Programmatik

Bildung
Bildungs-, Sozial- und Wirtschaftspolitik greifen Hand in Hand. Nur wenn Bildung wert-, barriere- und altersfrei jedem Menschen, egal welcher sozialen Herkunft, offen steht, hat sich der Begriff der Bildung von der zweckgebundenen Ausbildung differenziert. Eine gebildete Bevölkerung bedeutet einen Zugewinn für die Demokratie. Das Recht auf Bildung muss im Grundgesetz verankert werden.
Nur so können Menschen die ihren Arbeitsplatz durch Umstrukturierungen verloren haben, aufrecht und selbstbestimmt neue Wege einer beruflichen Entwicklung versuchen. Das individuelle Scheitern muss, statt in eine Einbahnstrasse zu münden eine Neuausrichtung und Umorientierung zu jedem Zeitpunkt möglich machen.
Eine große Aufgabe für den Bildungsbereich ist gleichzeitig Teil unserer Urheberrechtsreform. §52a muss reformiert und §137k gekippt werden, denn Lehrer müssen Lernmittel frei nutzen und für ihre Schüler in jedweder Form digital wie analog aufbereiten können, ohne sich strafbar zu machen.
Die Forderung für den schulischen Bereich nach Open Educational Ressources (OER), die digitale Lernmittelfreiheit und Open Access für den universitären Bereich münden in die generelle Forderung, Lernmittel unter freien Lizenzen zu fördern.

Sozialpolitik
Soziale Probleme lassen sich nicht als lokales Phänomen lösen. Auch wenn die Krise der Sozialsysteme reflexartig dem demographischen Faktor und den Finanzmärkten angedichtet wird, so ist sie doch auch aus der Veränderung der gesellschaftlichen Ausgangslage und der ihr geschuldeten höheren Flexibilisierung von Lebensläufen und beruflichen Laufbahnen zu verstehen.
Die weltweite Finanzkrise, das Zusammenbrechen des Banken- und Finanzsektors verlangen neue Denkmodelle für eine soziale Gesellschaft der Zukunft. Das künftige Betriebssystem der Gesellschaft muss Solidarität, Miteinander, Bildung und Beschäftigung gegenüber rein quantitativer Wertschöpfung akzentuieren und nachhaltiges qualitatives Wachstum für die gesamte Gesellschaft erzeugen.
Beruf aus Berufung muss sich von dem existenzsichernden Arbeitsbegriff des 19. Jahrhunderts ablösen. Schon heute arbeiten Menschen zu großen Teilen in sozialen Engagements unentgeltlich und der Bedarf steigt. (Freiwilligendienste, Vereine, Selbsthilfe, Museen)
Das Bedingungslose Grundeinkommen (BGE) wird in besonderem Umfang der Förderung von persönlicher Begabung, Neigung und Fähigkeit gerecht, denn Bildung aus Interesse wird für alle Bevölkerungsschichten erschwinglich. Die Pause für alternative Lebenswege und Neustarts ohne Existenzangst fördert die individuellen Stärken wie z.B. soziale, musische, pädagogische, analytische Intelligenz. Die persönliche Entfaltung ohne verpflichtende Existenzsicherung reduziert Ängste, chronische und psychosomatische Krankheitsbilder der alten Arbeitswelt und aktiviert solidarische und den Gemeinsinn fördernde Projekte die nicht zwangsläufig der Gegenfinanzierung verpflichtet sein müssen. Dies fördert die Diversifizierung des Wachstums, früher aus Schwellengründen unrentabler Berufsfelder, die den Arbeitsmarkt nachhaltig entwickeln können.
Die Einführung einer Enquette zur Prüfung der Rahmenbedingungen und verschiedenen Konzepten eines BGE ist eine der wichtigsten Aufgaben, für Piraten im Bundestag.
Das Löschen von lokalen sozialen Brennpunkten löst nicht das Problem unseres Sozialsystems. Erst der umfassende Schwenk zu Freiheit statt Vollbeschäftigung und Zugang zu Bildung ohne die Kriterien der Rentabilität und Gewinnschöpfung führen zu einer Gesundung des sozialen Kerns unserer Gesellschaft.
Teilhabe aller und Bürgerrechte bedeuten für die wirtschaftpolitische eine umfassende Neuausrichtung zu Gemeingütern und qualitativem Wachstum.
Eine strikte Abkehr von Hartz IV und die Aussetzung erniedrigender Befragungen, “1 Euro Jobs” und Sanktionen ist eine der ersten “sozialen” Aufgaben für Piraten im Bundestag.

Lobbyismus
Die Piratenpartei steht für Transparenz in den Parlamenten. Mit der Forderung nach umfassender Informationsfreiheit und der Transparenzsatzung für den kommunalen Bereich hat die Piratenpartei bereits wirksame Vorschläge für den Wechsel von grundsätzlicher Geheimhaltung zu größtmöglicher Offenheit und Bürgernähe geliefert.
Die Beziehung zwischen Lobbyisten und Mandatsträgern müssen nun ebenfalls durch ein klares Regelwerk entflochten werden um demokratische Kontrolle, Offenheit und Transparenz in der parlamentarischen Arbeit zu gewährleisten.
Um ökonomisch sachgerechte Entscheidungen treffen zu können, müssen die Akteure der Marktwirtschaft im legislativen Prozess Gehör finden. Politische Entscheidungen dürfen aber keinesfalls durch persönliche ökonomische Abhängigkeit eines Parlamentariers beeinflusst werden.
Die hier [https://brunokramm.wordpress.com/2012/10/08/zehn-punkte-plan-gegen-unkontrollierten-lobbyismus-in-den-parlamenten/] vorgelegten einfachen, nachvollziehbaren und wirksamen Regeln können eine ökonomische Interessensvertretung ermöglichen, die in unserer repräsentativen, parlamentarischen Demokratie voll legitimiert ist.
Im Mittelpunkt der Regelung steht der Kodex, der den transparenten Umgang mit Lobbyisten und damit das freie Mandat der Abgeordneten garantiert und gleichzeitig dem legitimen Bedürfnis der Interessensvertretungen nach Information der Parlamentarier nachkommt.
Der Lobbyist wird durch die Akkreditierung zu einem definierten Teilnehmer demokratischer Prozesse.Wir sind überzeugt, dass durch die normative Rückbindung des Lobby-Prozesses an die Grundwerte der parlamentarischen Demokratie das Vertrauen und damit die Wirksamkeit von Interessensvertretungen gestärkt werden, durch die Fokussierung auf die eigentliche Funktion der Lobbyarbeit.
Die Wähler haben Anspruch darauf, in vollem Umfang Einblick in die Interessenslage der von den Lobbyisten vertretenen Organisationen zu erhalten.

Urheberrecht
Verkürzung der Schutzfristen um Werke verfügbar zu machen, die bisher in Archiven ungenutzt von der öffentlichen Nutzung abgeschirmt werden, sowie die Legalisierung der nichtkommerziellen Kopie sind neben vielen Bildungs- und Medien-politischen Aspekten die wesentlichen Pfeiler unserer Urheberrechtsreform. Dabei gilt es durch eine Reform des Urhebervertragsrechtes und des Urheberrechtswahrnehmungsgesetzes die nötigen Weichenstellungen vorzunehmen, um Urhebern die direkte Vermarktung zu ermöglichen. Neue Angebote und Geschäftsmodelle gilt es hier zu etablieren und zu fördern. DRM Maßnahmen, die Kopplung von Content an bestimmte Wiedergabeplattformen, die Störerhaftung, der fliegende Gerichtsstand und die Praxis der Abmahnung gilt es zu Gunsten einer freien Zikulation abzulehnen. Europäische und weltweite Abkommen, die den Schutz von Immaterialgütern vertiefen (TRIPS, Berner Übereinkunft) müssen im Sinne einer Revision des Urheberrechtes überprüft und gegebenenfalls auf europäischer Ebene hinsichtlich ihrer weiteren Gültigkeit überprüft werden.

Leistungsschutzrecht für Presseverleger
Das Leistungsschutzrecht für Presseverleger gehört zum Urheberrecht und dennoch hat es in den letzen Wochen eine Sonderrolle eingenommen.
Die Architektur des Netzes ist frei. Durch Hyperlinks kann jeder Inhalt mit anderen Inhalten verknüpft werden. Nachrichten und Wissen sind nur einen Mausklick entfernt und laden zur Interaktion ein.
Die Architektur des Netzes baut auf freien Protokollen und Programmiersprachen auf. Niemand würde jemals ein Gebühr für die Verwendung dieser Protokolle verlangen, denn ihre Schöpfer haben sie uns geschenkt. Damit die Welt näher zusammenrückt, Ungerechtigkeiten aufgedeckt werden, Wissen frei verfügbar ist und jeder seinen Teil zum Wissen der Menschheit beiträgt.
Die großen Suchmaschinen der Netzwelt sind das moderne Orakel von Delphi, jenes sagenumwobene Zentrum der Weissagung der Antike, das auf alles eine Antwort weiss. Ohne Suchmaschinen, Newsaggregatoren und Linksammlungen würden wir uns im Netz verlaufen und Seiten nicht gefunden werden. Ausser wahrscheinlich die wenigen ganz Großen. Denen alleine wollen wir aber nicht mehr vertrauen, denn Wahrheit ist Vielfalt.
Und hier kommt das geplante Leistungsschutzrecht für Presseverleger:
Große Presseverleger haben sich in der Bundesregierung durchgesetzt und wollen mit Hilfe des Leistungsschutzrechtes die Suchmaschinen für das Auflisten von Snippets zur Kasse bitten. Sie verlangen das, obwohl ihre Angebote gratis im Netz stehen und sie selbst bei der Suchmaschine einstellen könnten, ob sie gefunden werden wollen oder nicht. Sie hoffen, das eines Tages Wissen, Nachrichten und Informationen im Netz nicht mehr frei sind und vor jedem Link eine Mautstation steht.

Patentrecht
Der Patentschutz wurde ursprünglich zur Innovationsförderung etabliert und sollte dem Inhaber einen Vorteil, um die Investitionen, die getätigt wurden, zu refinanzieren. Restriktiver Patentschutz von heute ist sowohl für kleine Teilnehmer zu kostenintensiv und behindert neue technologische Entwicklungen, hemmt dabei die Entwicklungen durch regelrechte Patentkriege, die von spezialisierten Kanzleien ( Trollen) angeführt werden. Patente auf Leben (Genpatente, Saatgut, Lebewesen), Geschäftsmodelle und technische-informationelle Anweisungen (Algorithmische Beschreibungen, Softwarepatente) lehnen wir ab. (Software wird ohnehin vom UrhR geschützt)
Patente auf Pflanzen und Nutztiere ermöglichen es Firmen wie Monsanto, Dupont, uva sich Monopolrechte an Pflanzen und Tieren zu sichern. Neben unkalkulierbaren Risiken widersprechen diese Patente nicht nur der traditionellen Züchtung von robusten und ertragreichen regionalen Nutzpflanzen, sondern auch dem Grundsatz der freien Verfügbarkeit des natürlichen Genpools, der besonders in Zeiten des Klimawandels, der steigenden Weltbevölkerung und dem zunehmenden Flächenverbrauchs als Allmende einer produzierenden Landwirtschaft verfügbar sein muss. Großkonzerne drängen mit ihrer aggressiven Agrapolitik in natürliche, über Jahrhunderte gewachsene Märkte ein. Sie versuchen die Landwirte sowohl durch internationale handelsabkommen als auch durch genetisch aufeinander abgestimmte Saatgüter und Unkrautvernichtungsmittel in eine Abhängigkeit zu zwingen. Die internationalen Konzerne übernehmen so die Kontrolle über die Grundlagen der Landwirtschaft und Lebensmittelherstellung. Gleichzeitig drücken die Konzerne immer mehr gentechnisch veränderte Pflanzen auf den Markt, für deren Sicherheit niemand garantieren kann.

Internationale Handelsabkommen
Intransparente Handelsabkommen wie TRIPS, ACTA, CETA, TPP kombinieren häufig marken-, urheber- und patentrechtliche Interessen großer Konzerne und verletzen tiefgreifend die Privatsphäre und den Datenschutz. Darüber hinaus resultieren aus diesen Handelsabkommen häufig Menschenrechtsverletzungen in Schwellenländern und die starke Reglementierung von freien Märkten zu Gunsten der übermächtigen Industrienationen.

Datenschutz und Privatsphäre
Netzsperren, Vorratsdatenspeicherung und Quick Freeze, Quellen TKÜ und Funkzellenüberwachung weichen den Datenschutz auf und greifen tief in die Struktur eines freien Netzes und die Freiheit ein. Die Nutzungsarten dieser einmal erstellten Daten lässt sich ebenso wenig kontrollieren, wie die Integrität der Privatsphäre.
Mithilfe umfassender Datenaufzeichnungen können Bewegungsprofile und geschäftliche und private Kontakte kombiniert werden. Die individuelle Kommunikation sowie persönliche Vorlieben machen den Nutzer zum transparenten und “gläsernen” Bürger. Der unverhältnismässige Zugriff auf Daten durch Polizei und staatliche Behörden wird mit Schutz gegen Verbrechen gerechtfertigt, obwohl diverse Studien bewiesen haben, dass diese Massnahmen zu keiner Verbrechensprophylaxe führen.

Drogenpolitik
Die kurzfristige Legalisierung weicher Drogen wie Cannabis in Deutschland, sowie die kontrollierte und qualitätssichernde Abgabe durch geeignete Stellen ist der erste Schritt zu einer Entkrampfung der Drogenproblematik. Statt Kriminalisierung brauchen wir eine offene Diskussion über die Funktion von Drogen in unserer Gesellschaft. Das sogenannte „Recht auf Rausch“ braucht eine kulturelle Verankerung. Die jahrzehntelange Stigmatisierung führt einerseits zu einer gefährlichen Enthemmung im Konsum – siehe Komasaufen – und andererseits der Angst vor Kontrollverlust und Reflektion. Stichwort Psychohygiene und Therapie. Das Vermitteln eines verantwortungsvollen Drogenkonsums ist somit die begleitende Kernaufgabe einer besseren Drogenpolitik.
Die repressive Prohibition und die Unterscheidung zwischen legalen und illegalen Drogen haben sich als Irrweg erwiesen. Die Statistik der Drogentoten beweist, dass gerade die Pilotprojekte einer
verantwortungsvollen, die Drogenabhängigen unterstützenden Politik, zu einem unmittelbaren Rückgang der Drogentoten führt. Die Reinstallierung repressiver Kontrollpolitik dagegen, führt zu einem unmittelbaren Anstieg. Darüber hinaus muss auch die Strafverfolgung neu geregelt
werden, denn Drogendelikte sind opferlose Straftaten, deren Verfolgung nur durch ein aktives Kontrollieren und eine entsprechende Leitlinienpolitik geregelt ist. Hier gilt es, die Polizei und
Strafverfolgungsorgane umfassend zu schulen und neue Leitlinien zu etablieren.

Energie und Umwelt
Wir haben nur eine Welt und wenn wir nicht-regenerative Ressourcen nutzen, müssen wir uns diese Endlichkeit, die auch Nachfolgegenerationen betrifft, vor Augen führen. Während die Atomkraft aus Gründen eines nicht abschätzbaren Risikos der Folgen eines Atomunfalls, sowie der Lagerung abgebrannter Brennelemente als Zukunftstechnologie ausscheidet, haben große Erdöl fördernde Konzerne und die Automobilindustrie über Jahrzehnte die Urbarmachung regenerativer und unendlich verfügbarer Energiequellen erfolgreich verhindert. Wind-, Sonne- und Speicherkraftwerke sind Teil einer industriellen Entwicklung, die jedoch nur in Ergänzung mit noch zu erschliessenden Energiequellen den Bedarf decken werden, der sowohl im häuslichen, industriellen und mobilen Sektor anfällt. Kleine regionale, mit regenerativen Kraftstoffen betriebene Heizkraftwerke können den häuslichen Bedarf für Gemeinden decken. Die Aufforderung, Energie zu sparen, ist hingegen ein Tropfen auf den heissen Stein, denn durch die Wachstumsländer Indien, China, Südamerika wird weiterhin der Bedarf fossiler Brennstoffe steigen. Der Peak Oil ist jedoch seit Jahren erreicht – Die Förderung neuer Energiequellen ist daher oberstes Ziel unserer, auf technologischen Fortschritt aufbauenden Nation.
Das Artensterben war noch nie so groß wie heute, natürliche Lebensräume für Tiere schwinden täglich. Der Umgang mit unseren Verwandten spottet jeglicher Beschreibung und gleicht dem verschwenderischen Umgang mit anderen Ressourcen unseres Planeten. Dabei ist die Tierwelt viel mehr, als eine Ressource, sie ist Teil des Gleichgewichts unserer Umwelt. Der täglich steigende Fleischkonsum ist darüber hinaus ein Klima-, Ressourcen- und Flächenkiller. Er trägt wesentlich Verantwortung für den Hunger in der Welt und benötigt eine dringende Reduktion, um alle Menschen auf diesem Planeten langfristig ernähren zu können.


Geschlechterpolitik

Ob Mann, ob Frau, ob Transsexuell – Geschlecht ist in unserer Gesellschaft von Geburt an sozial determiniert und mündet in die Geschlechterrollen und ihre funktional und sozial vorgegebenen Aufgabenverteilungen. Dem gegenüber müssen Individuen wertfrei selbst über Geschlechts-, Berufs und Partnerwahl bestimmen dürfen. Eine Gesellschaft, die sich endlich von dem Spezifikum Geschlecht als „Gottgegeben“ trennt, verabschiedet sich auch von den Rollenbildern, der damit verbundenen Diskriminierung und braucht keine Quote.

Inklusion
Erst wenn wir in ihrer Mobilität und Teilhabe eingeschränkte Menschen inkludieren anstatt sie ein- oder aus- zugrenzen und dies auch als Bereicherung wahrnehmen, haben wir die umfassende Barriere-Freiheit erreicht. Das hört bei der Gestaltung von Barriere freien Zugängen im öffentlichen Raum nicht auf, sondern umfasst Schulen und Universitäten sowie die Lernmittel, von öffentlicher Hand geförderte Inklusion am Arbeitsplatz, Medien und Unterhaltung, Webseiten und Freizeitaktivitäten – die Anpassung und Gestaltung Barriere armer Medien schafft nicht nur Arbeitsplätze, sondern macht die Gesellschaft lebenswerter – und den Wunsch nach Familie und Elternschaft.


Minderheitenschutz

Der Schutz von Minderheiten vor Diskriminierung und Ausgrenzung ist leider noch immer keine Selbstverständlichkeit. Umso wichtiger ist das Bekenntnis zur Vielfalt von Lebensweisen, kulturellen Ausdrucksformen und Traditionen aller Kulturkreise. Dabei ist das Bekenntnis zu unserem Grundgesetz und dem Schutz der unantastbaren Würde des Menschen der Leitsatz zu Toleranz, Offenheit und Inklusion von Minderheiten und ihrer freien Äußerungen. Viel zu häufig werden diese Grundsätze zu Gunsten eines übergeordneten Interesses oder tradierter Normen und überkommener Wert- und Moralvorstellungen geopfert.


Rechtsextremismus

Von Deutschen wurden in der Vergangenheit Wunden gerissen, die unsagbar tief und unfassbar grausam waren. Unser Land hat Elend, Verwüstung und einen Völkermord begangen, der in seiner Brutalität kein Gleichnis kennt. Das Nazideutschland hat Menschen nach ihrer Herkunft und Rasse unterteilt, ausgebeutet, vertrieben und ermordet. Im Holocaust starben über 6 Millionen Menschen. Die Gesamtzahl der Opfer deutscher Massenverbrechen an Juden, russischen Kriegsgefangenen, Roma und Sinti, Euthanasieopfern, Kz Häftlingen, Zwangsarbeitern und Deportierten beträgt schätzungsweise 13 Millionen.
Wir haben dabei auch unsere eigene jüdisch-deutsche Wiege der Kunst, Kultur und Wissenschaft zerstört. Wir Vergessen auch keines der Opfer des Neonaziterrors in den letzten 20 Jahren. 182 Tote sind die Bilanz der Menschenverachtung rechter Gewalt in unserem Land nach 1945.
Wir stehen für Toleranz, Miteinander und Völkerverständigung und für die Freiheit und die Vielfalt unserer Welt. Wir stellen uns gegen Haß, Nationalismus, Ausgrenzung und völkische Überhöhung. Wir dürfen keine rechtsextremen Äußerungen, Verharmlosungen und Parolen als falsch verstandene Minderheitenschutz tolerieren. Die rechtsextreme Ideologie kassiert als erstes die Meinungsvielfalt.

Trennung Kirche und Staat
Ich stelle mich dem Versuch kirchlicher Institutionen, ihren Machtanspruch in den öffentlichen Raum und auf politische Meinungsbildungsprozesse auszuweiten, entschlossen entgegen. Zensurvorhaben gegenüber Künstlern und der freien Meinungsausübung, aber auch gegenüber der Vielfalt freier Glaubensausübung aller Konfessionen gilt es ebenso entgegenzutreten, wie der von bayerischen Bischöfen geforderten Ausweitung des „Blasphemie“-Paragraphen.

Asylpolitik
Unsere Demokratie muss zum Anspruch auf Asyl als Grundwert einer solidarischen Gesellschaft stehen und diesem endlich umfassend gerecht werden. Gerade in Bayern kann man die Bedingungen, unter denen Asylbewerber in veralteten, verdreckten, über belegten und viel zu engen Heimen abseits der Gesellschaft kaserniert werden als Verbrechen gegen die Menschlichkeit bezeichnen. Das längst überfällige Urteil des BverfG hatte dann dieses Jahr endlich bestätigt, was längst überfällig war: Die Anhebung der viel zu gering berechneten Sozialleitungen für Asylbewerber im Asylbewerberleistungsgesetz.
Die Forderung von sozialer Betreuung von häufig traumatisierten Flüchtlingen, Sprachkursen und statt der in Bayern üblichen Essenspakete, die Zahlung eines monatlichen Grundbetrages, um den eigenen Ernährungsgewohnheiten gerecht zu werden, gehört zu einer menschlichen Asylpolitik. Die dezentrale Abschottung der Asylbewerber trägt im übrigen genauso wie die ständigen Forderungen der Verschärfung von Visabedingungen dazu bei, dass gerade in Bayern Überfremdungsphantasien der rechten Populisten auf fruchtbaren Boden fallen. Nicht umsonst entstand hier ein Klima, das zur Häufung rechtsradikaler Gewalttaten und der Konzentration der rechtsextremen Szene gesorgt hat. In strukturell ausgegrenzten Kommunen im Norden Bayerns hat sich so eine kaum zu kontrollierende und offen fremdenfeindliche Szene entwickelt, der es Einhalt zu gebieten gilt. Dem gegenüber müssen die diskriminierenden Restriktionen wie Residenzpflicht und das Verbot von Erwerbsarbeit für Asylbewerber abgeschafft werden.
Deutschland ist ein Einwanderungsland, der Fortschritt unserer Gesellschaft lebt von der Vielfalt der Etnien.

Bundesland Bayern als Pol GF:
Wir haben innerhalb kürzester Zeit unsere Kernthemen ausgeweitet. Die Weiterentwicklung des umfangreichen Landeswahlprogramms für Bayern und des umfassenden Bundestagswahlprogrammes zählen zu den wichtigsten Baustellen innerhalb der Partei. Dabei gilt es vielen neuen Mitgliedern die Strukturen nach oben zu öffnen, um sich inhaltlich stärker beteiligen zu können und gleichzeitig die umfangreichen, bisher erarbeiteten Konzepte in Programme zu verwandeln. Unsere Vielfalt an der Basis ist unsere Stärke, bedeutet aber auch einen erheblichen Differenzierungsdruck und Organisationsaufwand. Hier versuche ich in den kommenden Monaten in Bayern die Weichen für die regionale Vielfalt der Themen zu stellen um uns auf beide Wahlen einzustellen. Viele Probleme der bayerischen Fläche im Norden oder Osten wiederholen sich im Süden und Westen und umgekehrt. Kultur- und Infrastrukturförderung sind in Bayern weitgehend auf die Metropolregion im Süden und den Landesentwicklungsplans konzentriert. Die Wahlen hier gewinnen wir durch die Aktivierung des Potentials in der Fläche.
Geschlechter-, Inklusions-, Minderheiten-, Drogen- und Asylpolitik finden in Bayern ein dankbares Echo, denn dort wo Vorurteile hinter vorgehaltener Hand gepflegt werden und beide Augen aus Gründen des geliebten und falsch gelebten Traditionsbewusstseins zugedrückt werden, beginnt die Diskriminierung. Als Piraten müssen wir deshalb den Begriff „Mir san mir“ auf eigene Weise entern und mit unseren freien und bayerischen Werten befüllen.

Watchplattform Fragen und Antworten


Gesammelte Fragen und Antworten der Watch Plattform:

Frage: Sollten deiner Meinung nach Alternativen zur Schulmedizin unterstützt oder eher unterbunden werden? Wie offen stehst du neuen Wegen und Denkweisen in der Medizin gegenüber, das heißt informierst du dich erst darüber bevor du zu einem Urteil kommst oder sagst du von vornherein, dass es funktionieren kann? Würdest du jemandem, der dir beweisen will, dass seine Alternative funktioniert, unvoreingenommen diese Chance geben?

Alternative Heilmethoden, wie z.B. die traditionelle Chinesische Medizin (TCM) ist nicht umsonst zum UNESCO Weltkulturerbe erklärt worden: Ihre Therapiemethoden sind seit Jahrhunderten auf einem völlig anderen Paradigma der Medizin gewachsen. Statt der lokalen, symptomatischen Diagnose, stellen sie die Ursache und den Organismus als Ganzes ins Zentrum. Wegen ihrer Wirksamkeit akzeptieren viele Kassen Akupunktur, Moxibustion aber auch Yoga und Konzentrationsübungen anderer Kulturkreise. Wenn dabei Selbstheilungskräfte aktiviert werden und Patienten genesen, sind diese Verfahren eine Alternative zu kostspieliger Schulmedizin westlicher Ausprägung, die es häufiger zu validieren gilt, denn die konzertierte Lobbyarbeit von großen Pharmakonzernen versucht häufig, die Wirksamkeit durch hausgemachte Studien positiv hervor zu heben.
Eine klare Absage erteile ich hingegen all jenen Scharlatanen und „Chemtrails“-Medizinern, die es auf die Geldbörse von Hilfe suchenden und verzweifelten Menschen abgesehen haben. Empirische, transparente Überprüfungen und die dazugehörenden statistischen Methoden überführen in der Regel falsche Heilversprechungen als Humbug und wirksame Präparate als Fortschritt für die Gesundheit und Lebensqualität.

Frage: Wie bewertest du die strafrechtliche Verfolgung von Konsumenten illegalisierter Drogen in Deutschland?

Den Konsum von sogenannten illegalen Drogen zu kriminalisieren, ist kontraproduktiv, denn statt einen verantwortungsvollen Umgang mit Drogen zu vermitteln, treibt die Illegalisierung Konsumenten auf einen Schwarzmarkt, der keinerlei Verbraucherschutz hinsichtlich der Qualität der konsumierten Drogen gewährleistet. Dabei werden mündige Bürger doppelt bestraft: Das Risiko für die eigene Gesundheit mangels qualitativer Prüfung und die gesellschaftliche Ausgrenzung von Konsumenten illegaler Drogen führt zur gefährlichen Grauzone, während der leichtfertige und verharmlosende Umgang mit der legalen Droge Alkohol Menschen in die Abhängigkeit treibt. Die Unterscheidung zwischen illegal und legal stellt sich somit als unbrauchbare Trennlinie dar. Sie beruht einzig und allein auf gesellschaftlichen Vorbehalten. Drogen müssen nach ihrer Gefährlichkeit hinsichtlich der körperlichen und psychischen Abhängigkeit bewertet werden. Illegalisierung stärkt dabei auch die Beschaffungskriminalität, denn abhängige Konsumenten können ihre Droge nur auf dem Schwarzmarkt erhalten, dessen Preise häufig mit der individuellen Schwere der Sucht steigen. Natürlich gilt es Jugendliche vor Drogen zu schützen – doch hier wird z.B. die Alkoholprävention sehr lax geregelt, dagegen der Besitz kleinster Mengen von cannabinolhaltigen Drogen restriktiv geahndet. Dabei gilt es, Jugendliche Vorurteilsfrei aufzuklären und einen verantwortungsvollen Umgang mit Drogen zu vermitteln.

2. Frage: Wie bewertest du die Auswirkungen der heutigen Drogenpolitik in Deutschland und international (global), z.B. auf Länder wie Afghanistan und
Mexiko?

Die restriktive Drogenpolitik in Europa stärkt die weltweiten Drogenkartelle und ihre menschenverachtenden Vertriebswege, da die Preise auf dem Schwarzmarkt mit den wachsenden Fahndungserfolgen proportional steigen. Dabei existiert im Schatten der Legalität eine Armee der erwerbstätig Abhängigen, die keinerlei Möglichkeiten haben, sich gegen die rücksichtslosen Arbeitsbedingungen der Kartelle zu wehren. Zwischen den Kartellen und den Gesetzesvertretern schwelt der Drogenkrieg, der jährlich Abertausende von Toten fordert. Der Nachschub von billigen Arbeitskräften macht die Opfer im Drogenmilieu zu einem kalkulierten Kollateralschaden. Die astronomischen Gewinne der Kartelle schwächen gleichzeitig demokratische Strukturen in den Schwellenländern durch Korruption und staatlicher Schattenbeteiligung an der Produktion.

Frage: Wie wichtig ist dir ein grundsätzlicher Wechsel in der Drogenpolitik?

Die kurzfristige Legalisierung weicher Drogen wie Cannabis in Deutschland, sowie die kontrollierte und qualitätssichernde Abgabe durch geeignete Stellen ist der erste Schritt zu einer Entkrampfung der Drogenproblematik. Statt Kriminalisierung brauchen wir eine offene Diskussion über die Funktion von Drogen in unserer Gesellschaft. Das sogenannte „Recht auf Rausch“ braucht eine kulturelle Verankerung. Die jahrzehntelange Stigmatisierung führt einerseits zu einer gefährlichen Enthemmung im Konsum – siehe Komasaufen – und andererseits der Angst vor Kontrollverlust und Reflektion. Stichwort Psychohygiene und Therapie. Das Vermitteln eines verantwortungsvollen Drogenkonsums ist somit die begleitende Kernaufgabe einer besseren Drogenpolitik.

Frage: Wie sollten ggf. deiner Meinung nach Alternativen zur prohibitiv-repressiven Kontrollpolitik aussehen?

Die repressive Prohibition und die Unterscheidung zwischen legalen und illegalen Drogen haben sich als Irrweg erwiesen. Die Statistik der Drogentoten beweist, dass gerade die Pilotprojekte einer verantwortungsvollen, die Drogenabhängigen unterstützenden Politik, zu einem unmittelbaren Rückgang der Drogentoten führt. Die Reinstallierung repressiver Kontrollpolitik dagegen, führt zu einem unmittelbaren Anstieg. Darüber hinaus muss auch die Strafverfolgung neu geregelt werden, denn Drogendelikte sind opferlose Straftaten, deren Verfolgung nur durch ein aktives Kontrollieren und eine entsprechende Leitlinienpolitik geregelt ist. Hier gilt es, die Polizei und Strafverfolgungsorgane umfassend zu schulen und neue Leitlinien zu etablieren.

Frage: Wenn du Kanzler werden solltest, welche drei drogenpolitischen Sofortmaßnahmen würdest auf den Weg bringen?

1. Sofortige Legalisierung von Cannabis und THC-haltigen Produkten. Langfristige Drogenabgabe bei entsprechender fachlicher Qualifikation in Apotheken.
2. Eine Revision des 1994 verabschiedeten Gesetzes des BverfG, das den Entzug des „Rechts auf Rausch“ verordnete.
3. Die Angebote zur gesundheitlichen Versorgung und Überlebenshilfe schwer abhängiger Drogenabhängiger stärken und die Prävention ins Zentrum stellen.

Frage: Kannst du dir eine dritte umfangreiche Aufgabe noch zusätzlich leisten? Als Mitglied des Landesvorstandes Bayern und als Beauftragter für Urheberrecht des Bundes hast du bereits viele Aufgaben. Dort leistest du gute Arbeit – glaubst du, du schaffst es, das Niveau auch bei einer dritten Herausforderung noch auf der gleichen Stufe zu halten?

Bereits in meiner Kandidatur zum Politischen Geschäftsführer habe ich darauf hingewiesen, dass ich für dieses Amt nur ein Jahr zur Verfügung stehe. Ich sehe im kommenden Jahr wesentliche Aufgaben des politischen Geschäftsführers im Wahlkampf um den Landtag in Bayern und den Bundestagseinzug. Daher ist die Verbindung dieses Amtes und meiner Kandidatur eine logische Konsequenz. Ich will einen erfolgreichen Wahlkampf planen und umsetzen. Die Strukturen hierfür kann ich im Amt positiv beeinflussen.
Das piratige Kernthema Urheberrecht wird dabei im Wahlkampf eine wesentliche Rolle spielen, die ich durch meine Präsenz und „Sattelfestigkeit“ erfolgreich umsetzen kann. Die Synergieeffekte aus dem Amt als politischer Geschäftsführer und durch die Beauftragung für das Urheberrecht sind die Basis meiner auf Inhalte ausgerichteten Bundestagskandidatur. Sie sind somit keine zusätzliche Belastung, sondern Teil meines Wahlkampfes um ein erfolgreiches Mandat. Mein Wissen über Verbandsstrukturen, Arbeitsabläufe und Erlösmodelle in der Kreativbranche, sowie die umfassende Kenntnis der praxisnahen Rahmenbedingungen des Urheber-, Verlags-, Verwertungs- und Leistungsschutzrechtes sind die Basis für künftige Vorstöße in den Ausschüssen, um endlich den überfälligen Sprung in die Informationsgesellschaft mittels einer umfassenden Reform des Urheberrechtes anzugehen. Meine erfolgreiche Arbeit im Rahmen der Beauftragung mag als Beweis meiner Befähigung für eine aussichtsreiche Listenplatzierung gelten.


Frage: Wie stehen Sie zur Linkspartei und zu Gregor Gysi?

Gregor Gysi ist ein begnadeter Rhetoriker. Seine Reden im Bundestag sind ein stilistischer Lichtblick im Vergleich mit vielen anderen Bundestagsabgeordneten. Inhaltlich gibt es wenige Gemeinsamkeiten und viele Unterschiede zur Linkspartei. Teilweise Gemeinsamkeiten bestehen in der Drogenpolitik (Legalisierung und Prävention von Drogen statt prohibitiver, restriktiver Kontrolle) und in der Befürwortung eines Bedingungslosen Grundeinkommens. Ebenso gibt es in der dringenden Reform des Urhebervertragsrechts viele Übereinstimmungen.
Grundsätzlicher Dissens besteht jedoch in der Verordnungswut der Linken, das wesentlich mit dem Menschenbild zusammenhängt. Während die Linke Freiheit im kollektiven Heil findet, begreife ich die Freiheit des Individuums im Spannungsverhältnis zum Auftrag einer humaneren Gesellschaftsordnung, die sowohl individuelles Streben nach finanziellem Erfolg als auch nach ideellen Werten fördert.
Dabei tritt an Stelle des Kollektiven ein Netz, das von unten reguliert und individuelles Scheitern als menschliche Wesensart begreift und auffängt. Dieses Sicherheitsgefühl bedeutet für das Individuum mehr Mut, Motivation und Experimentierfreude. Erfolgreiche Lebensplanung muss Auswege und Umwege erkennen und akzeptieren. Die Verpflichtung des Einzelnen gegenüber der Gesellschaft basiert auf freien Stücken und nicht nach Verordnung. Sie ist ein ethisches Grundprinzip des Miteinanders, das in unserem Wahlspruch „Sharing is Caring“ und einem positiven Menschenbild zum Ausdruck kommt.
Das widerspricht übrigens fundamental der internen politischen Kultur der Linkspartei, die in Bayern besonders durch die Überwachung, Verfolgung und Diskreditierung ungeliebter Mitglieder aufgefallen ist und hier leider den stereotypen Vorurteilen gerecht wird, die von den politischen Gegnern seit der Gründung des Vorläufers, der PDS kolportiert werden. Piratenpolitik bedeutet im Kern, sich von klassischen Denkmustern „links“ und „rechts“ der vergangenen Klassenkämpfe zu lösen und eine progressive, sozial verantwortliche Vision des qualitativen Wachstums durch Technologie, des Umgangs miteinander und des allgemeinen Menschenbildes zu fördern.

Frage: Wie diversen Medien zu entnehmen ist, stehen laut Geheimdienstberichten einflussreiche Teile der saudischen Regierung im „dringenden Verdacht“, fundamentalistische Gruppierungen weltweit finanziell und logistisch zu unterstützen. Insbesondere auch durch Stipendien in Deutschland. Würden Sie als Abgeordneter – im Gegensatz zur jetzigen Bundesregierung – einen sofortigen Importstopp saudischen Erdöls befürworten, um den entsprechenden Geldfluss auszutrocknen und damit Schaden von der westlichen Welt abzuwenden – ohne nur angsterfüllt auf eventuell steigende Erdölpreise und wegfallende Exporte deutscher Rüstungsgüter zu blicken?

Aus welcher Quelle das Öl in den Quantitäten fließt, das westliche Industrienationen benötigen: Menschenrechtsverletzungen, Zerstörung der Umwelt und kriminelle Strukturen sind dort häufig an der Tagesordnung. 65% des in Deutschland benötigten Erdöls stammen aus politisch instablien und menschenrechtlich fragwürdigen Regionen wie Russland, Lybien, Kasachstan, Aserbaidschan, Algerien und Saudi Arabien, die selbst unter einem Prozent des deutschen Bedarfes decken. Ein Aussetzen dieser geringsten Menge würde als homöopathische Dosis in Saudi Arabien kaum auffallen.
Friedenspolitik und Entwicklungshilfe sind demgegenüber das einzige Mittel, um sich vor radikalem Fundamentalismus zu schützen, der sich besonders im Schatten restriktiver, konservativ-moralischer Gesellschaften entwickeln kann. Bezeichnenderweise sind gerade in jenen westlichen Zivilisationen, die Vorurteile statt dem Dialog pflegen, diese radikalen Milieus besonders ausgeprägt. Dabei gilt es vor allem für unsere freiheitlich demokratische Gesellschaftsform zu werben, in der die individuelle und freie Religionsausübung genauso geschützt ist, wie die freie Meinungsäußerung, Kunst und Kultur. Diese Werte zu pflegen und zu vermitteln sind der beste Schutz vor radikalen Tendenzen.
Nicht nur unsere eigene Geschichte verpflichtet uns in besonderem Umfang, Waffenexporte zu Gunsten einer aktiven Friedenspolitik verstärkt zu reglementieren und an Bedingungen zu knüpfen. Auch wenn dieser Industriezweig riesige Gewinne erzielt, stehen Menschenrechte an erster Stelle. Der Exportbericht für Rüstungsgüter der Bundesregierung des Jahres 2010 kommt stattdessen einem friedenspolitischen Fiasko gleich, denn ein satter Zuwachs von 72 Prozent der Exporte von Kriegsgütern katapultierte den Umsatz auf über zwei Milliarden Euro.
Zur Einfuhr und der Abhängigkeit vom Öl möchte ich noch Folgendes anmerken: Die Bezugsmenge aus Ländern wie Norwegen und Großbritannien anzuheben, die mit weniger als einem Drittel zu den wenigen politisch stabilen Partnern gehören, garantiert aber keine langfristige Sicherheit, da die bisherigen Quellen aus der Nordseeförderung in absehbarer Zukunft versiegen und die neu erschlossenen Förderquellen in die kritischen Tiefseeregionen verlagert werden. Dort sind die Förderkosten weit beträchtlicher und die Risiken schwer abzuschätzen, wie zuletzt die Ölkatastrophe am Golf von Mexiko. Darüber hinaus unterliegt der Mix der Öleinfuhr dabei in erster Linie wirtschaftlichen Kriterien, die bei der OPEC und den großen Ölkonzernen festgelegt werden.
Stattdessen gilt es, noch stärker als bisher, alternative Energiequellen zu fördern, denn sie bedeuten Freiheit von Zwängen und von der Bindung an zweifelhafte Partnerschaften in Asien, Russland und den arabischen Staaten. Partner, die ihre Rohstofflieferungen häufig an politische Bedingungen knüpfen und unsere Demokratie abhängig machen. Dabei gilt es dezentrale und regionale Energiekonzepte (Fotovoltaik, Wind, Gezeiten, Speicherkraftwerke) genauso zu fördern, wie alternative Antriebsformen für den automobilen Sektor (Wasserstoff, Elektro). Dabei belegen unabhängige Studien, das bei Nutzung aller Effizienzpotentiale der Umstieg auf Sonne, Wind und Biomasse möglich ist.
Mittel- bis langfristig müssen wir uns vom Öl, Kohle und Gas befreien und hin zu regenerativen Energiequellen verlagern. Denn der Peak Oil und der Peak Fossil wurden laut IEA (Internationale Energieagentur, Teil der OECD) bereits 2006 erreicht. Dabei werden nicht nur die leicht förderbaren Quellen betrachtet, sondern auch jene, die nur unter hohem Energiebedarf das Öl von Schlamm, Erde, Gestein und anderen Substanzen trennen können.
Das bedeutet in der Konsequenz: Fossile Brennstoffe werden in der Zukunft noch viel teurer und ihre Förderungsbilanz energetisch unrentabel, während die weltweite Nachfrage industriell aufstrebender Nationen stetig steigt.

Frage: Welchen Stundenlohn halten Sie für die Arbeit eines Abgeordneten für angemessen – oder anders gefragt: Durch wie viele Stunden Arbeit eines Abgeordneten pro Woche glauben Sie, dass die derzeitige Bundestagsentlohnung von 7960 Euro plus Funktionsbezügen und Amtsausstattung in jeweils vierstelliger Höhe mit bereits beschlossener Erhöhung 2013 (z.B. im Vergleich zum Opel-Mitarbeiter mit ca. 1650 Euro netto Einkommen im Schichtdienst bei 35-Stunden-Woche) dem Normalbürger gegenüber zufriedenstellend zu rechtfertigen wäre?

Halten sie es zudem für richtig, dass die Bundestagsabgeordneten ihre Bezüge selbst bestimmen und keine Beiträge zu ihrer Rente oder zur Arbeitslosenversicherung zu entrichten haben, aber eine Rente nach bereits 8 Jahren Arbeit erhalten, während ein Angestellter 40 Beitragsjahre nachweisen muss?
Das Urteil zur Diätenbestimmung aus den Siebzigern durch das BverfG war ein falsches Signal, denn fast niemand neben den Bundestagsabgeordneten ist in der Lage, seine Bezüge selbst zu bestimmen. Dieser Missstand ist zum Teil auch für die sinkenden Vertrauenswerte in unsere Abgeordneten verantwortlich. Ein breiter gesellschaftlicher Diskurs sollte die Abgeordnetengehälter bestimmen, dabei aber berücksichtigen, dass der Anspruch der Abgeordneten auf eine angemessene, ihre Unabhängigkeit sichernde Entlohnung im Artikel 48 des Grundgesetzes geregelt ist und auch ihre Unbestechlichkeit sicher stellen soll. Wie der Bundesgerichtshof festgestellt hatte, sind die deutschen Gesetze zur Kontrolle der Abgeordnetenbestechung trotzdem nicht ausreichend. Auch die transparente Listung und das Akkreditierungsverfahren für Lobbyisten würde dieser Bestechlichkeit klare Grenzen setzen. (Hierzu habe ich auch eine programmatische Initiative in unserem Liquid Feedback gestartet „Transparenzregister für akkreditierte Lobbyisten“)
Der gerüchteweise Rentenanspruch nach zwei Legislaturperoden ist mir hingegen nicht bekannt.
Im Falle meines Erreichens eines Mandates und dem Bundestagseinzug, werde ich einen Teil meines zukünftigen Gehaltes der Partei spenden, um die ehrenamtliche Tätigkeit vieler engagierter Piraten zu honorieren.
Dem gegenüber ist der gesetzliche Mindestlohn eine nicht zu verhandelnde, längst überfällige Forderung, die gerade die unterbezahlten Jobs besser stellen würde, die Sie Eingangs erwähnten.
Trotzdem bleibt für mich das zentrale Projekt der Diskussion um gerechte Löhne die Umsetzung eines Bedingungslosen Grundeinkommens. Hier gilt es, eine Evaluierung und eventuelle Pilotprojekte zur Überprüfung der Finanzierbarkeit und den individuellen Auswirkungen anzuschieben, um dann Rückschlüsse für eine umfassende Realisation anstellen zu können. Eine generelle Grundrente für alle Bürger wird von unserer Arbeitsgruppe 60+ vorgeschlagen, die ich voll und ganz unterstützen kann, solange die Forderung nach einem BGE noch nicht umgesetzt wurde.
Zu Grunde liegt meiner Überzeugung, dass die Lebenszeit eines jeden Menschen gleich viel „Wert“ hat, die Wertschöpfung des Einzelnen aber leider unterschiedlichsten, teilweise schwer nachvollziehbaren Kriterien folgt.
In keinem Verhältnis steht z.B. die Bezahlung sozialer Engagements und Pflegeberufe zum Aufwand und seiner Wichtigkeit. Die häusliche Pflege durch Familienangehörige, das Aufziehen von Kindern und viele andere Berufungen werden sogar nur zu kleinen Anteilen entlohnt.
Diese Ungleichgewichte und die Spreizung der „sozialen Schere“ anzugehen, sind eines der wichtigsten Ziele der kommenden Legislaturperiode.


Frage: Durch das Vorgehen von BuVo Vorstandsmitglied Julia Schramm, bzw. die vertragliche Bindung an den Verlag ist es zu einer Löschung eines von ihr verfassten urheberrechtlich geschützten Werkes gekommen. Wie bewertest du diese Situation in Bezug auf die Forderung einer Reformation des Urheberrechtes, wie müsste deiner Meinung nach künftig damit umgegangen werden?

Ich habe diese Frage bereits für den BuVo in einem offiziellen Statement erklärt, weshalb ich das hier wiederholen möchte. Wir Piraten stehen ein für Künstler, ihr Publikum und die Freiheit von Werken. So wie viele andere Mitglieder der Piratenpartei gehört die Beisitzerin des Bundesvorstandes Julia Schramm zu den Urhebern, deren Interessen mir besonders am Herzen liegen. Die von uns geforderte Reform des Urheberrechts umfasst deshalb auch eine Novellierung des Urhebervertragsrechts, um so die weitreichende Selbstbestimmung des Urhebers gegenüber klassischen Verwertungspositionen zu garantieren. In einer Abwägung zwischen wirtschaftlichem und ideellem Interesse obliegt die Wahl des Verwerters und der Vertragsbeziehung jedoch dem Urheber selbst. Gleichzeitig gilt unser Interesse auch dem Schutz des Nutzers vor restriktiver Durchsetzung vertraglich garantierter Verwerterrechte und dem freien Zugang zu Werken und Informationen, deren nichtgewerblicher Kopie und Verbreitung.
In diesem Spannungsfeld ist die Vertragsbeziehung von Julia Schramm und ihrem Verleger zu bewerten. Bereits vor ihrer Wahl in den Bundesvorstand hatte Julia Schramm die Veröffentlichung ihres Buches, sowie Details zum beträchtlichen Verlagsvorschuss kommuniziert. Ferner war sich Julia Schramm zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung noch gar nicht der Tragweite der Durchsetzungsmöglichkeiten des Verlages bewusst. Die gängige Praxis, Anbieter und Benutzer im Netz bereitgestellter Kopien abzumahnen, vom Netz zu nehmen und mit einer Kostennote zu bestrafen, konnte Julia Schramm mittels eines Kompromisses mit ihrem Verlag abschwächen und so eine der Forderungen der Piratenpartei zumindest im Ansatz realisieren. Statt einer kostenpflichtigen Abmahnung versendet der Verlag nur Warnungen in Form von “gelben Karten”.
Eine weitreichende “Fair Use” Regelung für die freie Weitergabe, einer Creative Commons Lizenz oder eines “Pay what you want” Modells für den Onlinebereich wurde vom Verlagshaus hingegen nicht akzeptiert. Wir stärken daher Julia Schramm den Rücken, um diese Forderungen gegenüber ihrem Verleger zu bekräftigen. Einschlägig bekannte Studien beweisen, dass die freie Verfügbarkeit nicht zu sinkenden Umsätzen führt. (Sky is Rising, Hammond Studie uva.)
Statt die ideelle Kraft und Zirkulation von künstlerischen Werken zu fördern, baut die Beziehung zwischen Verwertern und Urhebern nur auf die wirtschaftliche Optimierung des künstlerischen Egos und kennt nur die misstrauische, restriktive Auswertung.
Im Windschatten dieses medial geschürten Konfliktes setzen die Gegner einer Urheberrechtsreform ein weiteres Mal sämtliche Hebel in Bewegung, um weiterhin für ihr veraltetes Auswertungsrecht zu werben und die sachliche Argumentation der Piratenpartei durch eine einseitige und emotional zugespitzte Debatte zu konterkarieren.

Kurzfassung: Ja zur privaten Kopie und der Freiheit von Werken. Nein zu illegalen gewerblichen Kopien. Ja zu neuen Geschäftsmodellen künstlerischer Selbstbestimmung. Nein zu rücksichtsloser Durchsetzung von Verwerterinteressen.

Niemand ist illegal!


Wer sich an die Flüchtlingsdebatte der 90er erinnert und die Parallelen zu heute feststellt, schämt sich für das mangelhafte gesellschaftliche Gedächtnis und den politischen Stillstand.
Das Unwort des Jahres 1992, „Scheinasylant“ schürte das Klima des Hasses. Ausländerfeindliche Kampagnen der Republikaner fielen auf fruchtbaren, spießbürgerlichen Boden mit Motiven wie „Das Boot ist voll“ und führten unmittelbar zur Pogromstimmung von Rostock und den abscheulichen Brandmorden in Mölln.

Der Hilferuf von Flüchtlingen, die an die europäische Pforte klopfen, erzeugt heute beinahe die gleichen Reflexe wie damals. Dabei reagieren Gerichte sogar bei politischer Asylbegründung zunehmend mit abgestumpften, offen fremdenfeindlichen und diskriminierenden Urteilssprüchen und folgen dabei der Agitation jener Parteien, die am wenigsten ihrer ideologischen Verpflichtung zu christlicher Nächstenliebe gerecht werden. Erschreckendes Beispiel ist die Ablehnung des Asylantrags einer jungen homosexuellen Asylbewerberin aus dem Iran. Die Bayreuther Richterin legte der jungen Frau nahe, der drakonische Strafe durch einen unauffälligen Lebensstil zu entgehen. Symptomatisch ist dabei die Verletzung individueller Menschenwürde, die in der Mitte unserer Gesellschaft ausgesprochen, zu einem wütenden Aufschrei führen würde.

Die Krisenherde von Afghanistan, Irak, Iran, Syrien, Afrika und Osteuropa zwingen immer mehr Menschen, ihre Heimat zu verlassen um in der viel gepriesenen westlichen Freiheit eine neue Bleibe zu finden. Nach zwei Jahrzehnten der Erweiterung des EU Raumes, der Globalisierung und des Siegeszugs des grenzenlosen Neoliberalismus sind die Lehren aus Mölln vergessen. Rassenhass und Nationalismus hat ganze Landstriche in den neuen Bundesländern und im Nordosten Bayerns erobert, während eine Neonazibande unbehelligt eine rassistische Mordserie gegen Bürger mit Migrationshintergrund begehen konnte. Schuldig ist hier allen voran die latent Vorurteile bedienende Politik der Konservativen. In diesem Klima gedeihen die alten Vorurteile, bietet doch gerade die Finanzkrise neue Argumente für die Einhegung des eigenen Wohlstandes gegenüber dem Existenzdruck der ausgegrenzten Verlierer.

Dabei kann sich Europa nur weiterhin als stabiles Zentrum bewähren, wenn der politische, wirtschaftliche und soziale Unterschied zu den uns umgebenden Ländern nicht noch weiter wächst. Diese Aufgabe für eine zusammenwachsende Welt trägt wesentlich zur Stabilisierung der Lebensverhältnisse diesseits und jenseits von Landesgrenzen bei. Die zynische Note des Terminus „Wirtschaftsflüchtling“ erfährt hierbei eine besondere Bedeutung. Viele osteuropäische Flüchtlinge wurden durch die Europakrise und das ständige Subventionieren von Banken zur Flucht nach vorne getrieben. Hoch riskante Spekulationsgeschäfte verursachten so auch die Schieflage in den Herkunftsländern der Flüchtlinge. Wenn die Instabilität bereits in unseren Breiten die soziale Schere spreizt, ist das Ausmaß in den hilflosen und am Tropf der EU hängenden Staaten wie Griechenland, Ungarn und Rumänien kaum einzuschätzen. Staatliche Sparappelle und Finanzdiktate liefern kaum zu vermittelnde Begründungen für die individuellen Schicksale.

Dabei ist begrifflich die rechtswirksam eingesetzte Unterscheidung der Asylgründe Ausdruck unmenschlichen Klassendenkens. Hat ein Mensch weniger Rechte, wenn seine Interessen wirtschaftlicher Art sind? Ist in einer so kapitalistisch orientierten Ordnung nicht jede existenzielle Not gleichzeitig eine wirtschaftliche? Im selben Maße müssten dann die wirtschaftlich argumentierten Interessen von weltweit operierenden Konzernen hinter die Interessen der jeweiligen Bevölkerung gestellt werden.
Wer seine Heimat, seine Familie und seine Freunde verlässt, tut das nicht wegen eines kleinen wirtschaftlichen Vorteils. Das Grundrecht der Würde wird Menschen so bereits über Grenzen hinweg genommen. Das Normativ dahinter ist rein wirtschaftlicher Natur, denn die Wirtschaftsordnung kennt keine Grenzen. Konzerne sind längst mächtiger als die Regierungen der von der Flucht ihrer Bürger betroffenen Staaten. Die Flucht hin zu wohlhabenden Ländern ist Folge der bereits im Kolonialismus geförderten Abhängigkeit, die sich im Zuge der globalen Marktwirtschaft radikal verschärft hat.

Nicht umsonst prangert die UN die Menschenrechtsverletzungen gegenüber Flüchtlingen in der EU an. Die Verfahrensweise, Asylbewerber in jene Länder zurück zu senden, über die sie das EU Territorium betraten, wird besonders häufig von Deutschland praktiziert und führt dazu, dass gerade in jenen EU Mitgliedsstaaten, die besonders unter den Folgen der EU Finanzkrise leiden,
die abgeschobenen und oft traumatisierten Menschen in humanitär katastrophale Umstände deportiert werden, über Monate ohne Rechtshilfe dahin vegetieren um dann auf die weitere Verbringung zu warten.
Innenminister Friedrich möchte dabei sogar die Visafreiheit von EU Bürgern aus Serbien und Mazedonien kippen und meint damit die Sinti und Roma – Welch Doppelmoral: Am gleichen Tag eröffnet Angela Merkel ein Denkmal für 500.000 im Holocaust umgebrachte Sinti und Roma.

Diese über ganz Europa verteilte Volksgruppe leidet heute besonders unter den paneuropäischen Diskriminierung, deren kulturelles Erbe in allen Teilen Europas liegt. So verzeichnet Amnesty International eine steigende Zahl von Verbrechen gegen Sinti und Roma von Frankreich bis Rumänien.
Das UNCR prangerte erst vor kurzem die Strategie Deutschlands an, Sinti und Roma nach Ungarn zu deportieren, denn die dortigen Asylbehörden sehen Serbien als sicheres Land an und schieben die Flüchtlinge dann ohne jedes weitere Verfahren in den unsicheren Kosovo ab.

Die Situation für im schwebenden Asylverfahren befindliche Menschen in Deutschland ist nicht minder grausam. Kaserniert, von der Gesellschaft abgetrennt, ohne Einkommen und Recht auf Arbeit, ohne Sprachkurse oder Zugang zu Telekommunikation und in Massenunterkünften und Zeltlagern untergebracht, werden diese häufig schwer traumatisierten Menschen noch weiter ausgegrenzt. Die Suizidrate unter den Flüchtlingen ist entsprechend stark angestiegen.

Der Marsch von Würzburg nach Berlin und der folgende Hungerstreik am Pariser Platz mündet in den Höhepunkt der aktuellen Flüchtlingsdebatte. Der plötzliche Wintereinbruch schwächt die Flüchtlinge in Berlin, während die Polizei sogar noch Isomatten und Decken aus Versammlungsrechts-Gründen konfisziert. Der Höhepunkt der Unmenschlichkeit ist längst überschritten.

Deutschlands Wachstum ist seit Jahrhunderten dem technischen und kulturellen Errungenschaften geschuldet, die im Zuge der vielfältigen Völkerwanderungen entstanden. Das Nachkriegsdeutschland hätte ohne die unzähligen Migranten niemals den Wohlstand von heute erarbeitet. Die Vielfalt, die durch das Zusammenleben verschiedenster Kulturen entsteht, ist auch weiterhin Quelle der Wertschöpfung einer global agierenden Gesellschaft. Im selben Masse müssen wir unserer Völkerrechtlichen Verpflichtung nachkommen und verfolgten Menschen eine neue Heimat bieten. Die Europäische Freizügigkeit ist nur ein erster Schritt, denn niemand ist illegal!

CSU Wintereinbruch


…oder drei Affen im Schnee – Seehofer, Dobrindt, Söder und die Pressefreiheit

Wir brauchen gar nicht selbstgerecht zu unseren Nachbarn nach Ungarn oder Russland blicken, wenn es um Pressezensur und Kontrolle der Medien geht. In Bayern ist die Einflussnahme auf die Presse und die Sendeanstalten seit Franz Josef Strauss das betonierte Prinzip der bis ins letzte Glied geschlossenen Staatsbehörden, in deren Mitte der Ministerpräsident wie ein Sonnenkönig regiert. So blickt die CSU auf fast 5 Jahrzehnte Regierung zurück.
Und so wird nicht nur die längst überfällige Informationsfreiheit mit standhaft verlogenen Argumenten blockiert, sondern im Fernsehrat die eigene Geschichts- und Informationspolitik je nach Laune retuschiert.
Bevor Strauß Regent Bayerns wurde, stolperte er im Zuge der Spiegel Affäre aus der Bundesregierung. Der größte Zensurversuch in der jüngsten Geschichte der Bundesrepublik war somit zugleich der Auftakt für langfristige Knebelungen der Presse in Bayern.

„Weichen stellen. Die neuen Gesetze der Medienwelt“ lautete das Motto der Münchener Medientage und der bayerische Ministerpräsident zitierte diese in seinem Grußwort in der umfangreichen Begleitbroschüre. Er wollte den akribisch einstudierten Kurs einer rund erneuerten, progressiven und Technik verliebten Vorzeige-CSU vertiefen. Statt dessen blitzte wieder die schmutzige Fratze der alten Selbstherrlichkeit auf, die man mit so großer Mühe zu vertuschen suchte. Was die CSU unter medienpolitischer Weichenstellung wirklich versteht, lässt durch die Affäre um den Zensurantrag des Pressesprechers Strepp gegenüber der ZDF Nachrichtenredaktion ein ganzes Kartenhaus einstürzen. Diese Anfrage wurde so selbstverständlich und offen formuliert, als hätte es sich um einen Menüwunsch in der Kantine des Landtags gehandelt. Die Androhung von Konsequenzen als Ultima Ratio einer staatlich kontrollierenden Mediendoktrin erscheint gegenüber dem Wunsch, den Parteitag der bayerischen SPD in der Berichterstattung unter den Tisch fallen zu lassen wie die sprichwörtlichen Kanonen gegen Spatzen.

Es mag der geographischen Nähe zu Italien und dem Glanz des dortigen Medienkönigs Berlusconi geschuldet sein, dass in Bayern die öffentlich rechtlichen Anstalten als verlängertes Megaphon des Pressesprechers gelten. Dennoch verwundert die Offenheit Strepps. Bisher wurden sogar im größtenteils kontrollierten Bayerischen Rundfunk die Zensurwünsche subtiler ausgedrückt und die bundesweiten Interessen allenfalls durch die politischen Mitstreiter im Rundfunk- und Fernsehrat und Entscheidungen im Personalkarussel forciert. Allen voran Dobrindt, der als CSU Einpeitscher und Tester für politische Grenzlinien und Propaganda im Fernsehrat mehr als eine fahrlässige Besetzung darstellt.
Die abgewehrten Anträge zur Unabhängigkeit, Staatsfreiheit und Parteiferne der Rundfunkgremien sind in Bayern zahllos und die Verflechtungen von Sendeanstalt und Staatskanzlei legendär. Die Leiterin des Ressorts Landespolitik im Bayerischen Rundfunk, Daniela Philippi zum Beispiel ist seit 2009 Sprecherin der bayerischen Staatsregierung. Der ehemalige Regierungssprecher der Bundesregierung und Chef des Bundespresseamtes Ulrich Wilhelm ist seit 2011 der Intendant des bayerischen Rundfunks.

Laut dem Staatsvertrag für Rundfunk und Telemedien sollen die öffentlich finanzierten Sendeanstalten in den Gremien ARD Rundfunkrat und ZDF Fernsehrat für eine Beteiligung eines gesellschaftlichen Querschnittes an der Ausrichtung des Programms sorgen und den Verwaltungsrat wählen, der über das Innenleben der Anstalten entscheidet. Was sich als bald basisdemokratischer Ansatz liest, wird aber durch die fast ausschließliche Besetzung durch CDU und CSU Mandatsträger ins Gegenteil verkehrt. Die öffentlich-rechtlichen Anstalten und der Rundfunkstaatsvertrag müssen hinsichtlich ihrer Kontrollorgane, der neuen Haushaltsabgabe, aber auch ihrer zukünftigen Funktion und Stellung in einer universellen Informations- und Netzgesellschaft grundlegend reformiert werden.

Die CSU hat so unfreiwillig die Debatte um die GEZ Gebühren und das eigene Demokratieverständnis neu eröffnet und gleich die eigene Dreifaltigkeit unfreiwillig ins Fadenkreuz der Öffentlichkeit geschoben: Neben den Zensurskandalen von Seehofer, Söder und Dobrindt wird wohl so mancher Journalist weitere offenen Rechnungen präsentieren. Plötzlicher Wintereinbruch für die CSU.

Rede zur Aufstellungsversammlung Bundestagskandidaten Bayern

Liebe Freunde,

Ihr stellt heute und Morgen die bayerischen Kandidaten für die Bundestagswahl auf und damit auch die Weichen für den Wahlkampf und den Einzug einer starken Piratenfraktion. Ihr stellt jetzt berechtigte Fragen nach der Kompetenz und Qualifikation der Kandidaten.
Es geht um das persönliche Profil und um die Fähigkeit, Vernunft und Menschlichkeit zu vermitteln.
Inhalte statt Köpfe ist unser Motto, aber nur die halbe Wahrheit – Kopflose Inhalte verblassen im Wahlkampf, werden beliebig. Dagegen elektrisieren Piraten durch ihre Vielfalt, Individualität und Integrität gegenüber den Selbstbedienungspolitikern.
Trotz der aktuell sinkenden Umfragewerte verspreche ich Euch: Sobald die grauen Fratzen der etablierten Parteien von den Wahlplakaten drohen, werden wir mit unserer erfrischenden Vielfalt nach oben schießen.
Wenn Angela Merkel erneut die Hände zum Herz faltet und eigentlich den Käfig für Millionen Bürger meint, die sie vor dem Netz und der Freiheit bei Wasser und Hartz IV abschirmen will.
Ihr Pendant, der Vortragsmillionär und SPD Kanzlerkandidat Peer Steinbrück ähnelt in seiner bräsig-dickhäutigen Ignoranz bereits vor der Wahl einer Reinkarnation von Helmut Kohl.
Die automatenfinanzierte FDP röchelt als Verlierer der eigenen Spielsucht aus dem Jenseits nach Erlösung.
Aus den grünen Träumern von einst sind heute spießige Biomarktgänger und Zeigefingermoralisten geworden. Ihr Symbol, die Sonnenblume, ist jetzt das welke Blätterwerk des politischen Herbstes der einstigen Bürgerbewegung. Es erinnert erschreckend an das Bildnis des Dorian Grey.

Gegen diese traurige Auswahl werden wir punkten, denn die Zeit ist reif.
Noch nie gab es soviel Missfallen der Bürger an der herrschenden Machtordnung aus Intransparenz, Blockade und Resignation.

Das Raubtier Kapitalismus und seine samtäugige Schwester, die soziale Marktwirtschaft sind im Rausch der monetären Selbstüberschätzung der Finanzkrise gescheitert.
Anstatt das wachsende Ungleichgewicht von Reich und Arm zu bekämpfen, wurde das Retten von Banken zum heiligen Gral und der Bürger und seine Rechte zum Bauernopfer. Das System degradiert Menschen zu Teilnehmern einer neuen Neidkultur, in der Fairness keinen Platz hat.
Unsere Gesellschaft ist an einem Punkt angelangt, an dem sämtliche Fragestellungen auf eine Kernfrage zulaufen:
Passt der Mensch überhaupt noch in diese Demokratie?

Ich möchte dies mit meiner piratigen Definition beantworten. Die Kraft der Teilhabe, die uns im World Wide Web sozialisierte, wurzelt tief. Sie durchdringt unsere politischen Konzepte mit einem belebenden Selbstverständnis. Wir sind ursprünglich angetreten, die Möglichkeiten, die im digitalen Wandel liegen in einer neuen Politik zu verdichten.
Gerade die Globalisierung von Wissen und die freie Verfügbarkeit von Informationen und Kultur haben aus dieser Netz Revolution längst einen reißenden Fluß der Ideen für eine neue Demokratie 2.0 gebahnt.
Längst haben sich Bildungkonzepte wie digitale Lernmittelfreiheit und Open Acess heraus geformt. Politische Ausdrucksplattformen wie Open Governance und Liquid Democracy wirken an der Basis der Gesellschaft, die nach Beteiligung hungert.
Sie unterscheiden sich grundlegend von den Bestrebungen nach Einhegung der alten, neoliberalen Welt. Wenn Handelsabkommen wie ACTA, CETA und TPP hinter verschlossenen Türen die Verschärfung der Rechtsdurchsetzung für Marken, Patent und UrhRechte fordern, werden Gemeingüter eingehegt. Ausgegrenzt werden jene, die sich lebensnotwendige Medikamente in den Schwellenländern nicht leisten können.
Dabei haben wir Piraten längst begriffen, dass eine Welt, die so sehr an die natürlichen Grenzen ihres quantitativen Wachstums geraten ist, nur überleben kann, wenn sie gemeinschaftlich die Vielfalt aller geistigen und physischen Ressourcen nutzt. Konzepte wie Crowdinvesting, Crowdsourcing oder kollaborativer Konsum sind die ersten Triebe einer umfassenden Neugestaltung hin zu einer Gesellschaft der Partizipation.

Wir Piraten umschreiben dieses Prinzip zärtlich als „Sharing is Caring“, das ausgehend von der digitalen Almende alle Bereiche des Lebens beflügeln kann.
Wir setzen auf die Idee, dass soziale Wesen, die man frei und ohne Verpflichtung Teil haben lässt, ihrerseits die Gesellschaft inspirieren und zur qualitativen Wertschöpfung beitragen.
Dieses Menschenbild sieht in den individuellen Stärken und Schwächen aller die große Chance.

Diese menschliche Komponente beseelt unser gesamtes Programm auf der Meta Ebene. Sie hat von den einstmals rein digitalen Kernthemen aus eine Kaskade der Erneuerung ausgelöst. Ihre Botschaft reicht dabei weit über das hinaus, was andere Parteien anzubieten haben.
Wir sind die Bewegung der Partizipation, der Vernunft, der Freiheit und der Menschlichkeit und damit die Antwort an die so tiefgreifende Krise der Demokratie.

Ich möchte diese Botschaft in die verbitterte und verkrampfte Bundesrepublik tragen und bitte Euch mir dafür Eure Stimme zu geben.

Meine Expertise und Leidenschaft habe ich im Urheberrecht unter Beweis stellen dürfen.

Ich habe aber auch in vielen anderen Politikfeldern zwischen Ökologie und Sozialem meine Kompetenz unter Beweis gestellt. Mein 10 Punkteplan für ein Transparenzregister akkreditierter Lobbyisten schlägt in die Kerbe eines gläsernen Parlamentarismus und transparenter Abgeordneter.
Darüber hinaus bin ich lernfähig, offen, ein Teamplayer und Kommunikator.

Ich verspreche euch genauso zu kämpfen wie ich das gegen Acta, gegen das Lsr, die GEMA Tarifreform, auf vielen Demos, Podien und Kundgebungen getan habe.

Ich verspreche euch, unsere Gemeinsamkeiten, unsere Stärke, unsere Gesellschaftliche Revolution in die Herzen der Menschen und in den Bundestag zu tragen.

Ich verspreche euch, daran zu arbeiten, die Reihen gegen den Sturm der Etablierten zu schließen damit wir gemeinsam unsere Demokratie beflügeln können.

Ich werde Euch nicht enttäuschen und immer an der Basis lauschen, denn hier ist der Ursprung unseres gesellschaftlichen Wandels.

Dankeschön.

Die Freiheit der Wahl

Ich nehme keine Drogen, möchte aber die Freiheit, selbst darüber zu entscheiden. Den Konsum von sogenannten illegalen Drogen zu kriminalisieren, bewirkt darüber hinaus das Gegenteil, denn statt einen verantwortungsvollen Umgang mit Drogen zu vermitteln, treibt die Illegalisierung Konsumenten auf einen Schwarzmarkt, der keinerlei Verbraucherschutz hinsichtlich der Qualität der konsumierten Drogen gewährleistet. Dabei werden mündige Bürger doppelt bestraft: Das Risiko für die eigene Gesundheit mangels qualitativer Prüfung und die gesellschaftliche Ausgrenzung von Konsumenten illegaler Drogen führt zur gefährlichen Grauzone, während der leichtfertige und verharmlosende Umgang mit der legalen Droge Alkohol Menschen in die Abhängigkeit treibt. Die Unterscheidung zwischen illegal und legal stellt sich somit als unbrauchbare Trennlinie dar. Sie beruht einzig und allein auf gesellschaftlichen Vorbehalten. Drogen müssen nach ihrer Gefährlichkeit hinsichtlich der körperlichen und psychischen Abhängigkeit bewertet werden. Illegalisierung stärkt dabei auch die Beschaffungskriminalität, denn abhängige Konsumenten können ihre Droge nur auf dem Schwarzmarkt erhalten, dessen Preise häufig mit der individuellen Schwere der Sucht steigen. Natürlich gilt es Jugendliche vor Drogen zu schützen – doch hier wird z.B. die Alkoholprävention sehr lax geregelt, dagegen der Besitz kleinster Mengen von cannabinolhaltigen Drogen restriktiv geahndet. Dabei gilt es, Jugendliche Vorurteilsfrei aufzuklären und einen verantwortungsvollen Umgang mit Drogen zu vermitteln.

Die restriktive Drogenpolitik in Europa stärkt die weltweiten Drogenkartelle und ihre menschenverachtenden Vertriebswege, da die Preise auf dem Schwarzmarkt mit den wachsenden Fahndungserfolgen proportional steigen. Dabei existiert im Schatten der Legalität eine Armee der erwerbstätig Abhängigen, die keinerlei Möglichkeiten haben, sich gegen die rücksichtslosen Arbeitsbedingungen der Kartelle zu wehren. Zwischen den Kartellen und den Gesetzesvertretern schwelt der Drogenkrieg, der jährlich Abertausende von Toten fordert. Der Nachschub von billigen Arbeitskräften macht die Opfer im Drogenmilieu zu einem kalkulierten Kollateralschaden. Die astronomischen Gewinne der Kartelle schwächen gleichzeitig demokratische Strukturen in den Schwellenländern durch Korruption und staatlicher Schattenbeteiligung an der Produktion.

Die kurzfristige Legalisierung weicher Drogen wie Cannabis in Deutschland, sowie die kontrollierte und qualitätssichernde Abgabe durch geeignete Stellen ist der erste Schritt zu einer Entkrampfung der Drogenproblematik. Statt Kriminalisierung brauchen wir eine offene
Diskussion über die Funktion von Drogen in unserer Gesellschaft. Das sogenannte „Recht auf Rausch“ braucht eine kulturelle Verankerung. Die jahrzehntelange Stigmatisierung führt einerseits zu einer gefährlichen Enthemmung im Konsum – siehe Komasaufen – und andererseits der Angst vor Kontrollverlust und Reflektion. Stichwort Psychohygiene und Therapie. Das Vermitteln eines verantwortungsvollen Drogenkonsums ist somit die begleitende Kernaufgabe einer besseren Drogenpolitik.

Die repressive Prohibition und die Unterscheidung zwischen legalen und illegalen Drogen haben sich als Irrweg erwiesen. Die Statistik der Drogentoten beweist, dass gerade die Pilotprojekte einer verantwortungsvollen, die Drogenabhängigen unterstützenden Politik, zu einem unmittelbaren Rückgang der Drogentoten führt. Die Reinstallierung repressiver Kontrollpolitik dagegen, führt zu einem unmittelbaren Anstieg. Darüber hinaus muss auch die Strafverfolgung neu geregelt werden, denn Drogendelikte sind opferlose Straftaten, deren Verfolgung nur durch ein aktives Kontrollieren und eine entsprechende Leitlinienpolitik geregelt ist. Hier gilt es, die Polizei und
Strafverfolgungsorgane umfassend zu schulen und neue Leitlinien zu etablieren.

Das GEMA Elend: Wehrt Euch endlich


Als 1903 der Gema-Vorgänger Afma von den berühmten Komponisten Engelbert Humperdinck, Georg Schumann und Richard Strauss aus der Taufe gehoben wurde, war die Intention ehrenwerter Natur. Niemand wollte es den Komponisten verwehren, Gewinnbeteiligungen für die Aufführung ihrer Werke zu fordern. So kannte die Zeitrechnung vor Schellack und Volksempfänger nur den Verkauf von Musiknoten als Geschäftsmodell für Kompositionen.

Der Notendruck mag sicher einträglicher gewesen sein als heutzutage, nicht zuletzt, weil häusliche Konzertaufführungen des Bürgertums hoch im Kurs standen. Doch verglichen mit dem Publikumserfolg der großen Musikbühnen, auf denen Humperdincks Opern und Singspiele höchst erfolgreich waren, fielen diese Lizenzen eher gering aus. Mit der Forderung der Komponisten nach einem Zins der Eintrittsgelder zur Vergütung ihrer urheberischen Leistung begann die grundlegende Verbindung des Urheber- und des Wahrnehmungsrechtes.

Heute kennt die lückenlose, nach Sparten getrennte Auswertung sämtlicher Nutzungsarten keine Grenzen. Es fallen Gema-Gebühren im Rundfunk, Fernsehen und Kino, bei der Herstellung von Tonträgern, der digitalen Distribution, bei Livekonzerten, für die Privatkopie und die Vermietung, im Kino und in der Sexkabine, auf Trauungen und Beerdigungen, für jeden USB-Stick, für Smartphone, Computer, Drucker, Scanner und jede nur denkbare Musiknutzung an.
Noch nie mehr Geld gesammelt

Würde man das stetige Wachstum der Gema-Umsätze als Indikator für die Musikbranche heranziehen – im Jahre 2000 waren es 801 Millionen Euro, 2010 gar 863 Millionen Euro -, müsste man nicht nur die Musikindustrie Lügen strafen, sondern auch ihrem ständigen Wehklagen und Getöse um Kontrolle und Sanktionen von Kopien eine überzogene Selbstinszenierung attestieren. Dennoch: Noch nie wurde im Namen der Urheber und ihrer Rechte mehr Geld von der Gema eingesammelt als heute.

Doch halt – die Verwerter selbst sollten der Ursprungsidee nach weder an den Urheberrechtstantiemen noch an den verwandten Schutzrechten, kurz Leistungsschutzrecht – beteiligt werden. Diese werden von der GVL (Gesellschaft für Vervielfältigungs- und Leistungsschutzrechte) erhoben und kommissarisch von der Gema eingesammelt. In der Tat hat sich so jede Berufsgruppe der Kreativindustrie im Laufe der Zeit selbst ein Stück der allumfassenden Verwertungserlöse gesichert. Besonders die Verleger haben als eigene Berufsgruppe innerhalb der Gema klammheimlich die Satzung und Verteilungsstrukturen mitbestimmt.
„Musik ist uns etwas wert“

Jene Verleger, denen einst nur die Vermarktung von Musiknoten oblag, haben sich ein lukratives Tätigkeitsfeld zwischen Repertoirepflege, Talentscouting, Promotion und Gewinnmaximierung eröffnet. Sie lassen sich das häufig mit fürstlichen vierzig Prozent der Gema-Einnahmen honorieren und verdienen dabei mehr als der einzelne Komponist. Das Motto der Gema, „Musik ist uns etwas wert“, bekommt eine bittere Note, denn die Höhe der Einnahmen eines „ordentlichen“ Verlegers verleihen ihm durchaus ein überragendes Stimmgewicht gegenüber dem „angeschlossenen“ Urheber, der am Rande des Prekariats seine Songs komponiert und dichtet.

Der besagte Verlagskaufmann gehört damit nur wegen seiner höheren Umsätze zu jener Minderheit der fünf Prozent „ordentlichen“ Mitglieder, die in nichtöffentlichen Sitzungen die Gema von innen regieren, ihre Satzung verändern, Verteilungsschlüssel bestimmen und sich neue Tarife für neue Nutzungsarten ausdenken.

Das Urheberrechtswahrnehmungsgesetz (UrhWG) erlaubt der Gema, jederzeit Tarife für verschiedene Nutzungsarten zu novellieren. Im Falle einer Ablehnung durch den Musiknutzer – Konzertveranstalter, Diskothekenbesitzer, Hersteller von Geräten – wird eine Einigung vor dem Schiedsgericht des Patent- und Markenamts verhandelt. In der Zwischenzeit ist der Musiknutzer verpflichtet, die Differenz zwischen dem neuen und alten Tarif auf einem Konto zugunsten der Gema zu hinterlegen. Schiedsgerichtliche Einigungen führen häufig über Jahre durch den Irrgarten der Instanzen. Die Beträge addieren sich zu gigantischen Summen und bedeuten für den im Vergleich zur Gema wirtschaftlich meistens unterlegenen Musiknutzer unkalkulierbare Mehrausgaben.
Kosumenten suchen neue Anbieter

Dieses Prozedere ist auch wesentlich für die verspätete Einführung neuer digitaler Geschäftsmodelle verantwortlich, denn die Gema forderte jahrelang Tarife für den Handel mit MP3s, die denen von physischen Tonträgern entsprachen. Für die Preisgestaltung digitaler Angebote unrentabel, wurde somit der Einzug eines revolutionären Musikangebotes in den Neunzigern verhindert und dem Monopolisten Apple danach der Markt überlassen.

Der damalige Gema-Präsident Reinhold Kreile kämpfte in der digitalen Domäne seinen „Kampf gegen unsinnigen Wettbewerb“, während die junge Generation der „digital natives“ in den lizenzfreien, zumeist ausländischen Hostingangeboten ihre musikalische Kinderstube verbrachte. Auch heute treibt die nicht endenwollende Schlacht zwischen Youtube und Gema die Konsumenten zu neuen Anbietern und schadet dabei auch jener Urheberschaft, die in Youtube ein modernes Gratiswerbemedium gefunden hat.
Mehr Anmeldungen, mehr Gebühren

Nischenkultur und ihre Aufgliederung in Subgenres hat in den letzten zwei Jahrzehnten zu einer wachsenden Vielfalt geführt, in der ein Urheber nominell einen mikroskopischen Anteil des Musikmarkts ausmacht. Aus konventioneller Sicht erscheinen seine Werke unrentabel, in der Summe aller Künstler in allen Nischen haben sie die Gesamtumsätze der Mainstreammärkte längst eingeholt. Diesen Effekt beschrieb 2004 der damalige „Wired“-Chefredakteur Chris Anderson in seinem Buch „The Long Tail“ als Chance der Kulturgütermärkte mit dem „Less of More“. Bereits in den frühen Neunzigern löste die simultane Demokratisierung von günstigen Produktionsmitteln und offenen Vertriebswegen einen Goldrausch der kleinen Konzertagenturen und Plattenfirmen aus und damit auch den Boom der Independent- und Alternativkultur.

Die Zahl der selbstorganisierten Konzertveranstaltungen stieg und damit die Anmeldungen von Konzerten bei der Gema, die eine dem Eintrittspreis und der Raumgröße entsprechende Gebühr für die Nutzung der von ihren Mitgliedern komponierten Titel berechnet. Ein Gema-Formular zur freiwilligen Dokumentation des aufgeführten Repertoires steht den Interpreten zwar zur Verfügung, wird aber sehr häufig von den Veranstaltern gar nicht bei der Gema eingereicht. Die Gema fordert diese Musikfolgen ihrerseits weder aktiv bei den auftretenden Bands noch bei den Veranstaltern ein.
Nur Bruchteile der Erlöse

In den Neunzigern hatte die Gema das Pro-Verteilungsverfahren unter Reinhold Kreile eingeführt. Dieses Umverteilungsmodell maß den Standardwerken und Gassenhauern der „ordentlichen“ Mitglieder besonderes Gewicht zu. Es verlieh zusätzliche regionale Wertungspunkte für die häufigere Aufführung, die dann durch Multiplikation einen ungerechtfertigt höheren Anteil der eingesammelten Gelder für die Inhaber dieser Werke garantierten. Kleine Independent-Bands mit eigenem Repertoire, die häufig als Veranstalter auch die Gema-Gebühr bezahlen mussten, bekamen durch das Pro-Verfahren nur Bruchteile der ihnen zustehenden Erlöse und der selbst bezahlten Beträge vergütet.

Trotz stetigen Protests von Musikerverbänden und Petenten vor dem Bundestag wurde dieser Abrechnungsschlüssel erst auf der diesjährigen Mitgliederversammlung durch ein neues Abrechnungsverfahren ersetzt, das den Beweis einer höheren Verteilungsgerechtigkeit in der nächsten Abrechnungsperiode antreten kann.

Bis heute bestreitet die Gema die technische Machbarkeit einer Einzelverrechnung in Diskotheken, obwohl es mit Shazam und DJ-Monitor Lösungsansätze für eine lückenlose Dokumentation der aufgeführten Musiktitel gibt. Bis vor kurzem verteilte die Gema alle Einnahmen aus Diskotheken, Kneipen, Hotels, Stadtfesten und Vereinen nach einem Schlüssel, der die Anzahl hergestellter Tonträger heranzog, und enteignete damit im Handstreich die Komponisten von Szenemusik, die selten außerhalb von Clubs wahrgenommen werden.
Willkür beim Verteilen der Gelder

Erst der stetige Druck einflussreicher „ordentlicher“ Clubmusik-Komponisten führte zu der Einführung eines Stichprobensystems, welches die gespielten Titel in die Verteilung einfließen lässt. Die hierzu getarnt installierte Black-Box zeichnetde Woche gerade mal eine einstündige Stichprobe auf, die dann durch Media Control zur statistischen Berechnung der Verteilung aller Gelder herangezogen wird. Zu einer fairen Honorierung führt dieses Verfahren nicht. Damit nicht genug: Die Nutzung von Musik auf Stadtfesten, in Vereinen und Märkten wird überhaupt nicht protokolliert. Die Verteilung dieser Gelder ist Willkür.

Der letzte Höhepunkt im Gema-Tarifpoker für Clubs, Diskotheken, Musikkneipen, Stadtfeste und Märkte sollte eine Tariflinearisierung mit sich bringen, die aber gerade durch die massiven Aufschläge auf die Basistarife die Clubkultur und das Vereinsleben existenziell bedrohen. Sowohl die Flächenberechnung als auch die Vervielfältigungs- und Zeitzuschläge entbehren jeder Nachvollziehbarkeit und dokumentieren die mangelhafte Beschäftigung der Gema mit den Realitäten der Clubkultur. Diese Zuschläge führen teilweise zu vierstelligen prozentualen Erhöhungen der bisher gültigen Tarife.
Keine Pseudonyme

Ein Relikt, das die Gema ständig zur Gewinnmaximierung missbraucht, ist die Gema-Vermutung. Diese Regelung aus dem UrhWG mag in Zeiten weniger Content- Oligopole als probates Mittel zur unkomplizierten Berechnung von Lizenz-Abgaben gedient haben. Angesichts aufgegliederter Märkte mit freien und alternativen Lizenzmodellen erwirtschaftet die Gema mit Hilfe dieser Vermutung Gebühren, die ihr nicht zustehen. Sobald Musiknutzer gemafreies Repertoire anmelden, müssen sie für jeden einzelnen Titel die Nichtmitgliedschaft des Songtexters und des Komponisten nachweisen.

Nicht selten erklärt die Gema die so gemeldeten Titel wegen Namensgleichheit trotzdem als zahlungspflichtiges Repertoire und fordert dann die Angabe der Adresse der Autoren. Pseudonyme akzeptiert die Gema von vornherein nicht, da sich hinter der Anonymisierung ein Gema-Mitglied verstecken könnte – so die Gema-Vermutung. Wer dann als politisch verfolgter Künstler in Deutschland nur unter Pseudonym reüssiert, wird von der Gema doppelt bestraft, denn er oder seine Plattenfirma müssen dann unweigerlich bezahlen.

Häufig zahlen Plattenfirmen und Veranstalter die von der Gema veranschlagten Gebühren sogar ungeprüft, denn der Aufwand für das Recherchieren aller genutzten Titel ist kompliziert.
Kein Unterschied zwischen privater und geschäftlicher Nutzung

In der gerade in Revision gegangenen Gerichtsverhandlung zwischen der Gema und den Machern einer Creative-Commons-CD-Compilation ließen es die beteiligten Musikpiraten darauf ankommen. Sie verweigerten die von der Gema geforderte Bezahlung einer Lizenz für einen pseudonymen Urheber. Da dieser unter Creative-Commons-Lizenz veröffentlicht, beansprucht er auch, kein Gema-Mitglied zu sein. Das akzeptiert die Gema nicht und fordert eine letztinstanzliche Prüfung. Sorge, die so einträgliche Gema-Vermutung zu verlieren, hat man offenbar nicht und verlässt sich dabei auf das Urheberrechtswahrnehmungsgesetz.

Bisher versteckte sich die Gema hinter dem semidemokratischen Votum ihrer wenigen stimmberechtigten, „ordentlichen“ Mitglieder und überging dabei auch europäische Leitlinien wie zuletzt das Padawan-Urteil. Es hält die Verwertungsgesellschaften dazu an, bei der Leermedienabgabe zwischen privater und geschäftlicher Nutzung zu unterscheiden. Wer einen PC für sein Unternehmen kauft, zahlt bisher die gleichen Abgaben für die gesetzliche Privatkopie wie ein privater Nutzer, der diesen sicher häufiger zum Kopieren von Musik verwendet. Die ZPÜ vertritt hierfür die Rechte der Gema und hat die Tarife für USB-Sticks und Flashmedien ab 1.Juli um über 1500 Prozent angehoben. Studien, die von der ZPÜ in Auftrag gegeben wurden, werden als Begründung für die Erhöhung angeführt, aber gleichzeitig der Öffentlichkeit vorenthalten.
Grundlegende Reformfähigkeit?

Ihre Verwaltung lässt sich die Gema gut bezahlen, denn fünfzehn Prozent der eingesammelten Beträge – das waren im Jahr 2011 120 Millionen Euro – werden großzügig auf Altersversorgung, Sozial- und Rentenfonds, fürstliche Bezüge für Vorstände und eine repräsentative Infrastruktur verteilt. Dabei gibt sich die Gema wenig auskunftsfreudig. Gerade die Verteilung für soziale Härtefälle und Förderungen wird nach kaum nachvollziehbaren Kriterien entschieden, die Bestimmungen hierfür sind in der Satzung nur wolkig formuliert.

So stellt sich die Frage nach der grundlegenden Reformfähigkeit der Gema. Gerade die zunehmend trägerlose Vermittlung diversifizierter Angebote zwischen Nische und Massenmarkt verlangt von Verwertungsgesellschaften ein Umdenken. Wahrscheinlich erst die Kombination aus Novellierung des Urheberrechtswahrnehmungsgesetzes und der Neuausrichtung der Verwertungsgesellschaften kann den Auftrag der Verteilung im Großen und Kleinen demokratisch und transparent bewältigen.
Die eigene Stimme

Neben den vielen vereinsrechtlichen Fragen zur Verteilungsgerechtigkeit und der Forderung nach einem jährlichen Transparenzreport gilt es neben den kaum nachvollziehbaren Tarif- und Verteilschlüsseln auch die Harmonisierung innerhalb Europas voranzutreiben. Vielleicht hilft dabei auch ein Wettbewerb unter Verwertungsgesellschaften. Vielversprechende Neugründungen wie die C3S, die sich der Creative-Commons-Lizenzen annehmen möchte, wecken Hoffnungen in dieser Hinsicht.

Wer an die große Chance einer Reform nicht glaubt, die sich nun im Widerhall der immer lauter werdenden Proteste eröffnet, sei daran erinnert, dass alle Medienmonopole im Zuge technologischer und gesellschaftlicher Entwicklungen hinterfragt und manchmal auch mit der Kraft des Gesetzes zerschlagen wurden. Wer hätte sich in den Siebzigern vorstellen können, dass eines Tages das Post- und Telekommunikationsmonopol fallen würde? Dabei sind es nicht nur die Mittel des Gesetzgebers und die Proteste der Musiknutzer und Fans, die Bewegung in die veralteten Verwertungsstrukturen bringen können. Alle musikalischen Urheber, ob Gema-Mitglied oder nicht, müssen ihre eigene Stimme im Streit um die Urheberlizenzen zu Gehör bringen. Wer nicht an die eigene Macht glaubt, lasse es sich noch einmal sagen: Es waren auch im Jahre 1903 die Komponisten, die Verteilungsgerechtigkeit einforderten.

Kommunalpiraten fordern Transparenz


Liebe Piraten und Freunde der Informationsfreiheit,

Transparenz fängt in der Kommune an. Gerade hier bei uns in den kleinen Gemeinden werden Gelder und Aufträge vergeben, Räume erschlossen und politische Weichenstellungen für die Zukunft der ländlichen Region entschieden. All das passiert in den Sitzungen auf den Gemeinden. Die meisten Bürger gehen ihren beruflichen Verpflichtungen nach, wenn diese Entscheidungen getroffen werden und erfahren höchstens über die Zeitung einen begrenzten Ausschnitt des wirklichen Geschehens in der Gemeinde.

Hier sind “Kommunalpiraten” gefragt, denn wir glauben, dass das Streaming und/oder die Aufzeichnung dieser Sitzungen Entscheidungen nicht nur transparenter und nachvollziehbarer macht, sondern sogar zum Positiven verändert. Das ist auch ein Schritt zu breiterer Bürgerbeteiligung, denn vielleicht schaut dann der ein oder andere Landwirt doch lieber “Gemeinde TV” statt Vorabendsoap und bemerkt, dass so manche Entscheidung über seinen Kopf hinweg getroffen wird.

Die Informationsfreiheit und die Transparenzsatzung sind dabei wichtige Schritte, die es neben den klassischen Parlamenten Bezirkstag, Landtag, Bundestag und Bundesrat auch im Kommunalen zu verwirklichen gilt.

Deshalb die Bitte an alle Bayerischen Piraten und Freude der Informationsfreiheit in kleinen und großen Gemeinden: Wir haben ein Tool entwickelt, mit dem ihr ein Formschreiben an Euren (Ober-) Bürgermeister bereits fertig adressiert, ausdrucken könnt. http://www.pivos.de/streaming/streaming.cgi

Ich für meinen Teil, hab das bereits für meine kleine Gemeinde Wirsberg ausgedruckt.

Macht mit und helft Licht ins Dunkel zu bringen,

Euer Bruno Kramm
Politischer Geschäftsführer des bayerischen Landesverbandes der Piratenpartei

LSR: Das war erst der Anfang…

(…vom langsamen Ende des LSR, denn es geht weiter!)

Liebe Piraten,
liebe Freunde,

die rund ersten vier Wochen unserer Anti-LSR-Kampagne liegen hinter uns und auch wenn wir trotz aller Anstrengungen die 50.000 Mitzeichner für unsere ePetition nicht erreicht haben, möchten wir uns bei Euch bedanken: Bei allen, die mitgezeichnet haben, die ihre Follower bei Twitter tagelang mit RTs genervt haben und auf allen Social Networks digital trommelten, im Vordergrund und im Hintergrund unterstützt haben. Bei allen, die geschrieben und verbreitet und damit geholfen haben, für das Thema LSR zu sensibilisieren. Vor allem bedanken wir uns bei den Kritikern, die uns Optimierungsvorschläge unterbreitet und buntes Feedback gegeben haben.
Wir haben in vielen Gesprächen schon Auskunft erteilt und wollen auf die wesentlichen Inhalte hier noch einmal komprimiert eingehen:

1. Der ePetitionstext

Die Begründung war viel zu sachlich formuliert – das aber aus gutem Grunde, denn als wir die Petition einreichten, war uns klar, dass ein weiterer Referentenentwurf erscheinen würde. Da wir den Inhalt und die Formulierung dieses Entwurfs nicht voraus sehen konnten, mussten wir einen Begründungstext entwerfen, der auch größeren Veränderungen Stand gehalten hätte. Die Kritik einiger Blogger, unser Text sei schlecht formuliert, ist insofern nur die halbe Wahrheit. Die Ablehnung unserer Begründung aus formal juristischen Gründen heraus ist jedoch falsch, denn unsere Begründung war auch für den dritten, nicht vorhersehbaren Entwurf der Bundesregierung stichhaltig. Wir verstehen jedoch die öffentliche Kritik, dass uns der Text nicht besonders gut gelungen ist.

2. Die Begründung: verfassungswidrig?!

Zu den von uns genannten Artikel 3, 5 und 19 des Grundgesetzes, gegen die das LSR unter Umständen verstoßen könnten, hagelte es mindestens genau so viele Rückfragen wie Kritik zum Begründungstext. Wir haben in einer Diskussion auf der Petitionsseite bereits am 14. September klargestellt, dass diese Zweifel nicht unserer Phantasie entspringen, sondern auf in unseren Augen seriösen juristischen Einschätzungen basieren (http://ow.ly/egUhX) und tun es auch hier gern noch einmal in Kurzform:
Verstoß gegen Artikel 3: Thomas Stadler, Fachanwalt unter anderem für IT-Recht, hat in seinem Blog “Internet-Law” diese Einschätzung des Göttinger Hochschulprofessors Gerald Spindler mitgeteilt: http://ow.ly/egUq1
Verstoß gegen Artikel 5: Der Wirtschaftsrechtler Niko Härting hat sich in der Zeitschrift Kommunikation & Recht (4/2012) dazu geäußert, wie das Portal IGEL am 10. April 2012 schrieb: http://ow.ly/egUwa
Verstoß gegen Artikel 19: Rechtsanwalt Jan Mönikes beurteilt in seinem Blog am 27. Juli 2012 den zweiten Referentenentwurf (auf dessen Basis auch die ePetition entstand, wir haben später nicht mehr mit diesem Artikel argumentiert) und stellt in Aussicht, der Entwurf könnte als Einzelfallgesetz interpretiert werden: http://ow.ly/egUBZ

3. Die Einzelaktion der Piratenpartei

Tja, und hier wird es knifflig: Hierzu müssen wir zunächst erklären, dass die Kampagne gegen das LSR bei den PIRATEN mehrere Stufen genommen hat. Begonnen hat alles in Hamburg und zwar tatsächlich als Bündnisidee. Bereits im Juni hat Nina Kontakt zu anderen Parteien und netzpolitischen NGOs aufgenommen und sich bemüht, ein Bündnis auf die Beine zu stellen. Leider vergeblich. Nachdem einige Wochen lang nichts geschah und keine Partner sich anschließen wollten, entschlossen wir uns nach diversen internen Gesprächen, allein weiter zu machen – denn die andere Option, mangels Bündnis selber auch nicht aktiv zu werden, schien uns untragbar und unerträglich. Zu diesem Zeitpunkt, an dem wir die Kampagne planten und die ePetition einreichten, lag der zweite Referentenentwurf vor, also der Entwurf, der auch Bloggern das Leben zur Hölle gemacht hätte. Außerdem wurden wir bereits gefragt, warum denn niemand etwas tut und ob die Piraten denn nicht mal etwas gegen das LSR unternehmen wollen… da wir (noch) nicht im Bundestag vertreten sind, bleiben uns nicht viele Möglichkeiten, das Parlament zu beeinflussen: Also entschieden wir uns für die ePetition als eine von mehreren Maßnahmen im Rahmen dieser Kampagne. Bruno hat sie auf ausdrücklichen Wunsch von Nina in Rücksprache mit unserem BuVo eingereicht. Es gab zu keinem Zeitpunkt uns bekannte andere Maßnahmen oder Aktionen von anderen Parteien oder NGOs, die wir damit gestört haben. Wir waren die einzigen, die aktiv an einer Kampagne gearbeitet haben.
Folgende Schlüsse ziehen wir für zukünftige Kampagnen:

    Bildet Teams von Menschen, die sich mit der Sache, Campaigning und Öffentlichkeitsarbeit auskennen

    Orientiert Euch an anderen Kampagnen: Was lief gut, was nicht und warum?

    Stellt realistische Zeitpläne auf und baut Puffertage ein: Wir sind alle ehrenamtlich, es kann immer etwas dazwischen kommen

    Verteilt klare Aufgaben und Verantwortungsbereiche

    Trefft Euch regelmäßig im Kampagnenteam, real oder im Mumble – mindestens einmal pro Woche

    Bindet rechtzeitig Unterstützer ein: Wir als PIRATEN sind für viele eine unangenehme Konkurrenz und auch wenn unsere Sache noch so gut ist, wird sie unter Umständen torpediert

Rückblickend sind wir trotz allem froh, aktiv geworden zu sein: das Thema LSR hat an Fahrt aufgenommen, viele Diskussionen erzeugt und breite Aufmerksamkeit geschaffen. Wir danken jedem einzelnen der 21.366 Mitzeichner (insbesondere unseren Netzberühmtheiten für den Support in der letzten Petitionswoche!) und werden in den kommenden Wochen weiterhin den Verlauf des LSR beobachten, über das Thema informieren und im Rahmen unserer eingeschränkten Möglichkeiten dagegen kämpfen. Dabei hoffen wir auch, dass sich mittelfristig griffigere Erklärungen für das in der Öffentlichkeit schwer zu vermittelnde Thema Leistungsschutzrecht finden werden.
Wir sind dabei für jede Unterstützung, ob real oder mental, offen und dankbar. Gemeinsam und miteinander sind wir immer stärker als allein und gegeneinander. Wir PIRATEN kämpfen nicht für uns – sondern für die Sache.

Nina Galla & Bruno Kramm

Zehn-Punkte-Plan gegen unkontrollierten Lobbyismus in den Parlamenten

1. Akkreditierte Lobbyisten in den Parlamenten
Einführung des Status des „akkreditierten Lobbyisten in den Parlamenten“, der natürlichen und juristischen Personen gewährt wird und zu beantragen ist.
Bedingungen der Akkreditierung:

    Listung im Lobby- und Transparenzregister des jeweiligen Parlamentes

    Unterzeichnung eines vom Parlament akzeptierten Verhaltenskodex für Lobbyisten

Besondere Interventionsmöglichkeiten gegenüber parlamentarischen Prozessen sind mit der Akkreditierung verbunden und stehen den akkreditierten Lobbyisten zur Verfügung:

    Hausausweis für das jeweilige Parlament nur für akkreditierte Lobbyisten

    Bei parlamentarischen Anhörungen wird der eingeladene Kreis auf akkreditierte Lobbyisten und die von ihnen benannten Vertreter, Sachverständige und Beauftragte beschränkt

    Entsprechend ihrem akkreditierten Interessengebiet haben die akkreditierten Lobbyisten Anspruch auf die Aufnahme ihrer fristgerecht eingereichten Stellungnahme, Gutachten und Positionspapiere zu Gesetzesvorhaben oder Gesetzgebungsverfahren.

    Fachausschüsse sind verpflichtet, die von akkreditierten Lobbyisten eingereichten Schriftstücke zu prüfen, dokumentieren und öffentlich zugänglich zu speichern.

    Ablehnungen von Anliegen akkreditierter Lobbyisten müssen durch die entsprechenden Ausschüsse begründet und dokumentiert werden.

    Kontaktaufnahme mit Fraktionen und Abgeordneten berechtigt die akkreditierten Lobbyisten zum umfassenden gegenseitigen Informationsaustausch.

2. Transparenzregistrierung für akkreditierte Lobbyisten
Statt der bisherigen Verbändeliste wird ein umfassendes Lobbyistenregister eingeführt, das sämtliche Informationen zu akkreditierten Lobbyisten zusammenfasst. Jegliche Form von Interessenvertretung gegenüber Politik und demokratischen Institutionen der beteiligten Akteure, juristischen und natürlichen Personen, die für sich oder Dritte, unabhängig oder im Auftrag, gegen Entgelt oder unentgeltlich agieren, wird erfasst. Darunter fallen insbesondere aber nicht ausschließlich: Verbände, Gewerkschaften, PR-Agenturen, zivilgesellschaftliche, Nichtregierungs- und Nonprofit-Organisationen, Unternehmen, Kanzleien und Thinktanks.

Die Registrierung umfasst:

    Name, Hauptsitz, Anschrift

    Name, Anschrift und Vertretung am Sitz des Parlamentes und seiner jeweiligen Regierung

    Telefon, Fax, Email, Webseite

    Vertretungsberechtigte Beauftragte und Repräsentanten mit Foto

    Zusammensetzung von Vorstand und Geschäftsführung

    Mitgliederzahl, Beschäftigte

    Ziele nach Gesellschafterverträgen, Satzungen

    Interessenbereiche,Tätigkeitsfelder

    Referenzliste der bisherigen Auftraggeber

    Externe Dienstleister

    Umsätze, Versteuerte Einkommen, Gewinne, Einnahmen, Spenden, Mitgliederbeiträge – soweit sich deren öffentliche Angaben aus der Rechtsform ergeben und sie an anderer Stelle veröffentlicht werden müssen

Diese Registrierung resultiert im Status des „akkreditierten Lobbyisten“. Solange die Ziele des Beantragenden mit dem Grundgesetz vereinbar sind und nachweislich als Interessenvertretung eindeutig identifizierbarer Organisationen und Personen mit gesellschaftlicher Relevanz gelten, besteht der Anspruch auf Registrierung. Diese Relevanz wird durch objektive Kriterien bestimmt:

    Bei Organisationen anhand einer Mitgliederanzahl. Bei Unternehmen mittels Beschäftigtenanzahl, Steuerleistung und Umsatz. Bei einzelnen Vertretern durch die entsprechenden Zahlen ihrer Klienten.

    Jährliche Aktualisierungen sind die Voraussetzung für eine Verlängerung des Status und entscheiden über den Zugang zur Politik.

    Bei falschen oder unvollständigen Angaben erlischt die Akkreditierung und der Zugang auf eine näher zu spezifizierende Zeitdauer für die vertretende Organisation oder Interessengruppe. Erst nach einer entsprechenden Sperrfrist kann der Lobbyist eine neue Akkreditierung beantragen. In schweren Fällen wird der Lobbyist dauerhaft ausgeschlossen.

    Die Registrierung muss öffentlich, kriterienbasiert durchsuchbar, maschinenlesbar in offenen Formaten, sowie Online zur Verfügung gestellt werden.

3. Verhaltensregeln und Kodex für Lobbyisten
Voraussetzung für die Zulassung des akkreditierten Lobbyisten ist ein Verhaltenskodex für die Interaktionen zwischen Parlamentariern und Lobbyist, deren Erarbeitung grundsätzlich Aufgabe des Lobbyisten und seiner Standesorganisation darstellt. Das Parlament entscheidet in öffentlicher Sitzung über die Zulassung des Kodex, um die Akkreditierung abzuschließen. Eine Mindestanforderung wird vom Parlament beschlossen und veröffentlicht. Darunter müssen sich befinden:

    Deklaration der Aufgabe des Lobbyisten und sein Verhältnis zur parlamentarischen Demokratie und den repräsentativen Institutionen.

    Verpflichtung zur umfassenden Transparenz

    Verzicht auf Einfluss mittels finanzieller und materieller Zuwendungen und Anreize

    Verpflichtung zu fairem Wettbewerb gegenüber der Konkurrenz und Antidiskriminierung

    Verzicht auf Ämter und Mandate zum Zweck der Interessenvertretung

    Verpflichtung, die Einhaltung des Kodex sicherzustellen und Vorschläge zu Sanktionierung und ihren Bedingungen zu definieren.

4. Transparenz von Einflussnahmen auf die gesetzgebenden Prozesse
Sämtliche von akkreditierten Lobbyisten vorgelegten Gutachten, Forderungen, Stellungnahmen sowie Vorträge in Anhörungen müssen online in Open-Data-Kriterien genügenden Dokumentationen veröffentlicht werden.
Weitere Stellungnahmen zu Gesetzen, insbesondere wissenschaftliche Berichte von nicht als Lobbyisten akkreditierten Experten und Personen, die zu Anhörungen in den Fraktionen oder zu Gesetzgebungsverfahren eingeladen wurden, müssen durch das Parlament transparent gemacht werden.
Vorenthaltene Dokumente und Stellungnahmen, die an anderer Stelle zugänglich gemacht wurden, führen zur zeitweiligen und in besonders schweren Fällen zur dauerhaften Streichung aus der Transparenzregistrierung für akkreditierte Lobbyisten.
Politisch verantwortlich ist der jeweilige Präsident des Parlamentes, der auch das Register selbst führt.

5. Einschränkung von Nebentätigkeiten der Parlamentarier

Bezahlte, ehrenamtliche Tätigkeiten für Organisationen und Personen, die in der Transparenzliste geführt werden, sind mit einem parlamentarischen Mandat unvereinbar. Diese Tätigkeiten sind vor dem Antritt eines Mandats zu beenden. Mitgliedschaften bleiben davon unberührt. Neue Engagements sind nicht statthaft. Verhaltensmaßregeln des Parlaments müssen auch die Pflicht der Anzeige der Nebentätigkeit, erzielte Gewinne und Einkünfte, sowie einen Sanktionskatalog für Verstöße umfassen. Im öffentlichen Handbuch und den entsprechend einzurichtenden Internetseiten sind die Nebentätigkeiten detailliert zu dokumentieren.

6. Karenzzeiträume für Mandatsträger und Amtsinhaber
Es gilt eine Karenzzeit von einem Jahr für sämtliche ehemaligen Mitglieder exekutiver Organe für Tätigkeiten, die nicht mit der beruflichen Tätigkeit vor der Amtsführung in Zusammenhang stehen. Tätigkeiten, die im Zusammenhang mit dem ausgeübten Amt stehen, benötigen eine Karenzzeit einer Legislaturperiode. Ausnahmen gelten für öffentliche Tätigkeiten im Landes-, nationalen oder europäischen Interesse, die über ein zu bestimmendes, transparentes und parlamentarisches Verfahren entschieden werden. Publizistische und journalistische Tätigkeiten im Bildungswesen, aber auch jene, die der politischen Bildung dienen, sind nicht von dieser Regelung betroffen. Ebenso wenig die Tätigkeit für Anstalten des öffentlichen Rechtes und ehrenamtliche Tätigkeiten. Davon ausgenommen sind Anstalten und Körperschaften, die in der Transparenzregistratur gelistet sind. Die Rückkehr in den alten Beruf ohne Karenzregelung erfolgt unter der Maßgabe, dass die parlamentarischen Aufgaben in keinem Verhältnis zur beruflichen Tätigkeit stehen.

7. Keine externen Personen in den Verwaltungen (Leihbeamtenregelung)
Die Anstellung und Beschäftigung von außerhalb des öffentlichen Dienstes beschäftigten Personenkreisen in der Verwaltung wird auf Mitglieder aus den parlamentarisch nahen Behörden, Anstalten und Körperschaften des öffentlichen Rechtes und gemeinnützige Körperschaften beschränkt. Alle weiteren Anstellungsverhältnisse werden eingestellt.

8. Eingeschränkte Kanzleigesetze
Gesetzesvorlagen werden grundsätzlich nur in den zuständigen Ministerien verfasst und erarbeitet.
Die externe Bearbeitung durch Dritte kann nur in Ausnahmefällen wie Dringlichkeit, Komplexität und neuer Materie beauftragt werden. Ein transparentes Vergabeverfahren, das die eidesstattliche Erklärung des Beauftragten umfasst und auf Basis öffentlicher Ausschreibungen erfolgt ist, muss auch die transparente Überprüfung hinsichtlich von Interessenskonflikten mit Kunden und Mandanten umfassen. Nur in dringenden Fällen kann ohne Ausschreibung in transparenter Vergabepraxis eine Vergabe erfolgen. Entsprechende externe Zuarbeitungen benötigen gegenüber dem parlamentarischen und gesetzgebenden Verfahren einen zusätzlichen Hinweis über die Entstehungsgeschichte in Form einer Anlage und den formalen Kriterien des zweiten Punktes.

9. Regierungs-Sponsoring unterbinden
Das Sponsoring von Regierungs-, Parlaments-, Fraktions- und Parteiveranstaltungen durch Dritte wird untersagt. Eine Zuwendung an Parteien durch Steuermittel könnte gegebenenfalls Ausfälle kompensieren, während ministeriale Etats einer Aufstockung aus dem Haushalt benötigen.

10. Antikorruptionskonvention der UN unterzeichnen

Unverzügliche Unterzeichnung der UNCAC durch das Parlament. Bereits 150 Länder nehmen an dieser Konvention teil.

Bei der Ausarbeitung dieses 10 Punkteplanes habe ich die offenen Studien der Otto Brenner Stiftung und der Nautilus Politikberatung zum Thema “akkreditierte Lobbyisten” einbezogen.