Mission accomplished

klaeden
Der Kanzleramts-Staatsminister Eckart von Klaeden und Bruder des Axel Springer Kommunikators Dietmar von Klaeden hat nach dem erfolgreichen Durchdrücken des Leistungsschutzrechtes in der Bundesregierung seine Mission für die Familiengeschäfte des Axel Springer Verlags abgeschlossen. Er wendet sich ohne Einhaltung von Karenzzeiten sofort dem nächsten lukrativen Job zu und wandert direkt zu Daimer als Bereichsleiter Politik. Eine von Transparency International geforderte Auszeit, die in vielen Staaten bereits realisiert ist und im Beamtenrecht bereits gilt, übergeht er geflissentlich, wohlwissend, dass er genügend Insiderwissen aus Regierungskreisen mitbringt um Daimler einen gehörigen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen.
Nach dem Amigoskandal in Bayern erreicht die unerträgliche Selbstbedienungsmentalität und der Feudalismus des Spitzenpersonals der Politik eine neue Schmerzgrenze. Herr von Klaeden hat vor lauter Gier nicht nur jede Form des Anstands verloren, sondern bedient sich ohne Scham aller Mittel der politischen und wirtschaftlichen Ellenbogenkultur und Einflussnahme. Es ist kein Wunder, wenn Wähler immer häufiger dieses Heuschreckentreiben der Politik mit der Wahlverweigerung quittieren.
Die Piraten fordern ein dringend überfälliges Transparenzregister für akkreditierte Lobbyisten sowie eine lückenlose Kontrolle von Karenzzeiten für den Wechsel von der Politik in die Wirtschaft.

Darunter fallen:
Einführung des Status „akkreditierten Lobbyisten in den Parlamenten“, der natürlichen und juristischen Personen gewährt wird und zu beantragen ist.

Bedingungen der Akkreditierung, das Transparenzregistrierung für akkreditierte Lobbyisten und Katalog ein von Verhaltensregeln / Kodex für Lobbyisten

Umfassende Transparenz und Nachvollziehbarkeit von Einflussnahmen auf die gesetzgebenden Prozesse, Einschränkung der Nebentätigkeiten von Parlamentarier, feste Karenzzeiträume für Mandatsträger und Amtsinhaber

Verpflichtung gegen externen Personen in den Verwaltungen (Leihbeamtenregelung)

Verbot von Regierungssponsoring und endlich die Unterzeichnung der Antikorruptionskonvention der UN, UNCAC durch das Parlament. Bereits 150 Länder nehmen an dieser Konvention teil.

https://brunokramm.wordpress.com/2012/10/08/zehn-punkte-plan-gegen-unkontrollierten-lobbyismus-in-den-parlamenten/

Bilder: cc by-nc-sa 2.0 Gerrit Quast, cc by-sa 2.0 Magnus Manske, cc by-sa 2.0 Roger Wollstadt

Orchestrierter Lokalpatriotismus


Ich gehöre ja zu jenen, die dem kommerziellen Fußball wenig abgewinnen können. 22 Millionäre die einem Ball hinterher rennen und zu den angesehensten Menschen unserer Gesellschaft gehören. Dabei ist der spielerisch-sportliche Stellvertreterkampf für so manche Fans weit mehr als ein friedliches Kräftemessen.
Auch bezogen auf das Credo der Leistungsorientierung unserer komsumorientierten Gesellschaft habe ich so manche Frage.
Sportvereine wie der FC Bayern München zählen letztendlich zur ausgeprägtesten Form konsumorientiertem Wachstums. Sie produzieren keine eigentlichen Produkte, sondern Konsumenten und Fans selbst, die dann fremdbestimmt mittels überflüssiger Produkte überflüssige kulturelle Rudimente einer von Ausgrenzung und Diskriminierung beherrschten Welt bedienen.
Harald Welzer bezeichnet das in seinem sehr zu empfehlenden Buch „Selbst Denken” als chronische Bedürfnisinkontinenz. Der konditionierte Fan wird laufend durch neu erweckte Bedürfnisse wie Bundesliga, Champions League und was nicht noch so alles an Wettkämpfen aufs Neue stimuliert und zu mehr Konsum angetrieben. Ein ökonomisches Perpetuum Mobile – Geld verdienen mit Geld.

Die Millionensummen, die die Deutsche Telekom als Sponsor an den FC Bayern München zahlt, sind zweifelsohne gut angelegtes Geld. Mit jedem erfolgreichen Spiel wäscht sich der Konzern vom Netzneutralitätsdebakel in der Öffentlichkeit rein – zumindest bei den meisten Fans des Vereins. Tolle Bilder bleiben länger in Erinnerung als „nerdige“ Termini wie Netzneutralität.
Solange dieses Treiben auf dem Rasen, respektive in den Liveberichterstattungen der Medien bleiben würde, – für die übrigens auch Abermillionen aus der Haushaltsabgabe berappt werden – wäre ja alles beim Alten und es gäbe keinen neuen Grund der Klage.

Diesen Prinzipien des Turbokonsumismus entgegengesetzt stehen die Kultur und ihre Institutionen, wie z.B. Orchester, Museen und staatlich subventionierte Bühnen. Diese werden größtenteils von den Steuergeldern der Bürger bezahlt. So sind die Eintrittskarten für die höheren Künste durchaus ein kleines bisschen „bedingungslose“ Kulturallmende für jene, die sich ein Ticket leisten können. Ohne Kulturförderung wären die Eintrittskarten sicher unerschwinglich.

Umso ärgerlicher ist es, wenn ein hochsubventionierter Klangkörper, die angesehenen Münchener Philharmoniker, plötzlich lokalpatriotistisch in den Reigen der primitiven Fan-Bedürfnisbefriedigung eintreten und im Bayern-München-Trikot konzertieren.

Wenn ein von Steuergeldern bezahlter Maestro Lorin Maazel das Telekom-Logo zu heroischer Klassik aufträgt. Wenn auf den Meisterverein getextete Libretti vom Chor der Philharmonie vorgetragen werden.

Sollte diese Veranstaltung von der Telekom bezahlt worden sein, so müsste dies zumindest im Abspann des Videos zu lesen sein. Sollten die Philharmoniker sich aus fußballerischer Begeisterung zu dieser armseligen Verbrüderung hinreißen lassen, so fragt man sich, ob diese Form der Unterstützung für einen Fußballverein und seinen Sponsor nicht ein wenig zu viel ist.

Dabei erfährt dieses Schauspiel im Lichte der Steuerhinterziehungsaffäre des Doppelmoralisten Hoeneß noch einen besonderen Missklang. Die Dissonanz der zwei Klassen unserer Gesellschaft: Jene, die sich alles leisten können und jene, die für den Mundraub einer abgelaufenen Ware ihren Job verlieren. Nein, das ist keine Neiddebatte – Das ist eine Frage des Anstandes.

Die Texteinblendung vor dem Video bringt es zynisch auf den Punkt: Spitzenklasse hält in München zusammen.

Darauf: Prost Malzeit!

Eröffnungsrede Bundesparteitag 2013 Neumarkt

begi
Liebe Mitstreiter, liebe Freunde, liebe Piraten,

Heute, dieser Bundesparteitag, dieses Jahr, die anstehende Wahl – sind – ohne Übertreibung historisch zu nennen.
Und aus diesem Grunde habe ich eine außergewöhnliche Bitte an Euch alle: Bitte kommt für die nächsten 10 Minuten aus den Bildschirmen und schenkt mir Eure wertvolle Aufmerksamkeit – Wir haben verdammt Wichtiges zu besprechen. Danke Euch!

Nachdem in 2009 viele Menschen sofort verstanden hatten, dass WIR die notwendige politische Kraft in einer – ihre ursprünglichen Werte zunehmend verlierenden – Gesellschaft sind, dass WIR für eine freie, vernetzte und am Menschen orientierte Zukunft gebraucht werden und dass WIR auch die Menschen bewegen können, die längst hoffnungslos und Politik-verdrossen aufgegeben hatten.

Nach diesem tollen Start und dem Einzug in vier Landesparlamente kam die Ernüchterung.
Der explosionsartige Zulauf, der sich wie ein Sturzbach der Hoffnungen auf uns entlud, lähmte uns. Dazu kamen die endlosen Strukturdebatten und die Bauchnabelschau einiger Weniger. Und damit war der Glaube an uns, die makellosen Retter einer gerechten Politik, öffentlich zunächst geplatzt.

Wir stellen das mal in Frage – auch uns, aber: An der Unentbehrlichkeit der Piraten für den grundlegenden Wandel unserer Gesellschaft im neuen Jahrtausend hat dies aber absolut nichts geändert!
Und während die etablierten Parteien bei uns das Buzzword „Transparenz“ und andere Begriffe für ihren Etikettenschwindel raubmordkopierten, nur um dann sofort weiter ihrem intransparenten Tagesgeschäft zwischen Filz und Lobby nachzugehen, haben wir unsere Amtsträger ins Zentrum unseres Misstrauens gegenüber Autoritäten gestellt, anstatt gemeinsam die Staatsgewalt zu hinterfragen. Damit muss jetzt Schluss sein!
Denn es ist höchste Zeit, Piratenwerte wie das „Piratige Mandat“ wiederzubeleben. Es ist an uns, das Vertrauen in unseren großen Plan eines systemischen Neustarts zurückzugewinnen und jene Tools weiter zu entwickeln, die den Begriffen „Bürgerbeteiligung“ und „Teilhabe“ gerecht werden.
Denn es geht um das Aufbrechen aus dem Stillstand einer teilnahmslosen Gesellschaft, die nur alle vier Jahre wählen darf. Es geht um die großen Veränderungen, ja, die historischen Umwälzungen zu einer menschenwürdigen und unglaublich komplex vernetzten Gemeinschaft der Menschen in Deutschland, Europa und auf der ganzen Welt.
Wer, wenn nicht wir, hat die Chancen des digitalen Wandels im Fokus und seine Gestaltung im Sinn. Und wenn wir schon historisch draufschauen: Es hat eben erst angefangen!
Egal wie kurzsichtig da mancher im Tagesgeschäft drüber denkt, spricht oder schreibt: Wir Piraten sind gekommen, um zu bleiben und zu gestalten!

Denn es läuft eine Riesensauerei auf Kosten der Bürger. Da gehen Staaten pleite und die Politik vertritt die Interessen mächtiger Bankenlobbys, statt dass sie ihre Bürger vor solchen Machenschaften schützt!
Wenn die Herrschenden dann, ohne sich zu schämen, „Armut ist relativ und eine Frage der Skala“ skandieren und die soziale Schere immer schmerzhafter auseinanderreißen; wenn das gierige Streben nach Reichtum noch nie so unverschämt auf Kosten der Mehrheit offen zur Schau getragen wurde; wenn aus Wertschöpfung Abschöpfung wird, zeigt sich ein feudaler Elitismus, der jedes bisschen Empathie und Menschlichkeit dem Profit opfert.

Wer dann, wie die bayerischen Landesfürsten, nur die eigene Familie mit einem bedingungslosen Grundeinkommen ausstattet, zeigt die Abgründe des eigenen Demokratieverständnisses.
Wer dann arbeitslose Menschen mit Angst kontrolliert, ihre Würde nimmt, sie sozial verwahrlosen [lässt], jeder Perspektive beraubt, und dann aus dem eigenen Wohlstand heraus Verzicht predigt, vergewaltigt die Demokratie.
Dabei präsentieren die großen Volksparteien ständig die Ignoranz und Borniertheit eines veralteten Politikverständnisses:

Wenn statt Erlangen digitaler Mündigkeit mit der Zurschaustellung des eigenen digitalen Analphabetismus kokettiert wird,

Wenn im Land der Dichter und Denker die einmalige Chance für offene Bildung und Forschung nicht einmal mit Machbarkeitsstudien überprüft wird und wir international jeden Anschluss verlieren,

Wenn aus dem 3. Korb der Urheberrechtsreform ein Präsentkorb für die Lobbyverbände der Verlags- und Unterhaltungsindustrie wird,

Wenn Großverleger für ein Wahlversprechen Gesetze wie das Leistungsschutzrecht diktieren dürfen,

Wenn die Überwachung mit der Bestandsdatenauskunft zur Regel wird, aber gleichzeitig die Informationsfreiheit und Open Data in Deutschland auf Entwicklungslandniveau stagniert,

Wenn die Netzneutralität nicht gesetzlich verankert wird, obwohl Deutschland in Sachen Übertragungsrate und Netzausbau hinter Ländern wie Rumänien liegt und wenn die Regierung sich ausgiebig für ihre Breitbandinitiative lobt, die in meiner Gegend zu sagenhaften 2 MBit Datenrate sorgt.

Diese Regierung druckt nur noch Etiketten mit Haltbarkeitsdatum bis zum Wahltag, für Ideen die bereits letztes Jahrtausend abgelaufen sind.
Das ist Irrsinn! Das muss aufhören! Hier wird unsere Politik zur Notwehr!
Und das Unbehagen in weiten Teilen der Bevölkerung war lange nicht so groß. Viele fühlen es, wenige können es genau benennen: Wir müssen die Gesellschaft der Gesellschaft zurückgeben. Und es ist ja so, dass inzwischen auch unter den Etablierten schon Einige zu begreifen beginnen. Aber auch sie sind hilflos und wissen nicht, wie sie die Gesellschaft in die Zukunft bringen können.

Hier können und werden wir unterstützen. Denn wir sind keine Klassenkämpfer und Ideologen – wir sind die Unterstützer einer lebenswerten Zukunft. Wir sind die, die Kooperation über Konfrontation stellen, die Gutes Gelingen für das Ganze über den veralteten Mythos des persönlichen Erfolges stellen.
Als Piraten entern wir das alte Paradigma, in dem „Reichwerden“ oberstes Ziel war und machen klar, dass das „Menschwerden“ – unser Menschenbild – nur in einer förderlichen Gemeinschaft gelingt, in der sich unsere faszinierende Unterschiedlichkeit, unser ganzes menschliches Potential in gelingenden Beziehungen und kreativen und produktiven Leistungen entfalten kann.

Unsere Zukunft heißt: „Sharing is Caring“ oder einfach „Teilen ist das neue Haben“: Teilen von Informationen, Teilen von Mobilität, sogar Teilen von Gegenständen, sobald wir endlich alle Zugriff auf 3D-Drucker haben.
Jede Generation hat die Chance, etwas Großes zu gestalten, an einer Revolution teilzuhaben und aufzubrechen. Der Aufbruch unserer Generation ist und war der digitale Wandel. Ein Wandel, der in unseren Herzen so tief mit der Teilhabe und Freiheit verbunden ist und dessen Triebe unsere Gesellschaft grundlegend erneuern werden.
Die Entstehung einer globalen Gemeinschaft – die größte Revolution seit dem Buchdruck! Und es ist unsere Revolution!

Da haben wir eine Menge vor. Und dafür müssen wir, können wir, werden wir hart arbeiten. Wir müssen unserem Versprechen der Teilhabe gerecht werden und scheinbar unüberbrückbare Gegensätze vereinen. Wer, wenn nicht wir, kann und muss die Werkzeuge zur politischen Onlinebeteiligung ausprobieren und zum Wohle der ganzen Gesellschaft verfeinern?
Und wer von uns hat sich nicht schon aufgeregt, hat den Kopf hängen lassen, war mutlos oder wollte sich abwenden – aus Gründen? Eine Freundin hat mir neulich, als ich durchhing, etwas sehr, sehr Kluges gesagt: „Weißt du, Bruno, es ist egal, ob irgendwelche Leute Mist bauen oder vergessen haben, worum es wirklich geht. Die Idee der Piraten ist nach wie vor genau die Richtige. Niemand sonst wird das, was ansteht, für uns machen. Aufgeben? Geht gar nicht!“

Und liebe Menschen, die ihr uns schon abschreibt: Unterschätzt nicht unsere Lernfähigkeit! Unterschätzt nicht den Willen der Menschen in diesem Raum, dieses Land – ach, was sage ich – diese Welt nachhaltig zu verändern. Sicherlich, wir haben Fehler gemacht, aber wir haben aus ihnen gelernt. Genau das werden wir dieses Wochenende beweisen. Heute, morgen und übermorgen werden die Piraten in diesem Saal die Grundlage für einen Neustart dieser Partei legen. Diese Tage werden ein Neuanfang sein, an deren Ende der Einzug in den Bundestag steht.

Ihr sagt: „Die Piraten haben keine Chance?“. Wir werden euch ab diesem Wochenende entgegenrufen: „Wir stellen das infrage!“. Und darum ist das Wichtigste, das Entscheidende, das Allerwesentlichste für die Bürger dieses Landes: Unser Wahlversprechen! Das, was wir nach Kräften für sie tun werden, falls und wenn sie uns mit ihrem Wahlzettel das Einziehen in den Bundestag ermöglichen:

Wir werden dann mutig beginnen, die verfilzten Strukturen, die den ganzen Schmuh ermöglichen, endlich aufzubrechen!

Wir werden die alten Strukturen infrage stellen, wo immer sie Transparenz und gute Lösungen verhindern!

Wir werden entlarven, aufdecken und klar machen, was im Verborgenen vor sich hin schimmelt und die Gesellschaft vergiftet.

Wir – die Kandidaten der Piratenpartei – sind die unbestechlichen Stellvertreter der Bürger im Parlament. Die einzigen nicht-verstrickten und nicht-verkauften, wahrhaftigen Stellvertreter der Bürger im Bundestag!

Wir werden neue Politik bunt, wahrhaftig und überraschend machen und beweisen: Piraten wirken!

Jetzt lasst uns beginnen mit diesem Parteitag, mit unserem Wahlprogramm. Lasst uns unser Schicksal in die eigenen Hände nehmen und nicht zaudern, das Richtige zu tun. Lasst uns den Mythos Neumarkt begründen und vor allem: Lasst uns gemeinsam mit einem Hammer-Wahlkampf für eine bessere Gesellschaft kämpfen! Die Welt wartet auf uns!

Danke!

Metall auf Metall II – Die Enteignung einer Generation


Zugegeben: Setlur und ihr Produzent Moses P. sind nicht die Sympathieträger der Musikindustrie, aber die heute abgelieferte Begründung zum Urteil des seit 1997 andauernden Rechtsstreit um den Song “Nur mir”, der ein Sample des Kraftwerk-Songs “Metall auf Metall” verwendet, hat Sprengkraft und verunsichert die Kreativen der Musikbranche: Sampling ist teilweise legal, innerhalb schwer zu bewertenden Kriterien, aber nicht so wie bei Setlur! [1]

Das BGH Urteil “Metall auf Metall II” würgt Kreativität nicht nur ab, es enteignet eine ganze Generation und ihre Musikkultur. Kreatives Komponieren folgt nicht den starren Regeln einer realitätsfremden Rechtssprechung. Indes kommt das Verbot der Verarbeitung von mikroskopischen Klangschnipseln fremder Werke einer bisher ungekannten Zensur für Urheber gleich. Es beweist ein weiteres Mal wie weit das Urheberrecht in erster Linie dem Interesse der Unterhaltungsindustrie und ihren Verbänden folgt. Anstatt aus dem Marktversagen neue Wege für die Zukunft einer modernen Kreativindustrie zu entwickeln, wird das Verharren in alten Denkmustern belohnt und das Kompensieren des Umsatzrückgangs durch Abmahnungen riesiger Verlagsrepertoires ermöglicht.

Dabei sind gerade Original, Bearbeitung, Kopie und Plagiat musikhistorisch gewachsene Begriffe eines fliessenden Übergangs, in den sich Sampling als eine der modernsten Kulturtechnologien einreiht. Noch in der klassischen Musik galt das Einflechten von Zitaten und die Bearbeitung in die eigenen Werke als eine besondere Disziplin und Kunstfertigkeit, die erst durch das Aufkommen des kommerziellen Notendruckes reguliert und sanktioniert wurde.
Die Orientierung am Prinzip von Angebot und Nachfrage hatte so im 17. Jahrhundert ihren Ursprung. Sie wurde im Zuge der Demokratisierung und Verbreitung durch Massenmedien wie Radio, TV, CD und Internet immer weiter auf die Produktions- und Vertriebsprozesse großer Oligopole optimiert. Die schöpferische Freiheit hingegen wurde aus vermarktungsrechtlicher Überlegung Schritt für Schritt eingeschränkt, wie jetzt wieder im aktuellen BGH Urteil.

Wenn heute aus kleinsten Klangschnippseln (Samples) neue Werke eigener Schöpfungshöhe entstehen, spiegeln Komponisten ihre Gegenwart, den gesellschaftlichen Wandel einer vernetzten Informationsgesellschaft, die im Link und der Indexierung die Beziehung und Verwandtschaft aller Kulturgüter zueinander ausdrückt.

Ganz pragmatisch und spielerisch entstand Anfang der 80er mit dem Sampling eine neue Kultur der Kollagenkunst. Der Prä-Industrial von Throbbing Gristle, SPK, Einstürzende Neubauten und Psychic TV experimentierte mit der neuen Technologie, die durch elektronische Bands wie Depeche Mode, OMD, Nine Inch Nails und Young Gods in die Popkultur des Techno von heute getragen wurde. Gangnam Style ohne Sampling ist so undenkbar wie Popkultur ohne Zitate. Undergroundstars des Gothic wie Wumpscut, Front Line Assembly und Skinny Puppy dürfen sich jetzt vor Abmahnanwälten fürchten. Wer sich die Rechte zur Durchsetzung von “dubbed dialogue samples” sichert, kann eine ganze Musikszene zu Tode klagen, denn die aus Filmen entlehnten Sprachsamples wurden in den allerwenigsten Fällen offiziell lizensiert.

In diesem Licht kommt das BGH Urteil einer unverhältnismäßigen Verschärfung gleich, die sicher bald von Interessengruppen anderer Kreativbranchen entdeckt und eingefordert wird. Das BGH folgt dabei jenen Kriterien, die in der Durchsetzung von Immaterialgüterrechten in der Musikindustrie bereits in den USA zu Millionenschweren Prozessen zu Gunsten großer Verlagsrepertoires und zum Schaden moderner Urheber führten.
Damit werden auch ein weiteres Mal große Konzerne gestärkt, denen es leicht fällt Lizenzrechte mit einer Armada von Anwälten offiziell zu lizensieren, besonders wenn die angefragten Rechte bereits im eigenen Tresor liegen. Den eindeutig Kürzeren ziehen hierbei vor allem jene sich selbst vermarktenden Urheber, die weder das nötige Kleingeld, noch die Personaldecke haben, um diese Rechte einzuholen.

Auf meine Anfrage bei Universal nach der Lizenz für ein “dubbed dialogue sample” eines ihrer Filme wurde mir eine vier- bis fünfstellige Summe vor der eigentlichen Verhandlung als Lizenzgebühr in Aussicht gestellt.

Dabei stößt bereits die Wahrnehmung an die Grenze der BGH Rechtssprechung. Wer vermag nachzuweisen, welches Sample aus welchem Stück stammt, wenn viele Werke sich gleicher Quellen bedienen. Umso erfahrener ein Produzent, umso leichter fällt ihm die akustische Camouflage des Ursprungs-Klanges. Nur will er das auch immer? Wenn Künstler wie der israelische PTYL ein neues Werk aus unzählbar vielen Quellen erzeugen, zitieren sie häufig aus Songs die selbst vielfach aus anderen Werken “gesamplet” wurden. [2]

Wenn Sprachsamples aus Filmwerken einen Bezug zum Songinhalt setzen, handelt es sich bewusst um ein Zitat, das eigentlich über die Schranke des Urheberrechts erlaubt sein sollte. Wenn ein Sample wie “Metall auf Metall” als jenes Zitat begriffen wird, erhält das Leistungsschutzrecht der originalen Tonaufnahme ein unangemessenes Gewicht.

Viele Produzenten nutzen in modernen Musikproduktionen sequenzierte Arpeggios und Klangbibliotheken, die als Preset (Vorprogrammiertes Klangmuster) mit dem Kauf des Apps oder Synthesizers lizensiert wurden. Nach aktueller Rechtssprechung müsste jeder Produzent, der diese Klangelemente nutzt, den Besitz dieser Lizenz auf Anfrage nachweisen können.

Und zuletzt: Wer soll all diese zukünftigen Abmahnungen als Clearingstelle bearbeiten? Wer bestimmt, inwieweit das Sample allgemein zu erkennen ist, denn nichts ist vielfältiger als die individuelle Rezeptionsfähigkeit.
Durchsetzen werden sich hier wie im restriktiven Patentrecht jene Verlage, die über genügend juristische Manpower verfügen. Der einzelne, selbstvermarktende Künstler wird sich hingegen kaum durchsetzen können.

In einem Zeitalter, das häufig den klanglichen Charakter eines Audiomems zum eigentlichen Merkmal einer kreativen Schöpfung stilisiert, vermischen sich die Begriffe Urheberrecht und Leistungsschutzrecht in einem Maße, das keine eindeutigen Unterscheidung zulässt, den Begriff der Werkhöhe ins Absurde steigern und aus dem Urheber Schutz eine Bedrohung für Urheber machen.

Die produktive Entlehnung, das Zitat und die Neuwidmung von Ideen sind Bausteine der Entwicklungsbrücke, die das kulturelle Gestern mit dem multimedialen Heute verbindet. Das gilt umso stärker in einer offenen, schnelllebigen und kreativen Netzgesellschaft, welche die kulturelle Gegenwart in die Zukunft führt. Das Leistungsschutzrecht muss begrenzt und das Urheberrecht endlich an den digitalen Wandel angepasst werden. Für die Urheber.

Passend zum denkwürdigen Urteil: Die heute gestartete Petition für eine neue Remixschranke des Urheberrechtes auf ein “Recht auf Remix” [3]

[1] http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&client=12&nr=64004&pos=0&anz=1&Blank=1.pdf

[2] http://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=1&cad=rja&ved=0CDQQtwIwAA&url=http%3A%2F%2Fde.youtube.com%2Fwatch%3Fv%3D-Sf1PRfaNww&ei=QLnNUK2jBcHetAa-jYHgDA&usg=AFQjCNEckGXUG_t6q8NQaDhI_J4RiPGDpA&sig2=1X-BNr9b392rFG_y49Au4Q&bvm=bv.1355325884,d.Yms

[3] http://rechtaufremix.org/petition/

Bildnachweis: cc-by-nc 2.0 Markus Wichmann / Flickr

Verfassungsbeschwerde gegen die BDA: Die Gedanken sind frei, wer kann sie erraten?

Bildschirmfoto vom 2013-05-07 13:03:00

Die Gedanken sind frei
wer kann sie erraten?
Sie fliehen vorbei
wie nächtliche Schatten.
Kein Mensch kann sie wissen,
kein Jäger erschießen
mit Pulver und Blei:
Die Gedanken sind frei!

gilt ab jetzt nicht mehr, denn die gerade beschlossene Bestandsdatenauskunft lässt die Staatsgewalt automatisiert in unseren Mails und Handys schnüffeln.

Nicht nur, dass unsere Smartphones heute eine Erweiterung unseres Gehirns sind, denn alle kommunikativen Netze laufen hier zusammen: Wir filmen, machen Fotos, wir sind kreativ, wir tauschen uns aus und sind auch mal wütend, subversiv, konträr und revolutionär. Und wir haben diese Sphäre zu unserem Raum für Gedanken gemacht. Das Smartphone gehört zu meinem privatesten Raum.
Wer Zugang zu meinem Smartphone via PIN und PUK hat, weiß mehr über mich, als würde er in meine Wohnung einbrechen. Die Bestandsdatenauskunft ermöglicht das durch eine besonderen Interpretationsspielraum für Polizei und Geheimdienste.

Das erschreckend veraltete Postmodell der DE Mail ohne ausreichenden Schutz vor fremden Zugriff und Missbrauch wird ebenso wie unsere Postfächer bei den Providern zum Präparat unter den Mikroskopen der Datenschnüffler der Geheimdienste und steht so auch kriminellem Missbrauch sperrangelweit offen.

Es wurde jetzt eine Verfassungsbeschwerde gestartet, die von dem bekannten Anwalt Meinhard Starostik (er hatte schon die Verfassungsklage gegen die Vorratsdatenspeicherung erfolgreich vertreten) angeführt wird.
Mit einer einfachen Unterstützerunterschrift unter das Online Formular, das Du ausdruckst, klagst Du mit uns, ohne dass es Dich einen Cent – außer dem Porto – kostet. Du machst dann von Deinem demokratischen Recht Gebrauch, aktiv gegen Überwachung, Kontrolle und gegen die Transformation zum gläsernen Bürger zu kämpfen.

Sei laut gegen die Bestandsdatenauskunft!

http://www.stop-bda.de

Mehr Recht für alle Urheber


Wenn die Unterhaltungsindustrie den Untergang und die Enteignung von Urhebern heraufbeschwört, wenn Internetnutzer kollektiv der Gratiskultur bezichtigt werden, wenn Künstler gegen ihr Publikum wettern und Branchenverbände gegen Piraten, sollte man besser misstrauisch werden und vorsichtig zwischen den Zeilen lesen.

Denn in der hoch emotionalen Diskussion um das Urheberrecht mit all seinen Nebenkriegsschauplätzen wie Abmahnungen, Schutzfristen, Remix, Leistungsschutzrecht, Kopierschutz und Youtube-Warntafeln stehen so gut wie nie die Interessen der Urheber im Vordergrund. So war das auch schon in der Vergangenheit.

Und ja, der digitale Wandel hat, wie alles, verschiedene Seiten. Einerseits die Befreiung von Kultur, da Vertriebswege und Produktionsmittel jedem im Internet offen stehen. Andererseits eine Flut von Veröffentlichungen, die über den Konsumenten hereinbricht und es für den einzelnen Künstler schwerer macht, von seinen Schöpfungen zu leben. Menschen haben im Vergleich zu früher nicht
mehr Zeit und Muse, sich Kultur zuzuwenden. Sie müssen diese aber auf ein vielfältigeres Angebot aufteilen.

Aufmerksamkeit ist ein rares Gut geworden, um das alle feilschen. Bisher können das die großen Konzerne am besten nutzen. Das geht leider häufig auf Kosten der Nischenkultur, der es am Schwersten fällt, einträglich von den eigenen Schöpfungen zu leben.

Deshalb gilt es dafür zu werben, dass Menschen die Arbeit anerkennen, die Künstler in sie stecken und bei Gefallen auch honorieren. Musik will gehört werden, Filme wollen gesehen werden und Bücher gelesen.

Das Publikum will in der immer größer werdenden Vielfalt erst einmal prüfen können, was ihnen einen Kauf wert ist. Wer immer alle Werke ungehört, ungelesen und ungesehen kauft, wird in der explodierenden Vielfalt nur wenig Neues entdecken können. Filesharing gehört zur Medienkompetenz wie das Bedienen einer Suchmaschine.

Neugier auf Kultur ist der treibende Motor für ein lebendiges Kulturbild, denn Werke, die nicht wahrgenommen werden und stattfinden, die gibt es auch nicht.

Wer Filesharer bestraft und mit horrenden Gebühren abmahnt, verhindert nicht nur Kultur, sondern zerstört auch noch Vertrauen zwischen Konsument und Urheber. Den entgegen allen von der Unterhaltungsindustrie gepflegten Vorurteilen, kaufen gerade digital natives und Filesharer mehr von der kulturellen Vielfalt als der durchschnittliche Konsument.

In der Tat: Es war noch nie leicht für Künstler von den eigenen Werken zu leben – ich weiß genau wovon ich spreche, denn ich lebe seit über 20 Jahren vom Musikmachen. Das Netz hat mir dabei geholfen, mich mit meiner Nischenkunst weltweit bekannt zu machen. Es hat mir Unabhängigkeit geschenkt und mich um den Globus touren lassen.

Neben Merchandise, Konzertgagen und CDs haben wir so unseren Lebensunterhalt selbstständig bestreiten können. Gleichzeitig hat mir die technologische Revolution Produktionen ermöglicht, die früher nur den wenigen Superstars vorbehalten waren.

Doch wenn Konzerne dann die Kontrolle des Datenverkehrs im Netz mit tiefen Einschnitten in die Privatsphäre fordern, geht es nur um das eigene Vermarktungsmonopol auf physische Kulturträger. Und es geht um ihre hohe und selbstbestimmte Beteiligung an den Verkäufen, von denen der Künstler am allerwenigsten verdient. Es geht um die mangelnde Flexibilität, neue Angebote zu schaffen.

So wie einst Musiknoten als größter Geschäftszweig zu einem Nischendasein schrumpften, so verschwindet auch das Massenprodukt CD und DVD. Im Zeitalter der Datencloud wird diesen Trägern bestenfalls das Interesse eines limitierten Sammlerkreises zu Teil.

Doch das hat wiederum mit Urheberrecht gar nichts zu tun.

Statt endlich zu begreifen, dass die Durchsetzung eines veralteten Urheberrechts unserer Wirtschaft, den Kreativen und den Nutzern schadet, verängstigt und vom Fortschritt abschneidet, setzen sich weiterhin die
Interessenvertreter und Lobbyisten der großen Konzerne mit ihren Forderungen nach Überwachung und strikter Ahndung von verwertungsrechtlichen Verstößen durch.

Wir Piraten wollen nicht nur das Urheberrecht umfassend reformieren, sondern auch das Vertragsrecht, das den Schöpfern von Filmen, Büchern, Fotos und Musik mehr Rechte an ihren eigenen Werken einräumt. Und wir wollen Verwertungsgesellschaften wie die GEMA grundsätzlich reformieren, damit nicht nur die großen Fische im Business, die bereits gut über den Verkauf ihrer Werke verdienen, noch mehr bekommen.

Solidarität für die Schwachen ist ein Prinzip, dass gerade den Kulturindustrien gut zu Gesicht stehen würde. Wir wollen, dass Kultur zirkulieren kann. Kultur die keiner mitbekommt, existiert nicht. Kultur ist zu wichtig, um nicht wahrgenommen zu werden. Übrigens gilt das gleiche für Bildung. Die wird nämlich genauso durch das geltende Urheberrecht beschränkt.

Dem gegenüber wollen wir Urheber stärken, den Zugang zur Künstlersozialkasse erleichtern, Transparenz, Basisbeteiligung und Solidarität bei den Verwertungsgesellschaften schaffen und bei der
Entwicklung neuer, direkter Vertriebsmodelle im Netz unterstützen.

Auch wenn Crowdfunding in Deutschland immer als Almosen diskreditiert wird: Eine wachsende Zahl von Künstlern gewinnt immer häufiger Unabhängigkeit gegenüber den Finanzierungsangeboten großer Verlage, die sich mit Vorschüssen umfassende Rechte an der Auswertung sichern.

Anstatt wie bisher nur Initiativen mit den großen Verbänden und Industrien zu fördern, wollen wir die kulturelle Vielfalt entfachen und genau dort unterstützen, wo es am dringendsten gebraucht wird: Die Hilfe zur Selbsthilfe, neue Wettbewerbsregeln, die den einzelnen Urheber und Künstler gegenüber Branchenriesen stärken. Denn wovor sollen wir Kulturgut schützen? Vor dem Netz, vor der Öffentlichkeit, vor den Konsumenten, vor den Fans?

Auch stehen wir zu dem Grundsatz, dass jede Schöpfung auf unzähligen Anderen aufbaut. Kultur ist und war schon immer Remix.

Wenn morgen jeder ein Urheber ist, wird das Urheberrecht zum Betriebssystem unserer Gesellschaft. Wer will da noch auf ein System aus dem letzten Jahrtausend bauen?