumentalisieren, wie in diesem umfangreichen Artikel geschehen, braucht sich nicht über ein sinkendes Vertrauen in die Publikationen des eigenen Hauses wundern. Wir Piraten stehen für einen fairen und gerechten Ausgleich zwischen Urheber und Konsument.

Kommentar zu „Mein Kopf gehört mir!“

Entgegen der Vorabinformation, dass es sich großteils um die Stimmen aktiver Urheber handeln würde, sind es dann doch nur größtenteils männliche Verwerter, Verlagschefs und Schauspieler, die zu Wort kommen. Eine Elite, die heute in besonderem Maße mit ihrer Durchsetzung von Verwertungsrechten und Leistungsschutzrechten an den Erlösen von wirklichen Urhebern profitieren.
Auch hier gilt: Statt Urheber zu stärken, werden Verwertungsrechte im Schafspelz eines veralteten Urheberrechtes aufgetragen und dringend erforderliche Reformen zu Gunsten eines gerechten und direkten Ausgleiches zwischen Urheber und Konsument blockiert.
Die zitierten Schauspieler betrifft das Urheberrecht im Internet übrigens genausowenig wie bildende Künstler oder Modedesigner. Darüber hinaus fällt neben unreflektierten Kommentaren besonders häufig eine durchaus kritische, mitunter ablehnende Haltung gegenüber der Intension des Handelsblattes auf. Hat man allen ernstes gehofft, das nur die Anzahl der Teilnehmer und nicht ihre Aussagen gezählt werden?
Darüber hinaus sprechen sich fast ausschließlich die klassischen Verwerter und nicht-kreativen Befragten gegen eine Reform des Urheberrechtes aus. So weit sind wir dann wohl nicht voneinander entfernt.

Julia Friedrichs, Schriftstellerin

Sehr geehrte Frau Friedrichs,
Sie sind der Lüge der Verwerter aufgesessen. Klauen hat nichts mit Kopieren zu tun und auf viele Künstler wird der Konsument erst durch den Kulturozean Internet aufmerksam. Das Internet bedeutet Freiheit für Urheber, weg von den Gatekeepern geistiger Schöpfungen.

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesjustizministerin

Sehr geehrte Frau Leutheusser-Schnarrenberger,
d´Accord, wir brauchen neue Wirtschaftsmodelle für die direkte Vermarktung. Jedoch waren Sie lange genug in den Gremien und Komissionen tätig, um wirkliche Reformen anzustoßen. Reformen die bis heute nicht stattgefunden haben. Sie müssen ja auch noch taktieren.

Rolf Dobelli, Get Abstract

Sehr geehrter Herr Dobelli,
wenn man sich die heutige Unterhaltung zwischen öffentlich-rechtlichem und privaten Fernsehen anschaut, fördert gerade die Unterhaltungsindustrie größtenteils ihre “Eventclowns”. Kultur ist viel mehr und sie braucht Freiheit und Teilhabe.

Juli Zeh, Schriftstellerin und Juristin

Sehr geehrte Frau Zeh,
Sie differenzieren und fragen, ob wir wirklich alles umsonst wollen. Wir wollen einen fairen und direkten Ausgleich ohne die monopolistische Verwertermacht von Gestern.

Ernst Schmachtenberg, Rektor der Technischen Hochschule Aachen

Sehr geehrter Herr Schmachtenberg,
aus Ihrer Antwort stellt sich uns die Frage: Was wurden die 100 Köpfe genau gefragt? Sie sprechen das an, was wir auch für richtig halten. Außer dem Begriff des “geistigen Eigentums”, den wir nicht mögen, da er zu einfach ist. Als Metapher mag er funktionieren, dann aber auch nur mit metaphorischer Entlohnung, dem Lob oder der Empfehlung.

Christopher Teuner, n-tv Moderator

Sehr geehrter Herr Teuner,
Sie sprechen nur von leistungsschutzrechtlichen Inhalten, nicht vom Urheberrecht.

Helmut Thoma, Ex-RTL Chef

Sehr geehrter Herr Thoma,
wir glauben Ihnen ungesehen, dass Sie nur für Geld aktiv werden. Kunst und Kultur folgt jedoch einem inneren Reflex des Kreativen und will zuerst einmal nur Rezeption. Vielleicht kommen Sie ja mal drauf, es ist nie zu spät.

Bert Rürup, Maschmeyer Rürup AG

Sehr geehrter Herr Rürup,
wir fragen uns ehrlich, wie sie den Bogen von einer weiteren Schranke des Urheberrechts zur Stärkung der Privatkopie mit dem Untergang unserem, der Wissensgesellschaft verpflichteten Wirtschaftsmodell hinbekommen. Gerade die Freiheit von Wissen beflügelt neue Werke. Unzählige verlegte Dissertationen – im doppelten Sinn – gibt es nur für horrende Beträge zu kaufen. Trotzdem dürfen diese Urheber ihre Werke nicht einmal selbst im Netz publizieren. Wem ist dadurch geholfen?

Prof. Fritz Vahrenholt, Autor

Sehr geehrter Herr Prof. Vahrenholt,
auch sie glauben an den alleinigen Antrieb von Wissensdurst und Schöpferkraft durch Monetarismus. War das damals Ihr Antrieb für die akademische Laufbahn?

Arnd Haller, Google
Sehr geehrter Herr Haller,
genau, es geht um eine Reform des Urheberrechts an die moderne Informationsgesellschaft. Für den Urheber und für den Nutzer.

Dieter Hahn, Medienunternehmer

Sehr geehrter Herr Hahn,
Sie gehören also zu jener Spezies, die gerne unverhältnismässig kontrolliert und spioniert, um an einem veralteten Zahn um Zahn Verwertermodell, an welchem die Urheber am wenigsten verdienen, festzuhalten?

Helmut Heinen, Präsident des Bundes Deutscher Zeitungsverleger

Sehr geehrter Herr Heinen,
die wahre Vielfalt der Medien begann erst mit dem Internet. Davor gab es das Nadelöhr der wirtschaftlich-politischen Selektion kultureller Güter durch Medienoligopole.

Hartwig Masuch, BMG

Sehr geehrter Herr Masuch,
als Musikverleger geht es Ihnen vor allem um Musik und einen Rechtekatalog, der noch lange nach dem Tod des Urhebers Rendite erwirtschaftet. Sie wollen natürlich über einen Song unstrittig für sämtliche Asuwertungsarten verfügen können. Musik braucht zur akustischen Übertragung Luft. Genauso wie es unsinnig wäre, von jedem Passanten eines Openair Konzertes, der das Lied der Stunde mitsummt, eine Gebühr zu erheben, so unsinnig ist es, jeden Download mit einer Gebühr oder gar einer unverhältnismäßigen Abmahnung zu belegen. Das Internet ist der digitale Äther der Informationsgesellschaft. Und die Downloader oder Streamer sind die Passanten. Wenn denen Ihr Lied gefällt, wird er es auch kaufen.

Thomas Middelhoff, Ex-Bertelsmann Chef

Sehr geehrter Herr Middelhoff,
wen meinen Sie mit den treibenden Kräften, die Liberalisierung und Schutz des geistigen Eigentums gleichermassen vorantreiben wollten? Ihre Firma? Deutsche Rechteinhaber? Das sogenannte Web 1.0 wurde von unzähligen Entwicklern in großen Stücken unentgeldlich zu dem gemacht, was es ist: Der Ozean der freien Wissensgesellschaft von Morgen. Sie und Ihre hochdotierten Freunde aus den Chefetagen der Medienkonzerne haben dank dieser Leistungen fürstlich verdient, auch wenn Ihre eigenen Beiträge zur Netzgesellschaft eher bescheiden waren: Sowohl der AOL Einstieg, als auch die Napster Übernahme waren wenig erfolgreich, noch innovationsstiftend. Nein, das Netz verödet nur durch die unentwegte Bedrohung aus Kontrolle und Verlust der Neutralität.

Volker Rieble, Rechtsprofessor
Sehr geehrter Herr Rieble,
Sie sagen es, Ideen und Wissen sind nicht geschützt. Ihre Sichtweise ist differenziert und umschifft bewusst den hier angefragten Begriff “geistiges Eigentum”. Wir sollten uns mal treffen. Piraten freuen sich über den qualifizierten Input. Das steigert die Schwarmitelligenz.

Bernd Buchholz, Vorstandschef Fruner + Jahr

Sehr geehrter Herr Buchholz,
wer so wie Sie in einem Verlagshaus mit 500 Publikationen zum einseitigen journalistischen Feldzug gegen Ideen der Piraten ruft (Mediabiz), verstößt nicht nur gegen eine journalistisch ausgewogene Berichterstattung, sondern möchte seine Medienmacht gewalttätig und aggressiv für die eigenen Auswertungsinteressen einsetzen.

Raimund Stecker, Direktor des Lehmbruck Museums

Sehr geehrter Herr Stecker,
Sie sprechen Wahres: Wer kein Geld hat, kann seine Ideen nicht umsetzen. Wir fördern gezielt neue Modelle wie Crowdfunding, Sellaband, Flatter u.v.a., um Urheber aus langfristigen Knebelverträgen der Industrie zu befreien. Konzerne die nur noch mit Geld winken, denn die Infrastruktur wurde ja bereits aus den monopolistischen Fängen der Verwerter befreit.

Christian v. Zittwitz, Verleger und Journalist

Sehr geehrter Herr Zittwitz,
Sie glauben wohl auch nur an die rein monetäre Idee von Kultur. Und wer will den alles gratis? Lesen Sie unser Programm, bevor sie sich dazu äussern.

Peter Altmaier, parlam. Geschäftsführer der Unionsfraktion

Sehr geehrter Herr Altmaier,
genau, das Urheberrecht war und ist einem stetigen Wandel unterzogen und es wurde bisher immer von Verwertern und Verlagslobbyisten geschrieben. Es wird Zeit für eine Urheberrechtsreform im Sinne des Urhebers und des Nutzers. Es wird Zeit, dass Urheber und Nutzer ein eigenes Urheberrecht verfassen.

Priska Pasquier, Galeristin

Sehr geehrte Frau Pasquier,
richtig, denn es kommen mal wieder vor allem Verwerter zu Wort.

Utz Claasen, Ex-Chef EnBW

Sehr geehrter Herr Claasen,
es fing ja gut an, aber dann waren auch Sie bei dem Begriff, der eindeutig zu polemisch verwendet wird und in seiner eigentlichen Bedeutung widersprüchlich und revisionistisch geprägt ist: Geistiges Eigentum.

Michael Spreng, Medienberater

Sehr geehrter Herr Spreng,
uns als kulturfeindlich zu stigmatisieren zeigt, wie wenig Sie sowohl den Wandel zur Informationsgesellschaft als auch unser Urheberrecht begriffen haben. Ich empfehle die Lektüre unseres Parteiprogramms.

Michael Konken, Vorsitzender Deutscher Journalisten Verband

Sehr geehrter Herr Konken,
vom Leistungsschutzrecht im Internet hat der einzelne Journalist gar nichts, denn die meisten Journalisten müssen ?Total Buy Out? Verträge unterschreiben, die sämtliche Beteiligungen ausschließen.

Lothar Leonhard, Chairman Ogilvy & Mather

Sehr geehrter Herr Leonhard,
wir wollen klare Gesetze und ein Urheberrecht, das dem Wandel zur Informationsgesellschaft gerecht wird. Aber eine Kopie ist kein Raub.

Wolfgang A. Herrmann, Präsident der techn. Universität München
Sehr geehrter Herr Herrmann,
Sie sprechen fast ausschließlich vom Patent. Wäre also eine Themaverfehlung. Das Patent- und Urheberrechte eine Reform benötigen, dürfte Ihnen aber auch klar sein.

Maria Furtwängler, Schauspielerin

Sehr geehrte Frau Furtwängler,
als Schauspielerin betreffen Sie ja die Urheberrechte nur peripher als Leistungsschutzrechte oder sogenannte dem Urheberrecht verwandte Schutzrechte. Natürlich verbietet Ihnen das keine Haltung zum Urheberrecht. Trotzdem müssen wir Ihnen vehement widersprechen, wenn Sie das Wort Diebstahl benutzen. Etwas was kopiert wird, ist nicht gestohlen. Der Begriff Raubkopie ist eine strategisch geschickt genutzte Metapher der Verwerterindustrie, um die restriktive Unterbindung zu rechtfertigen.

Hans-Hermann Tiedje, Ex-BILD Chefredakteur

Sehr geehrter Herr Tiedje,
wenn Ihre Bildzeitung schon nur den kleinsten Aspekt von Eigentumsrechten, die Persönlichkeitsrechte ernst nehmen würde, wäre viel gewonnen. So reihen Sie sich nun als vordergründiger Vertreter von Urheberrechten ein, der nur die eigenen Auswertungsrechte schützen will, aber gar nichts für selbstbestimmtes Urhebertum übrig hat. Im Jargon der “Raubmordkopierer” wäre das ein “Meuchelmörder”.

Philipp Welte, Vorstand Hubert Burda Media
Sehr geehrter Herr Welte,
mit parasitärer Nutzung meinen Sie sicher die transformationelle Nutzung von Werken anderer. Dass diese oft origineller ist als die Werke aus dem Hause Burda mag Sie an der eigenen Geschäftsidee zweifeln lassen. Fakt ist: Das beflügelt Kultur und macht Spaß.

Helge Hesse, Autor

Sehr geehrter Herr Hesse,
bei Ihrem Beitrag geht es wohl gar nicht so sehr um unsere weitere Schranke des Urheberrechtes für eine erweiterte Privatkopie im Netz, sondern um die Festschreibung alter Strukturen, in denen Sie groß geworden sind. Der Paradigmenwechsel in eine Kultur der Teilhabe bedeutet aber auch die Möglichkeit der transformationellen Nutzung. Dadurch sind mitunter Werke entstanden, die über das, was im Auftrag öffentlich rechtlicher Autoren fürstlich per GEZ finanziert wird, inhaltlich und kulturell weit hinaus gehen.

Markus Lüpertz, Künstler

Sehr geehrter Herr Lüpertz,
hier schreit niemand! Das Menschen sich auch aus der Informationsgesellschaft verabschieden können und in der Diaspora einer netzfreien Welt leben, ist ein selbstbestimmtes Menschenrecht. Das Andere aber das Netz als Befreiung vom verkrusteten und kulturkonservativen Monopolismus ohne Gatekeeper begreifen, ist auch ok. Leben und leben lassen und fair und direkt honorieren.

Gaby Hauptmann, Autorin

Sehr geehrte Frau Hauptmann,
ich hoffe, Ihr schreiberischer Antrieb ist nicht nur dem Monetarismus geschuldet. Gerade das Netz hat viele neue Plattformen zur künstlerischen Entfaltung geschaffen. Noch nie haben gleichzeitig so viele Menschen publiziert. Genau deshalb müssen Konsumenten auch erst einmal selektieren um festzustellen, welche Werke ihnen wirklich etwas bedeuten und einen Kauf rechtfertigen: So etwas nennt man Filesharing. Was Ihre Arbeit betrifft: Wenn Sie einen Ihrer Romane als Drehbuch verkaufen, erhalten Sie direkte Honorare. Im Falle des öffentlich rechtlichen Fernsehens werden Sie bereits über die GEZ finanziert.

Franka Potente, Schauspielerin

Sehr geehrte Frau Potente,
die Qualität im öffentlich-rechtlichen Fernsehen hängt größtenteils finanziell von der GEZ ab. Was den Film betrifft, gibt es gerade über netzfinanzierte Konzepte großartige Förderung von unbekannten Künstlern. Wie schwer war das wohl damals, “Lola rennt2 zu produzieren? Wie viele Rechte musste Ihr damaliger Lebensgefährte Tom Tykwer wohl abgeben, um diesen Film zu realisieren? Heute kann der Urheber mit Crowdfunding sein eigener Chef bleiben, behält die Rechte und kann Dank günstiger Produktions- und Vertriebsmittel alles selbstbestimmt durchführen. Keiner redet rein. Wenn das nicht Kunst ausmacht.

Conrad Albert, Vorstand Pro Sieben Sat 1

Sehr geehrter Herr Albert,
die Sozialisierung von Immaterialgütern hat Ihrem Konzern unglaubliche Möglichkeiten geschenkt. Oder bezahlen Sie dem Schöpfer von HMTL und der Idee des Internets eine Lizenzgebühr? Und auch Sie haben wiederum nicht begriffen, dass der Begriff “Raubkopie” und die Gleichsetzung von Diebstahl und Kopie falsch sind. Sie möchten restriktiv für jedes geladene Bit Information kassieren und am Besten jede Email auf geschützten Inhalt kontrollieren? Das wird mit uns nicht möglich sein.

Antje Kunstmann, Verlegerin

Sehr geehrte Frau Kunstmann,
wenn Sie sich zu hundert Prozent Sven Regeners uninformierten Schwall an Vulgärausdrücken anschliessen können, haben Sie leider eine sehr begrenzte Vorstellung davon, wie Rezeption und Kundenfindung in der modernen Netzgesellschaft funktionieren. Als Verlegerin ist Ihr Hauptinteresse ja auch die Bindung von urheberischen Leistungen bis weit nach dem Tod der Autoren. Ihr antiquirtes Geschäftsmodell hat dann wenig mit einem fairen Ausgleich zwischen Urheber und Nutzer zu tun.

Stephan A. Jansen, Direktor des Civil Society Center

Sehr geehrter Herr Jansen,
auch Sie würden wir gerne einladen, denn Sie unterscheiden nicht in physischem und geistigem Eigentum, sondern führen die Begriffe öffentliche Güter und Mautgüter in Ihrer Erklärung. Wir stehen zur direkten Refinanzierung von Urhebern aus dem Verkauf Ihrer Werke. Wir verstehen nur die nichtkommerzielle Weitergabe im Netz als einen Vorgang der einer Kaufentscheidung vorangeht und frei sein soll.

Dietmar Karpinski, KNSK Werbeagentur
Sehr geehrter Herr Karpinski,
Ideen gehören niemanden. Und die Gleichsetzung der Begriffe „geistiges“ und „physisches“ Eigentum sind genauso tendenziös wie „Raubkopie“. Hier ging jede Verhältnismässigkeit sträflich verloren.

Nadeshda Brennicke, Schauspielerin
Sehr geehrte Frau Brennicke,
hat sich das Handelblatt eigentlich Ihren Text durchgelesen, bevor er gedruckt wurde? Denn er widerspricht der Intension der ganzen Kampagne sowie dem einleitenden Aufsatz. Sie haben begriffen, worum es geht.

Alena Gerber, Model und Moderatorin

Sehr geehrte Frau Gerber,
Als Model und Moderatorin werden Sie unmittelbar durch Honorare bezahlt. Sie beweisen in ihrem Beitrag eindrücklich, unser Programm nicht gelesen zu haben, wenn Sie behaupten, das Piratenforderungen Urheber zum Rückzug aus Geschäftsfeldern bewegen würden. Das Gegenteil wäre der Fall. Wir wollen Urhebervertragsrechte zur Sicherung gegenüber restriktiven Verwerterforderungen und wir wollen ein reformiertes und auf die modernen Medien angepasstes Urheberrecht.

Dietmar Kawohl, Musikproduzent

Sehr geehrter Herr Kawohl,
Als Ausreisser aller beteiligten Kommentatoren wünschen Sie uns direkt vor die Gerichte, bezeichnen unsere Forderungen dümmlich, wollen Sich auch noch an der Frau eines Piraten vergehen und mit diesem Beispiel physisches und geistiges Eigentum definieren. Unabhängig davon, das wir Ihr Frauenbild furchtbar finden, lassen wir Ihre Behauptung, wir würden Urheberrechte abschaffen wollen, nicht durchgehen.

Leslie Mandoki, Musikproduzent

Sehr geehrter Herr Mandoki,
auch Sie vergreifen Sich im Ton wahrscheinlich nur, weil Sie unser Programm nicht kennen und Sie von der Handelswoche und Gruner + Jahr ideologisch aufgeladen wurden. Und richtig, auch wir sehen Google, Facebook und Konsorten sehr kritisch. Wir wollen einen fairen Ausgleich. Wer mit kommerziellen Angeboten urheberrechtlich geschützte Werke weitergibt und daran verdient, ohne den Urheber zu entlohnen, ist kein Freund der Piraten. Wir wollen aber Konsumenten vor einem radikalen Zugriff der Verwerter schützen und dabei spielt übrigens auch der Datenschutz und die digitale Privatsphäre eine große Rolle.

Jette Joop, Modedesignerin
Sehr geehrte Frau Joop,
keine Angst: Mode lässt sich nicht herunterladen. Mehr hatten Sie zu diesem Thema ja auch nicht zu sagen, oder?


Frank Dopheide, Chairman Deutsche Markenarbeit

Sehr geehrter Herr Dopheide,
Irrtum – Ideen sind nicht geschützt und werden es auch nie sein. Ihre Idee, durch Werbung Geld zu verdienen hat Sie wohl sehr reich gemacht. Zum Glück darf aber auch jeder Andere eine Werbeagentur gründen.

Klaus G.Friese, Bundesverband Deutscher Galerien

Sehr geehrter Herr Friese,
Sie treten bei uns offene Türen ein, wenn Sie argumentieren, das Schutzfristen verkürzt werden müssen, da sie in ihrer jetzigen Form nicht den Urhebern nützen. Leider halten Sie sich auch an dem falschen Begriff „geistiges Eigentum“ fest. Gemein ist uns das Honorieren von Werken, die der Konsument auch wirklich besitzen möchte. Ebenso wollen wir den Urheber stärken und durch gesetzliche Änderungen motivieren, sich selbst zu vermarkten um einen größeren Teil des Erlöses direkt zu erwirtschaften. Die Ideen hierfür existieren und sie sind umsonst wie die Idee des Internets.

Ulrich Schacht, Schriftsteller

Sehr geehrter Herr Schacht,
Asoziale Demagogen – Als umstrittener Schriftsteller mit rechten Tendenzen dürften Ihnen beide Begriffe nicht einmal in gedruckter Form peinlich sein. Sie sind dennoch ideologisch aufgeladen und bringen uns in der Debatte der Reformierung von Urheberrechten nicht weiter. Sie verlegen dagegen die Diskussion in den Bereich des nautischen Vokabulars, das einem so komplexen Thema kaum gerecht wird. Wut ist ein schlechter Ratgeber.

Christoph Keese, Axel Springer

Sehr geehrter Herr Keese,
Nach der Aufklärung durften Urheber auch nicht mehr zitieren oder die Praxis des Einarbeitens fremder Motive als Hommage des Zitierten nutzen. Dadurch starb eine große Tradition von Barock bis Rennaissance aus. Heute nennt man das transformationelle Nutzung. Eine der vielen Dinge, die unsere Sicht des Urheberrechts zulassen möchte. Etwas was wir abschaffen möchten, ist hingegen das Wahlgeschenk, das Ihnen die gelb-schwarze Regierung mit einem restriktiven Leistungsschutzrecht für Journalismus im Internet gemacht hat.

Gottfried Honnefelder, Börsenverein des Deutschen Buchhandels

Sehr geehrter Herr Honnefelder,
bereits in Ihrem Schulflyer des Börsenvereins fiel Ihre eklatante Unwissenheit bezüglich elementarer Kulturtechniken im Internet auf. Mit dieser Publikation verstärken Sie eine zunehmende Angstkultur im Umgang mit dem Internet auf schulischer Ebene. Der einseitige Fokus auf die Verschärfung zu Gunsten rein wirtschaftlicher Interessen beschneidet auf desaströse Weise die Medien-Kompetenz einer jungen Generation und leistet dem Verdruss in der Nutzung von Netzinhalten Vorschub. Sie höhlen gleichzeitig die Rechte von Urhebern aus.

Jan Fleischhauer, Journalist und Autor

Sehr geehrter Herr Fleischhauer,
uns als Netzsozialisten zu bezeichnen ist abenteuerlich, entspricht aber Ihrer bekannten Rechts-Links Autokratie im Spiegel, die aber bei Piraten nicht funktioniert. Auch leider leiden Sie unter der gleichen einseitigen Wahrnehmung, Piraten wollten “Umsonstkultur”. Einfach mal die Augenklappe abnehmen.


Andrea Verpoorten, Medienpolitische Sprecherin der CDU Landtagsfraktion NRW

Sehr geehrte Frau Verpoorten,
In der modernen Netzkultur die Ausdünnung kultureller Inhalte zu sehen ist abenteuerlich, denn gerade durch die Befreiung von Vertriebs-, Produktions- und Promotionkanäle hat das Internet zu einer unglaublichen Diversifizierung der Stile und Inhalte beigetragen. Besuchen Sie doch einmal ihren Parteikollegen Peter Altmaier, der wird Ihnen das Netz ein bisschen näher bringen.

Ulrich Wickert, Journalist

Sehr geehrter Herr Wickert,
kein Pirat will Autoren, die von ihren Werken nicht leben können, auch noch die Rechte nehmen. Ebenso wenig jenen, die davon leben können. Jedoch, ab dem Moment, in dem ein Urheber sein Werk in die Freiheit der physischen und digitalen Welt entlässt, muss er sowohl mit Kritik, als auch mit transformationeller Nutzung rechnen. Wenn jemand Ihren Roman umschreibt, so darf er das auch im aktuellen Urheberrecht, solange er daraus keinen kommerziellen Nutzen zieht. Leider haben Sie so gesehen nicht das Recht, welches Sie gerne durchsetzen würden. Dann vielleicht doch lieber nur im erlauchten Kreise der wochenendlichen Weinrunde aus den eigenen Werken rezitieren. Ich wäre gerne dabei.

Jens de Buhr, JDB Media GmbH

Sehr geehrter Herr de Buhr,
wir fordern keine Gratis- und Umsonst-Kultur. Gerade in der Werbeindustrie baut ein Konzept auf das andere auf. Das nennt man Inspiration. Das wird auch in Ihrer Firma nicht anders sein.

Michael Enzenauer, Werbemanager

Sehr geehrter Herr Enzenauer,
Als Werbemanager zu fordern, das Internet abzuschaffen ist eine aberwitzige aber unkonstruktive Idee. Statt dessen möchten wir Ihnen die Angst nehmen: Wir möchten niemanden enteignen. Es geht nur um eine dringende Reform des Urheberrechtes. Das Urheberrecht wurde schon seit jeher auf technische Neuerungen angepasst. Warum nicht auf die größte Kulturrevolution seit der Einführung des Fernsehens und Rundfunks?

Hans Mahr, Ex-RTL Chef

Sehr geehrter Herr Mahr,
leider beweisen Sie Unwissenheit, wenn Sie einen Ladendiebstahl mit einer Kopie gleichsetzen. Die mangelnde Verhältnismässigkeit der Rechtedurchsetzung wird übrigens unmittelbar mit folgendem Vergleich plastisch und demonstriert, wie radikal Verwerter versuchen, ihre Rechte durchzusetzen. Ein ertappter Ladendieb einer physischen CD wird mit einer Fangprämie von 100 bis 200 Euro bestraft. Eine Kopie, die keinen Schaden anrichtet, wird durch eine kriminelle Schattenwirtschaft von Anwaltskanzleien mit einer Abmahnung in Höhe von bis zu 2000 Euro bestraft. Das passiert im Jahr 500000 mal und entbehrt jeglicher Verhältnismässigkeit.

Clemens Pflanz, Meisterkreis, Vereinigung von Luxusmarken

Sehr geehrter Herr Pflanz,
Ihr Markenschutz, der im Patentrecht zu finden ist, hat nichts mit der dringend nötigen Urheberrechtsreform zu tun.

Pater Anselm Grün, Buchautor

Sehr geehrter Pater Grün,
die Zeit rast heute schneller als in Ihrer Jugend – eines der Opfer der vernetzten Welt. Dem hingegen hat zu allen zeiten jedes Werk auf anderen Werken aufgebaut. Inspiration ist der Treibstoff aller Kreation. Auch in Ihrem Werk sind sicher viele geistige Paten zu finden und das ist auch gut so. Wir verorten Werke in geistigen Koordinatensystemen. Das findet heute schneller statt, ist aber einer der größten technologischen und wissenschaftlichen Beschleunigungsfaktoren. In anderen Kulturkreisen wird übrigens die Kopie als eine Hommage an den Ursprungsschöpfer gesehen. In einer globalen, vernetzten Welt sind sich auch die kulturellen Paradigmen näher gekommen. Unsere westliche Geistesdisziplin steht nun einem ebenbürtigen Chor der anderen Gesellschaften gegenüber. Das ist die Vielstimmigkeit einer neuen Welt und sie klingt herrlich.

Peter Raue, Ex Vorsitzender Freunde der Berliner Nationalgalerie

Sehr geehrter Herr Raue,
die meisten Redakteure arbeiten umsonst, wenn man die Nutzung ihrer Publikationen im Netz betrachtet. Das liegt nicht an den Piraten, sondern an den Verlegern, die in den Anstellungsverträgen ihrer Redakteure „total buy out“ Absätze vereinbart haben. Das neu geplante Leistungsschutzrecht sichert den Verlagen zusätzliche Einnahmen an denen die Urheber der Texte nichts verdienen. Das ist schwarz-gelbe Politik.

Birgit Politycki, Pressebüro Politycki & Partner
Sehr geehrte Frau Politycki
Sie behaupten zwar, unseren Forderungskatalog gelesen zu haben, beweisen aber das Gegenteil, wenn Sie Angstkultur beschwören und die Enteignung von Schöpfungen als Piratenidee deklarieren.

Martin C. Wittig, Roland Berger Chef

Sehr geehrter Herr Wittig,
Sie haben Recht: Wer Andere achtet kauft Originale. Und genau das tun Menschen, wenn Sie sich im Netz davon überzeugt haben, das sie das Werk schätzen und achten und als persönlich inspirierend, honorieren möchten. Das Netz hilft uns in der Flut der Veröffentlichungen klar zukommen und jene Werke zu finden, die uns beflügeln. Gemeinsames Schöpfen, wie in Open Source Programmen beweist übrigens die Stärke dieses noch so jungen Konzeptes der Schwarmintelligenz und multipliziert den Fortschritt der vernetzten Welt.

Petra Müller, Filmstiftung NRW

Sehr geehrte Frau Müller,
alleine der Wille und der rechtlich restriktive Rahmen, von schöpferischen Leistungen leben zu können, macht es aber nicht möglich. Schon immer hat in der Summe die Beteiligung von Verwertern und Verwertungsgesellschaften das Einkommen von Urhebern rigoros geschmälert, besonders das jener mittleren und durchschnittlichen Urhebereinkommen. Noch nie hatten Urheber eine Garantie von ihren Werken leben zu können. Wenn man jetzt dem dringend nötigen Urheberrechtsreformgedanken unterstellt, Urheber zu benachteiligen, benutzt man die scheinheiligen Argumente einer Verwerterindustrie, die sich in großen Teilen obsolet gemacht hat.

Christian Veith, Boston Consulting AG

Sehr geehrter Herr Veith,
die Betonierung eines dringend sanierungsbedürftigen Urheberrechtes wird langfristig den wirtschaftlichen Wachstum der Kreativindustrie blockieren, denn restriktive Leistungsschutzrechte und Schutzfristen mit Laufzeiten, die in der schnellebigen Netzwelt von heute an die Ewigkeit reichen, bremsen gerade Entwicklungen aus, die nahtlos an vorherige Schöpfungen anknüpfen.

Thomas Carl Schwörer, Kulturmanager

Sehr geehrter Herr Schwörer,
Sie fordern die Einführung von radikalen und restriktiven Warnmodellen, wie bereits in Frankreich praktiziert. Datenschutzrechtlich bedeutet das ein proaktives Scannen des kompletten Datenverkehrs direkt beim Provider. Es öffnet Vorratsdatenspeicherung und der Verschärfung von Handelsinteressen Vorschub und verletzt die digitale Privatsphäre.

Klaus Beucher, Partner Freshfriends Bruckhaus Deringer

Sehr geehrter Herr Beucher,
Piraten fordern keine Gratiskultur. Die freie Verfügbarkeit von geistigen Schöpfungen hat aber die Kreativität und Vielfalt der Schöpfungen befeuert. Noch nie gab es ein so vielfältiges kulturelles Angebot.

Katrin Burseg, Autorin

Sehr geehrte Frau Burseg,
leider werden die meisten Piraten nicht ihrer visuellen Vorstellung gerecht und so ist das auch inhaltlich. Wir fordern eine Stärkung von Urheberinteressen. Die Schranke im Internet für eine Ausweitung der privaten Kopie muss man im Zusammenhang unseres gesamten Programmes sehen. Und ja, sehr gerne, lasst uns miteinander reden um die Missverständnisse, die von den Verwertern gestreut wurden, aufzulösen.

Thorsten Grenz, Veolia Umweltservice

Sehr geehrter Herr Grenz,
Sie sagen es, Künstler und Autoren sollten viel stärker nach den Möglichkeiten des Internetsv greifen und sich zusätzliche Vermarktungsmodelle erarbeiten, an Stelle sich allzu freigiebig fast auf Ewigkeit an Unternehmen zu ketten, die dann phantasielos ein Monopol verwaltet.

Werner Lippert, Kulturmanager

Sehr geehrter Herr Lippert,
die mangelnde Akzeptanz des Begriffs „geistiges Eigentum“ in der Bevölkerung ist dem Verständnis und der steigenden Medienkompetenz geschuldet, die längst die Missbräuchlichkeit dieses Begriffes verstanden hat.

Jan Hagemann-Snabe, Vorstandschef SAP

Sehr geehrter Herr Hagemann-Snabe,
es ist erschreckend. Der Vorstandschef der SAP glaubt, man könne Ideen perse schützen. Die Gedanken sind frei, sowie alle Ideen. Die Idee, eine Firmenverwaltungssoftware zu schreiben, ist zum Glück frei, sonst könnte niemand ausser SAP Software Open Source Projekte für eben diesen Zweck entwickeln.

Marie-Christine Ostermann, Bundesvorsitzende der Jungen Unternehmer

Sehr geehrte Frau Ostermann,
was die Energiewende, der Demographiewandel und die Staatsschulden mit einem vermeintlichen Piraten-Sozialismus im Urheberrecht zu tun haben, erschliesst sich nicht einmal mit einer regen Phantasie. Was ist denn für Sie der Prozess der Bildung geistigen Eigentums? Eine chemisch-technische Reaktion? Wir freuen uns auf weitere Worthülsen.

Ute Biernat, GF Grundy Light Entertainment

Sehr geehrte Frau Biernat,
ein charmanter Vergleich von Kutschen und Autos, aber ja, wir brauchen definitv ein neues Urheberrecht, um den Anforderungen des digitalen Wandels und der Nutzung von Medieninhalten und immateriellen Gütern im Sinne eines fairen Ausgleichs zwischen Urheber und Nutzer gerecht zu werden.

Stephan Berg, Intendant Kunstmuseum Bonn

Sehr geehrter Herr Berg,
ja, es gibt viele Machtstrukturen, die in das Netz drängen und unsere bisherige Politik hat es nicht geschafft, die langfristige Neutralität des Netzes zu gewährleisten. Die universelle Kommunikationsleistung wird nicht nur in den gesellschaftlich-politischen Umbrüchen in allen Regionen dieser Welt sichtbar, sondern verändert unsere Gesellschaft nachhaltig. Nur ein reformiertes Urheberrecht wird diesen Anforderungen gerecht und garantiert eine Partizipation aller bei gleichzeitiger Honorierung von geistigen Schöpfungen, statt eines indiskutablen Eigentumsbegriffes für Immaterialgüter.

Wolfgang Ferchl, Verleger

Sehr geehrter Herr Ferchl,
der harten Arbeit des schöpferischen Schreibens steht heute eine unverhältnismässig hoch beteiligte reine Verwaltungsarbeit monopolistisch orientierter Verlage gegenüber, die mit DRM Massnahmen Produkte für den digitalen Markt schaffen, die hinsichtlich der eingeschränkten proprietären Nutzbarkeit und der zeitlich fragwürdigen Alleinstellung für den Urheber, den Nutzer und die Schöpfung ein wirkliches Hindernis darstellen.

Marcus Wolter, GF Endemol Deutschland

Sehr geehrter Herr Wolter,
Klauen und Kreativität in einem Satz haben nichts mit den Ideen der Piratenpartei zu tun. Unsere Urheberrechtsreform beschneidet sicher die Rechte von großen Verwerterkonzernen, reicht sie jedoch an den Urheber weiter, der in einem fairen, direkten und kommunikativen Prozess honoriert werden soll.

Thomas Strobel, CDU Landeschef BW

Sehr geehrter Herr Strobel,
Dichter, Denker, Tüftler und Erfinder scheinen Ihnen fremd zu sein. Sie schöpfen aus sich selbst und aus den Ideen anderer heraus. Der Antrieb kommt aus der menschlichen Neugier. Wir sorgen für neue und unmittelbare Förderung, die gegenüber der klassischen Verwerterinteressen echte Freiheit bedeutet.

Thomas Schnädter, GF Montblanc

Sehr geehrter Herr Schnädter,
DNA ist nicht statisch, sie vererbt sich in Rekombination, Transformation und Neuschöpfung. Ihr Beispiel ist das Argument unserer Idee, dass freie Schöpfungen besonders stark Innovationen befördern. Wenn die Rechte dann bei den Urhebern liegen, bedeutet das wirkliche Freiheit, faire Kompensation und steigende Innovation.

Bernd Leifeld, GF Documenta
Sehr geehrter Herr Leifeld,
wenn Sie Kreativität unter der Bedingung von Freiheit von den Auftraggebern sehen, sind Sie bereits auf Piraten Territorium. Mit Gier hat das nichts zu tun. Gierig sind die klassischen Verwerterstrukturen, die weitgehend unskaliert veraltete Auswertungsrechte auf das Internet anwenden möchten.

Stefan Heidbrenner, GF Stiftung Familienunternehmen

Sehr geehrter Herr Heidbrenner,
gerade der technische Fortschritt der Netztechnologie ist ein Produkt der Schwarmintelligenz. HTML und all die anderen Protokolle des frühen Internets sind im Schwarm entwickelt worden. Open Source ist das Paradebeispiel, das ihre Position widerlegt. Und nein, Piraten wollen das Urheberrecht reformieren und nicht abschaffen.

Utz Tillmann, GF Verband der Chemischen Industrie

Sehr geehrter herr Tillmann,
Gerade das Wissen, das in öffentlichen Einrichtungen mit öffentlichen Geldern produziert wird, gehört der Allmende. Dem hingegen werden wissenschaftliche Publikationen viel zu oft von Verlagen blockiert und verwaist. Hier fordern wir eine weitreichende Öffnung.

Brigitte Kronauer, Schriftstellerin

Sehr geehrte Frau Kronauer,
finden Sie es gut, wenn Kulturgüter immer stärker auf kleinste Nutzunggebiete reduziert werden, anstatt eine breite Partizipation zu ermöglichen? Gerade für Autoren wie Sie, haben die Verlage ein Arsenal von Digital Rights Management Massnahmen ersonnen, die ihre Bücher als digitales Äquivalent nur noch in reduzierter Form erlebbar machen. Und das nur, um höhere Gewinne zu erziehlen.


Hans Demmel, GF n-tv

Sehr geehrter Herr Demmel,
wo haben Sie gelesen, die Piratenpartei fordere „Ich will alles und umsonst“? Im Handelsblatt? Ach so.

Tobias Künzel, Musiker

Lieber Tobias,
Ich duze Dich, da wir uns das schon mal auf einem gemeinsamen Festival bei Berlin angeboten hatten. Wir Piraten sind weder aus Hollywood, noch aus Somalia, sondern wir wollen Dir im Netz ermöglichen, dass Du unmittelbar von Deinen Fans honoriert wirst und nicht nur durch eine kleine Beteiligung Deiner Plattenfirma. Eine Band Deiner Größe macht etwas falsch, wenn sie sich an die herkömmlichen Bandübernahme- oder Künstlerverträge klammert. Beiss die Hand, die Dich jetzt mit Almosen füttert und entdecke die wahre Freiheit. Ahoi.

Thomas P.Friedl, Filmproduzent

Sehr geehrter Herr Friedl,
Die materiellen Errungenschaften der Ingenieurskunst und ihre Produktfälschung mit der Freiheit von geistigen Schöpfungen im Netz gleichzustellen, zeugt von einer mangelhaften Auseinandersetzung mit den Realitäten des Urheberrechtes in der Informationsgesellschaft von heute.

Kay Krüger, NBB Kommunikation

Sehr geehrter Herr Krüger,
zweistellige Wahlerfolge gibt es wohl nur für einen systemischen Wechsel in der Politik und daran Arbeiten wir. Mit Umsonstkultur hat das gar nichts zu tun.

Andreas Föhr, Roman- und Drehbuchautor
Sehr geehrter Herr Föhr,
wir vergeben Ihnen Ihre Unkenntnis in der Entwicklung von Internetstandarts und Protokollen, Betriebssystemen und Computertechnologie. Bereits Bill Gates meinte, das der Großteil des technologischen Fortschrittes in der Computerindustrie engmaschig aufeinander baut, als er sagte: „We sit on the shoulders of giants“. Als Drehbuchautor leben Sie in erster Linie von einer Honorierung aus GEZ Geldern, sofern Sie für die öffentlich rechtlichen Sender schreiben. Gerade die Paradigmen der TV Unterhaltung bauen direkt und indirekt auf bereits Geschaffenes auf. Man spricht hier auch gerne von der „kleinen Münze“ des Urheberrechtes. Dennoch wollen wir das Urheberrecht nicht abschaffen, sondern reformieren.

Knut Hechtfischer, ubitricity Elektroauto

Sehr geehrter Herr Hechtfischer,
kein Pirat entwendet Ihr Patent auf Ihr Elektroauto.

Moritz Rinke, Autor

Sehr geehrter Herr Rinke,
schreiben Sie wirklich nur für Buchläden oder sind da auch Ebooks mit DRM dabei? Finden Sie es gut, wenn dieses teuer erworbene Ebook eines Tages nicht mehr funktioniert, da der Lizenzschlüssel ungültig wurde oder aber das Gerät nicht mehr weiterentwickelt wurde? Dann ist ihr Werk für immer verloren. Bleiben wir bei den Systemadministratoren. Ab und zu braucht man ein neues Update, sonst droht der Systemabsturz.

Antje Lange, Labelmanagerin

Sehr geehrte Frau Lange,
schon klar, Sie würden ihre Künstler am liebsten im Kühlschrank lagern – halten sich länger und Metalmusiker können anstrengend sein – und nur bei Bedarf rausholen, wenn man damit Umsatz generieren kann. Die Musikindustrie hat bis heute nicht nachweisen können, ob die momentan als illegal geltenden Downloads ohne dieses Angebot auch legal erworben worden wären. Auf der anderen Seite spricht viel dafür, das gerade Musikliebhaber über ihre Downloads ihr Hörgewohnheiten erweitern und dann bei Gefallen auch regelmässig kaufen oder Konzerte besuchen. Ganz zu Schweigen von den Möglichkeiten für Nischenkünstler, die früher keinen Vertriebsweg fanden. Unsere Industrie muss sich den neuen Gegebenheiten anpassen, die neue Musik dafür entsteht bereits.

Tosten Casimir, Chefredaktuer Börsenblatt

Sehr geehrter Herr Casimir,
das Sie von G+J für diese Kampagne geimpft wurden, ist offensichtlich. Zu inhaltsleer, zu durchsichtig und zu tendenziös die Befragung der huntert Köpfe, die größtenteils aus der Verwerterlobby stammen und teilweise nicht einmal ihrer Kampagnenlinie entsprechen. Wenn Verlage ihre Macht für wirtschaftliche Zwecke instrumentalisieren, brauchen sie sich nicht zu wundern, wenn die Leserzahlen zurückgehen. Die Medienkompetenz ist dank des Internets gestiegen und nur davon profitieren wir.

Christian Gysi, Vorstandschef Cinemaxx

Sehr geehrter Herr Gysi,
Das Internet ist kein rechtsfreier Raum, benötigt aber auch eine erweiterte Privatsphäre jedes einzelnen. Der Wert von filmischen Werken geht nicht verloren, es gelten in der Flut der Veröffentlichung jedoch neue Selektionsmechanismen und Werteskalen. Das Internet hilft dem Konsumenten dabei, zu entscheiden, was einen Kauf rechtfertigt.

Julia Franck, Schriftstellerin

Sehr geehrte Frau Franck,
Sie unterschlagen hierbei, das der Ursprung unseres westlichen Paradigmas aller Wissenschaften, der Philosophie und der Kunst bereits in der Antike gelegt wurde. Eine Epoche die gerade auf die Freiheit der Gedanken baute und ohne Urheberrechtsschutz funktionierte. Und auch später war es für die technische und gesellschaftliche Entfaltung in Deutschland weitaus förderlicher, Wissen befreit in allen Schichten zu vermitteln. Während in England ein restriktives Copyright die Entwicklung blockierte, konnten in Deutschland durch vielfältige Nachdrucke große Teile der Bevölkerung an der Bildung teilhaben. Ein Beleg für die sinnstiftende Kraft befreiter Geistesleistungen. Darüber hinaus haben Studien ergeben, das die Urheber im frühen Copyright geschützten England trotzdem an der Armutsgrenze lebten, denn die Verlage diktierten schon immer die Honorare.

Helge Sasse, Vorstandschef Senator Film

Sehr geehrter Herr Sasse,
Nur weil Filme ins Internet gelangen, verlieren sie nicht ihren Wert, denn die Wirkung eines Kinobesuches ist nicht zu ersetzen, erst recht nicht in 3D. Natürlich bedeutet die Verfügbarkeit im Netz auch einen optimierten Verbraucherschutz, denn der Konsument besucht nicht mehr auf Verdacht Kinovorführungen, sondern überlegt sich genau, welcher Film den Erwerb der Kinokarte rechtfertigt. Das bedeutet natürlich auch, das Filmproduzenten höhere Qualitätsmassstäbe ansetzen müssen, denn gerade durch die transformationelle Nutzung von Filmen und die gestiegene Verfügbarkeit von Produktionsmitteln ist die filmische Kompetenz und erwartungshaltung des Nutzers gestiegen. Ebenso wird in der Zukunft das Angebot alternativer Filmkonzepte und neuer filmischer Stilistiken, die auch die vom Konsumenten im Internet erlernte Interaktivität einbeziehen, zunehmen. Dem gegenüber muss das klassische Zuschauerkino neue Konzepte entwickeln.

Renate Künast, Grüne

Liebe Frau Künast,
da ein großer Teil unserer Positionen deckungsgleich ist, gibt es dem nichts hinzu zu fügen, außer: Eine Kulturflatrate wie Sie sie fordern ist für uns nicht möglich, denn durch die Ermittlung eines Verteilungsschlüssels entstehen persönliche Nutzungsprofile. Das widerspricht unserer Vorstellung von Datenschutz. Der CCC hat mit der Kulturwertmark ein interessantes Konzept entwickelt.

Bernhard Frohwinter, GF ipcom

Sehr geehrter Herr Frohwinter,
an der misslichen Lage im Patentbereich der „Schlangengrube“ Mobilfunk sind nicht die Piraten Schuld. Gerade bei den Patenten im Mobilfunk werden Milliardenklagen für inhaltsleere Patentschriften eingeklagt. Die Dichte der “Rechtetrolls” ist nirgendwo höher als im Mobilfunkmarkt. Auch hierfür ist eine dringende Reform nötig, die wir als Piratenpartei begrüßen und weiterentwickeln.

Dieter Gorny, Bundesverband der Musikindustrie

Sehr geehrter Herr Gorny,
wir landen in einem dumpf brütenden Mittelmass, wenn wir all die Überwachungs- und Kontrollmittel einsetzen, die Sie am liebsten sofort anwenden würden. Die Medienkompetenz der Bürger ist ihren Vermarktungskonzepten schon lange davon gelaufen und lehnt in einem breiten Konsens Ihre Visionen einer Bit für Bit abgerechneten Mediennutzung ab, denn digitale Medien sind nicht per se kreativ. Die modernen Nutzungsarten unterschieden sich aber im Vergleich zur vergangenen Passivkultur massgeblich, denn sie fördern eine neue Kultur des Schöpfergeistes und monetären Ausgleiches, die auf klassische Verwerterstrukturen und Gatekeeperkonzepte verzichten kann.

Torsten Albig, SPD Spitzenkandidat SH

Sehr geehrter Herr Albig,
der Wahlkampf hat ja in Schleswig-Holstein bereits begonnen und ihre nautische Fantasie ist sicher Ihrer Herkunft geschuldet. Sie hat jedoch wenig mit der Wirklichkeit piratiger Grundsätze zu tun. Und eine nackte Idee allein ist nicht schützbar. Wir wollen Urheber vergüten, wir wollen einen direkten Ausgleich zwischen ihm und dem Nutzer seiner Schöpfung und wir haben hierfür Konzepte.

Christian Nienhaus, GF WAZ Gruppe

Sehr geehrter Herr Nienhaus,
Sie prangern die Umsonstkultur im Journalismus an? Die Verlage haben selbst die Angebote ins Netz gestellt, mit denen sie große Werbeumsätze generieren. Wenn jetzt ein Leistungsschutzrecht für verlinkte Inhalte von Ihnen gefordert wird und das mit der Beteiligung der Journalisten und Autoren begründet wird, offenbart sich die typische Verwertertaktik, denn die meisten Jounalisten erhalten keinen Cent aus diesen Leistungen, denn sie binden Sie ja bereits an Honorare für eine alle Nutzungsrechte umfassende Auswertung ihrer Leistung.

Rainer Moritz, Leitung Literaturhaus Hamburg

Sehr geehrter Herr Moritz,
halten Sie sich doch nicht an diesem aufgeladenen Kampfbegriff der Verwerterindustrie fest. Wir wollen die Leistungen von kreativen Köpfen honorieren, verstehen aber die Art und Weise, wie Inhalte im Netz individuell genutzt werden als Privatsphäre, auf die Verwerterinteressen schon allein aus datenschutzrechtlichen Grunde keinen Zugriff erhalten dürfen. Dagegen sind wir sehr dafür, Urheber endlich aus dem Joch der restriktiven Vollauswertung bis nach der Lebenszeit zu befreien.

Dennis Snower, Kieler Institut für Weltwirtschaft

Sehr geehrter Herr Snower,
Stehlen ist nie billiger als Kaufen, denn die rechtlichen Konsequenzen eines Diebstahls können schmerzhaft sein. Ein Diebstahl bedeutet das Entwenden einer Sache, die dann dem ursprünglichen Eigentümer fehlt. Genau das ist aber eine digitale Kopie nicht – sie ist also auch kein Diebstahl.

Philipp Rösler, FDP Chef und Vizekanzler

Sehr geehrter Herr Rösler,
auch wir fördern attraktive Angebote für die digitale Welt. DRM ist hingegen alles andere als attraktiv, es behindert und bestraft den fairen Nutzer und erzeugt den gegenteiligen Effekt. Aber auch Sie müssen sich von der aufgeladenen Begrifflichkeit des „geistigen Eigentums“ lösen, damit Sie Ihre eigenen Inhalte ohne Widersprüche bei Frau Merkel vortragen können.

Ferdinand Kayser, Satellitenkonzern SES

Sehr geehrter Herr Kayser,
Sie klingen so, als würden Sie jetzt gerne jedes Datenpaket, welches Sie senden, einer “Deep Packet Inspection” unterziehen. Das ist weder im Interesse ihrer Kunden, noch des Nutzers und würde Ihr Geschäftsmodell nachhaltig schädigen. Wir sind jedoch einer Meinung, wenn wir fordern, das schöpferische Leistungen honoriert werden müssen. Das jedoch ohne totale Kontrolle. Diese widerspricht nicht nur dem Freiheitsgedanken des Internets, sondern würde Innovationen langfristig ersticken.

Neonazis in Bayreuth


Für den 31.3. wurden Demonstrationen vom “Freien Netz Süd” und anderen rechtsextremistischen Organisationen in Pegnitz und Hof als Vorboten der großen Kundgebungen am 1. Mai angemeldet. Die Informationspolitik der Stadtverwaltungen in Pegnitz und Hof ermöglichte es den Bündnispartnern gegen Rechtsextremismus parallel dazu Mahnwachen und Protestkundgebungen zu organisieren.
Die große Kundgebung vor der Marienkirche in Hof war eine gelungene Demonstration demokratischen Engagements gegen Rechtsextremismus in Oberfranken.

Einen Skandal der besonderen Art hingegen leistete sich die Stadtverwaltung Bayreuth, die es nun laut offizieller Pressemeldung auf ihrer Internetseite http://www.stadt-bayreuth.de versäumte, eine von den Neonazis bereits in der Woche zuvor angemeldeten Kundgebung vor dem Rathaus öffentlich bekannt zu geben. Eine kleine Zahl von spontan zusammen gerufener und couragierter Bayreuther fand sich zwar ein, um den Rechtsextremen gegenüber Stellung zu beziehen, doch der ideelle Flurschaden einer fast unbehelligten Demonstration neonazistischen Gedankenguts unmittelbar vor dem Bayreuther Rathaus ist kaum zu fassen. Die Teilnehmer der Hofer Mahnwache wären natürlich auch zuvor in Bayreuth aktiv geworden, hätten sie von dem Naziaufmarsch erfahren.

Noch vor kurzem wurde Bayreuth Opfer einer rechtsextremistischen Flyerkampagne.
Dabei präsentiert die Stadt besonderes “Fingerspitzengefühl”: Lapidar wurde mit einem Formbrief auf der Internetseite der Stadt geantwortet, den engagierte Bürger an die Absender des Flyers senden sollten. Wer sich mit der rechtsextremistischen Bewegungen auseinander setzt, wird nicht erst seit den schrecklichen und verabscheuungswürdigen Taten der NSU eines der Zentren der menschenverachtenden Bewegung im Nordosten Oberfrankens und in der Grenzregion Thüringens verorten. Die wachsende Vernetzung der Rechtsextremen führte bereits in Coburg zu Morddrohungen gegen aktive Bürgerrechtler. Zwischen Thüringen und Franken bereitet sich zunehmend eine Angstkultur aus, denn die Neonazis sind mittlerweile über regionale Internetpräsenzen hervorragend vernetzt und sammeln Adressen von couragierten Bürgern. Wenn die Stadt Bayreuth empfiehlt, postalisch den Neonazis die Ablehnung des Flyer mitzuteilen, beweist sie ihre mangelhafte Sachkenntnis der braunen Gefahr.

Wenn die Stadt Bayreuth, wie jetzt in der aktuellen Pressemeldung bezüglich der Neonazidemonstration geschehen, das Heil in einem internen Kommunikationsfehler sucht und keinen grundsätzlichen Bedarf einer neuen Politik gegenüber den rechtsradikalen Tendenzen sieht, zeigt sie sich in einer traurigen Tradition.

Wir fordern eine lückenlose Aufklärung und eine politische Neubesetzung der exekutiven Kommunikationsstrukturen. Die Stadt Bayreuth muss sich mit einem klaren Signal gegen Rechtsextremismus in der von Neonazis bedrohten Region Oberfranken positionieren, damit das erste Opfer dieses Skandals rückgängig gemacht wird: Das Vertrauen der Bürger.