Ein Furz bekommt keinen Shitstorm

Replik auf Agnes Krumwiedes Kommentar zur Urheberrechtsdebatte in der TAZ
Agnes, als grüne Kulturpolitikerin und begeisterte Verfechterin des Gleichnisses „Panem et digital“ prangerst Du die aufgeladene Debatte um Urheberrechte an und eröffnest unvermittelt mit der typisch verkürzten Darstellung der von der Piratenpartei geforderten Urheberreform. Dabei beweist Du, wie sehr Dir das Medium Internet und die Befreiung der Kreativen von dem Verwerternadelöhr fremd geblieben ist, auch verkennst Du das Inspirationsfeedback, welches durch das Netz eine nie gekannte kulturelle Breitenwirkung entwickelt hat. Mehr noch irritiert mich, dass eine geschulte Pianistin, Musikpädagogin und Kulturpolitikerin kein bisschen von Adornos Kritik an der Kulturindustrie und dem Joch der wirtschaftlichen Abhängigkeit der Urheber verinnerlicht hat. Stattdessen reihst Du Dich unkritisch bei den 100 Handels-Plattköpfen pro „geistiges Eigentum“ Metapher ein und beschädigst so die Netzpolitiker Deiner eigenen Fraktion. Die Unterscheidung von öffentlichen Gütern und Club- und Mautgütern in Relation zum Netz scheint Dir genauso fremd wie Selektionsmechanismen und die klare Unterscheidung von Urheber- und Leistungsschutzrechten.

Dann singst Du noch die Litanei auf Dein jahrelanges Studium des klassischen Klaviers, welches Dich viel Geld, Mühe und Zeit gekostet hat. Da frage ich mich doch, wo da eigentlich der Spaß am Musizieren geblieben ist. Als klassische Klavierlehrerin und Konzertpianistin schöpfst Du größtenteils aus dem Repertoire verstorbener Urheber, kopierst die auf Papier gedruckten Visualisierungen und Aufführungsanweisungen eines musikalischen Werkes in die klingende Sphäre Deiner Konzertbesucher. Im Sinne des so viel zitierten Urheberrechts handelt es sich hierbei um verwandte Schutzrechte und keine Neuschöpfung, um eine Interpretation eines urheberrechtlich geschützten Werkes. Und wenn wir neben Deinem Auftrittshonorar – das nach Deiner Bundestagszeit sicher nicht gering sein wird – die Tantiemen für den ursprünglichen Schöpfer hinterfragen, entfallen allenfalls kleinteilige Beträge über den Verlag und die Verwertungsgesellschaft. Diese Tantiemen werden dann nach einer langen Kette der Abzüge an die Nachfahren des Komponisten ausgeschüttet, sofern er nicht schon länger als 70 Jahre tot ist und auch ordentliches Mitglied einer Verwertungsgesellschaft war oder einen weitreichenden Verlagsvertrag abgeschlossen hatte, der auch noch postum jede noch so kleine Veränderung im Notenbild als urheberrechtliche Bearbeitung rechtfertigt. Fällt Dir eigentlich auf, wie selektiv diese veraltete Kette ist? Und Du glaubst, das braucht keine grundlegende Reform von Urheberrechten, Urheberrechtewahrnehmungsgesetz und ein anständiges Urhebervertragsrecht?
Nein, nicht der Erlös von Kreativen gegenüber seinen Hörern braucht Schutz, sondern der kreative Erlös muss vor übermäßigem Zugriff jener Verwerter beschützt werden, die so sehr darauf hoffen, Auswertungsrechte bis in die Ewigkeit geltend machen zu können.

Doch weg von den schönen Künsten höherer Töchter und Söhne, hinein in den schmutzigen Underground der Mitte 80er Jahre und damit in die Niederungen dessen, was der Unterhaltungsindustrie ihren so halbseidenen Ruf angedeihen ließ. Die Verwerterindustrie verteidigte damals noch offen und unbarmherzig ihr Monopol auf Produktion, Herstellung, Vertrieb und Promotion vor der aufkommenden Independentbewegung. Eine Bewegung, die man wenig zimperlich zwischen musikalischer Anarchie und revolutionärem Untergang des Abendlandes brandmarkte. Sven Regener von Element of Crime sollte sich vielleicht mal dieser frühen Tage seiner eigenen kreativen Hochphase besinnen, wenn er jetzt über den „golden shower“ der Netzgeneration ranted und im gleichen Atemzug medizinisch biologische Euphemismen wie den „Verlust der endemischen Musik“ prägt.
Damals, als Veröffentlichungen nur mit einem von IFPI und GVL streng gehüteten Labelcode in das Presswerk, in den Handel oder auf die Radioplaylisten ihren Weg fanden. Damals als Chartspositionen von exklusiven Tippern ausgelost wurden, nachdem sie luxuriöse Urlaubsreisen und andere nützliche Aufwendungen zur besseren Orientierung von willfährigen Labelbossen erhalten hatten. Damals, als die GEMA die höchsten Lizenzsätze für die mechanische Vervielfältigung von Independents forderten.

Im Vergleich sind heutzutage kulturelle Werke und ihre Vermittlung umfassend demokratisiert. Der große Traum – der auch mal grün war – einer befreiten, künstlerisch schöpfenden Menschheit anstelle Verwerter subventionierter Kulturschöpfung scheint greifbar nah. Und in der Tat: Noch nie gab es so viele Kreative in allen Bereichen der Kunst, die sich inhaltlich transformationell, thematisch inspiriert oder motivisch zitierend aus dem Ozean der Kulturen bedienen, neu veröffentlichen und so den Schatz der Zivilisation weiterentwickeln. Das findest Du jetzt idealisierend? Sicher, demographisch betrachtet konsumiert die große stille Masse, hat die sinnstiftende und persönlichkeitsfördernde eigene Kreativität noch nicht entdeckt. Dennoch, allen Menschen muss der Weg zur Teilhabe offen stehen, schon alleine da die Rezeption zur schöpferischen Kommunikation gehört wie das Medium Luft, in dem sich Musik nur ausbreiten kann. Schöpfen ist ein Grundrecht, davon zu Leben war noch nie eines und wird es nie sein.

Und wenn wir jetzt endlich – wirst Du Dir denken – vom ideellen zum wirtschaftlichen Aspekt wechseln: Zu allen Zeiten hing der finanzielle Erfolg kultureller Schöpfungen von dem Multiplikator der konsumierenden und oft fern gesteuerten Masse ab. Früher in der wohl behüteten Hand der Stakeholderindustrie hat sich dieser Multiplikator ebenso diversifiziert und umgekehrt proportional ausgerichtet wie der ihm demgegenüber zunehmende Longtail der Schöpfungen. Es gab noch nie so viele Werke, Stile und Gattungen wie heute. Daneben buhlen DVDs, Videospiele, Bluray, Handy und DSL Flatrate, Social Networks und das Web 2.0 um das Aufmerksamkeitspotential des Konsumenten. Diese kulturelle Vielfalt bedeutet aber im Umkehrschluss sinkende Verkäufe für das einzelne Werk, da eben nicht mehr alle das Gleiche hören. Die breitere geschmackliche Orientierung des modernen Konsumenten verlangt nach einem selektiven Werkzeug, das die Flut der Veröffentlichungen bändigen kann. Die Verwerterwelt hingegen kriminalisiert in gebetsmühlenartiger Permanenz das Paradigma von Gestern in drei Stufen: Die Predigt vom Untergang der kulturellen Schöpfung, die Entmündigung und Begrenzung der individuellen Nutzung durch DRM und zuletzt die Kriminalisierung eines medienkompetenten Nutzers, natürlich unter Beistand willfähriger Politiker.
Die Industrie hat nie den Beweis erbringen können, dass Werke die über Filesharing gratis bezogen wurden, gekauft worden wären, wenn es das Filesharing-Angebot nicht gegeben hätte. Ich wage sogar zu behaupten: In vielen Fällen hätte er sie auch gar nicht gefunden.

Dem gegenüber steht eine große Zahl von Medienbegeisterten, die das Prinzip Wertschätzung zum Kriterium ihrer finanziellen Kompensation gemacht haben und dafür sorgen, dass trotz Filesharing die Umsätze der digitalen Sales steigen. Die Piratenpartei fordert nicht die Abschaffung jeglicher Verwerterstrukturen, sondern eine umfassende Aufwertung der Rechte von Urhebern gegenüber den Verwertern, denn die restriktive, rein wirtschaftliche Wahrnehmung von Rechten hat den Fokus von der kontemplativen und sinnstiftenden Funktion der kulturellen Schöpfungen zur krampfhaft restriktiven Wahrnehmung von Auswertungen verlagert und damit die unverhältnismäßige Kriminalisierung vorangetrieben, die den meisten Urhebern selbst ein Dorn im Auge ist.
Das betrifft auch den letzten Punkt Deiner Argumentationslinie: Die Finanzierung kultureller Schöpfungen, für die der klassische Urheber bis heute oft Vertragsverhältnisse eingeht, die ihm nur eine kleine prozentuale Umsatzbeteiligung sichern, aber langfristig seiner Auswertungsrechte berauben und oft noch an zusätzliche optionale Veröffentlichungen gekoppelt sind. Dem gegenüber steht die steigende Popularität von Crowdfunding und Crowdinvestment, die dem Urheber die Finanzierung sichern ohne langfristige Rechte abzutreten. Darüber hinaus kann der Urheber bereits anhand der Zustimmung und Beteiligung seine Erfolgsaussichten abwägen.
Und was die langfristige Sicherung von Urhebern betrifft, kann sicher die Sozialabteilung der GEMA oder der KSK ein trauriges Lied singen: Wenn die Popularität ein Ende findet und die letzten Rechte verwertet wurden, lässt das Verwertersystem diese Urheber ins Bodenlose fallen. Ein lange überfälliges Urhebervertragsrecht haben weder Grüne, noch Sozialdemokraten in Zeiten der Regierungsbeteiligung etabliert.

Wenn Du dann Shakespeares Zeit zitierst, unterschlägst Du, das gerade das Copyright in England zu einer gesellschaftlichen Schieflage von Entwicklung und Fortschritt geführt hatte, während in Deutschland in Ermangelung eines Urheberrechtes das Innovationspotential sprunghaft in die Höhe schoss. Was dann auch wieder dem einzelnen Urheber zugute kam. Er war gefragt für Vorträge und Erklärungen, die über das im Werk Veröffentlichte hinaus gingen. Im England des Copyrights hingegen wurde – so wie heute – der Großteil der Urheber übervorteilt und mit minimalsten Buyouts abgespeist.
Nein, Agnes, Du und deine Partei, ihr schafft bis heute leider nicht den Spagat zwischen konservativer Kulturpolitik auf der einen und progressiver Netzpolitik auf der anderen Seite, denn ihr seid Euch fremd. Nur so erklärt sich die Schizophrenie in der grünen Partei. Du verteufelst die Übersetzung des ACTA Videos, während euer netzpolitischer Sprecher sich per Email dafür persönlich bedankt hat und alle grünen Anti ACTA Aktivisten auf den Demos dafür gesammelt Applaus spendeten. Und natürlich wissen wir heute alle, dass dieses Video überspitzt war. Es ist ein übersetztes Zeitdokument. Doch sollte es der bereits seit Jahren einseitig geführten Debatte und inhaltlich an Radikalität kaum zu überbietenden Zuspitzung durch Verwerterkampfbegriffe wie Raubkopie, der unbegründeten Umzäunung und Materialisierung von geistigen, öffentlichen Gütern und der Kriminalisierung breiter Gesellschaftsschichten entgegenwirken. Nicht dieses Video hat zu den Protesten geführt – Es begann mit der europaweiten Solidarisierung von medienkompetenten Netzbürgern, die sich das immer weiter in die digitale Privatsphäre einbrechende, restriktive Verwerterrecht nicht mehr gefallen lassen wollte.

Doch erst die gemeinsam vorangetriebene Idee der freien Informationsgesellschaft, der Einfluss utilitaristischer und gemein fördernder Prinzipien statt der rein wirtschaftlichen Betrachtung von kulturellen Schöpfungen kann unserer Gesellschaft die lange erhoffte Befreiung von schöpferischen Leistungen im Dienste aller verschaffen. Lass uns in einem Jahrzehnt gemeinsam Resümee ziehen – Es ist eine spannende Reise ins Web 3.0 und der Wandel hat begonnen.

Kommentar zu den 100 Köpfen



Die Kommentare zu den einzelnen Beiträgen der 100 Köpfe befinden sich am Ende des Dokumentes.

Kommentar zu „Kreative, hört die Signale“

Bevor man sich im Detail mit der propagandistischen Großinquisition des Handelsblattes „Kreative hört die Signale“ und „Mein Kopf gehört mir“ auseinander setzen kann, muss man die Vorgeschichte beleuchten, aus welcher die Initiative zu dieser und noch vielen folgenden Beiträgen hervorging und die Fehlinformationen bewusst in Kauf nehmend, einsetzt.
Das Verlagshaus Gruner + Jahr hat bereits in der brancheninternen Publikation Musikwoche und dem angeschlossenen Mediabiz Portal in der Ausgabe Woche 12 die interne Kampagne „Kreativität schützen, Vielfalt bewahren“ vorgestellt. Man will mit dieser Kampagne die eigene Medienmacht in denn 500 angeschlossenen Publikationen nutzen und „ratlose und inaktive Politiker .., ihr kritikloses Eintreten für Providerinteressen, … die Meinungshoheit weniger Blogger …“ mit dem „O-Ton der Wut von Urhebern“ auf Kurs der … Kreativindustrie in ihrem Kampf um das Überleben und gegen politische Ignoranz“ bringen.
Gruner und Jahr beweist gerade mit dieser Kampfansage die Nichterfüllung einer grundlegenden journalistischen Neutralität. Mit dem Begriff des „Qualitätsjournalismus“ begründete man in der Vergangenheit die Kampfansage gegen Blogs und Internetjournalismus.

Die inhaltlich deckungsgleichen Kommentare von Sven Regener oder den 51 Tatort Drehbuchautoren weisen in die gleiche Richtung einer falschinformierenden Kampagne gegen die Piratenpartei.

Damit bestärken Verlage nicht nur unser Bestreben gegen die restriktiven Forderungen eines Leistungsschutzrechtes für den Journalismus im Internet, sondern fordern einen besonderen Schutz individueller und freier Publikationen, die nicht unter dem Druck von Verlagsvorgaben entstanden sind.

Der Artikel selbst beginnt mit einem inhaltlich schwach recherchierten Auftakt, dem die besagten 100 Köpfe mit individuellen Statements folgen.
Bereits in der Einleitung wird die Piratenpartei mit schweren Anschuldigungen konfrontiert und ein einziger Teilbereich aus dem Kontext des kompletten Programms isoliert und zum anarchistischen Aufruf der Freibeuterei mutiert: „Alles umsonst, Enteignung aller Rechte“. Eine Forderung, die jeder Grundlage entbehrt und in keiner Form in unserem Parteiprogramm gestützt wird.
Den schwachen ersten Zitaten, die tendenziös die „piratige“ Nichtentlohnung von schöpferischer Tätigkeit dokumentieren sollen, obliegt auch die größte Schwäche des gesamten Artikels. Statt auch utilitaristische und sinnstiftende Motivation des Urhebertums darzustellen, wird plump auf das vordergründige und monetäre Interesse jeder schöpferischen Tätigkeit reduziert. Eine Wahrnehmung, die dokumentiert, wessen Geistes Kind diese Kampagne ist: Der Verwerterindustrie.
Darüber hinaus verwechselt der Autor häufig wissenschaftliche Unterscheidungsmerkmale von öffentlichen Gütern mit dem von der Piratenpartei so häufig als irreführend bezeichneten und deshalb abgelehnten Begriffes „geistiges Eigentum“. Noch schwerwiegender erscheint jedoch die unentwegte Gleichstellung von „geistigem“ und „physischem“ Eigentum. „Physisches Eigentum“ verschwindet durch den Raub, „Immaterialgüter“ können per se nicht geraubt, sondern nur kopiert werden. Eindeutiger Piratenstandpunkt ist hingegen: Wer „Immaterialgüter“ als eigenes Werk deklariert oder weiter veräussert macht sich strafbar.
Der private Download ist hingegen die kulturelle Technik eines medienkompetenten Bürgers. Dank der Demokratisierung von Vertriebs-, Produktions- und Marketingkanälen im Internet nutzt sowohl der Urheber als auch der Konsument diese Technik zum zum Vertreiben und Bewerben, zum Vorhören und Selektieren. Im Falle des Gefallens wird häufig gekauft – das hat die Industrie bis heute auch nicht widerlegen können.
Der generelle Umsatzeinbruch der herkömmlichen Unterhaltungsindustrie liegt hingegen an vielen Faktoren, zuerst jedoch an der mangelnden Flexibilität und Blockierung des Angebots und der Inhalte, aber auch an der Diversifizierung eines kulturell mannigfaltig gewachsenen Angebots verschiedenster Genres und der individualisierten Form von Selbstdarstellung und Eigenkreativität des Konsumenten, die sich besonders in der transformationellen Nutzung widerspiegelt. Öffentliche Güter, sogenannte Mischgüter (Allmende und Gemeingüter) sowie Mautgüter unterscheiden sich in ihrer Nutzung und der damit verbundenen Lizenzierung wesentlich.
Die Vereinfachungen des Autors und einer ganzen Industrie werden nicht der Debatte um Urheberrechte gerecht, sie verzerren die Wahrnehmung aber auch die Verhältnismäßigkeit von rechtlicher Durchsetzung ins Extrem: Die „raubtierkapitalistische“ Auswertung von Medienkonzernen, die längst den Anschluss an die moderne Informationsgesellschaft verpasst haben, wollen um jeden Preis ein veraltetes Auswertungsrecht der physischen Welt unskaliert auf die Netzwelt anwenden und die Urheber weiterhin in restriktive und einseitige Vertragsabhängigkeiten einer umfassenden und auf alle Nutzungsarten anwendbare Auswertung zwingen.
Der flachen und impertinenten Gleichstellung von Urzeitmenschen und Piraten stellen wir gerne die Ideen des Kulturphilosophen Adorno entgegen, der die Unterwerfung des Nichtidentischen und Nichtverfügbaren durch die Mechanismen der verwalteten und vermarktwirtschaftlichten Welt, den Konsum in der Kulturindustrie als einzige antreibende Motivation der Verwerterbranche kritisierte.
Wenn dann der Autor sogar in die Trickkiste der Aufklärung und Klassik zur Untermauerung eines Urheberrechtes greift, verdreht er die Tatsachen. Durch das Aufkommen der Verlagswelt, die im Notendruck ihr Geschäftsmodell witterte, wurde gerade die künstlerische Freiheit auf das stärkste beschnitten. Galt es im Barock noch als stilistischer Adelsschlag und Huldigung der großen Vordenker, Melodien, musikalische Motive und Ideen in eigene Kompositionen einzuweben, so verarmte das restriktiv von Verwertern eingeführte Urheberrecht diese Kulturtechnik. Und auch heute melden viele Urheber noch immer ihre Werke lieber als Coverversion anstatt als Bearbeitung an, um dem Konflikt mit Verlagen aus dem Weg zu gehen. Genauso trifft das „Sampling“ Urheber, die daraus kreative und spannende neue Inhalte schaffen, immer wieder hart. Würden Verwerter wirklich Urheberinteressen unterstützen, so wären bereits unzählige Erschwernisse für Urheber beseitigt worden. Erschwernisse, an denen in besonderem Umfang die vielfältig verzweigte Verwerterindustrie verdient.
Der Autor hat hingegen Recht, wenn er die Datensammelwut und das Erfolgsmodell großer Konzerne wie Google und Facebook kritisiert. Aber auch hier unterscheidet sich die Position der Piraten nicht maßgeblich.
Wenn er jedoch behauptet, Piraten wären nur Programmierer und keine Urheber, so versucht er wieder ein Klischee zu bedienen. Denn gerade Piraten haben umfassende Vorschläge zur Opensource Technologie bei Software entwickelt, sind als Urheber tätig und betrachten beide Seiten der Informationsgesellschaft: Die Position von Urheber und Nutzer.
Besonders erschreckend ist jedoch das Verschweigen unserer umfassenden Positionen zum Urheberrecht, die sich in einem 50-seitigen Antrag zur Reform darstellen, der sogar bereits von einigen Lobbyvertretern der Verwerterschaft als diskussionswürdig bezeichnet wurde. Ebenso fordert die Piratenpartei ein neues Urhebervertragsrecht, das dem Urheber gegenüber den Verwertern und der Unterhaltungsindustrie weitreichende Rechte einräumt.
Wer jedoch versucht einseitig Politik, Gesellschaft und Urheberschaft zu instrumentalisieren, wie in diesem umfangreichen Artikel geschehen, braucht sich nicht über ein sinkendes Vertrauen in die Publikationen des eigenen Hauses wundern. Wir Piraten stehen für einen fairen und gerechten Ausgleich zwischen Urheber und Konsument.

Kommentar zu „Mein Kopf gehört mir!“

Entgegen der Vorabinformation, dass es sich großteils um die Stimmen aktiver Urheber handeln würde, sind es dann doch nur größtenteils männliche Verwerter, Verlagschefs und Schauspieler, die zu Wort kommen. Eine Elite, die heute in besonderem Maße mit ihrer Durchsetzung von Verwertungsrechten und Leistungsschutzrechten an den Erlösen von wirklichen Urhebern profitieren.
Auch hier gilt: Statt Urheber zu stärken, werden Verwertungsrechte im Schafspelz eines veralteten Urheberrechtes aufgetragen und dringend erforderliche Reformen zu Gunsten eines gerechten und direkten Ausgleiches zwischen Urheber und Konsument blockiert.
Die zitierten Schauspieler betrifft das Urheberrecht im Internet übrigens genausowenig wie bildende Künstler oder Modedesigner. Darüber hinaus fällt neben unreflektierten Kommentaren besonders häufig eine durchaus kritische, mitunter ablehnende Haltung gegenüber der Intension des Handelsblattes auf. Hat man allen ernstes gehofft, das nur die Anzahl der Teilnehmer und nicht ihre Aussagen gezählt werden?
Darüber hinaus sprechen sich fast ausschließlich die klassischen Verwerter und nicht-kreativen Befragten gegen eine Reform des Urheberrechtes aus. So weit sind wir dann wohl nicht voneinander entfernt.

Julia Friedrichs, Schriftstellerin

Sehr geehrte Frau Friedrichs,
Sie sind der Lüge der Verwerter aufgesessen. Klauen hat nichts mit Kopieren zu tun und auf viele Künstler wird der Konsument erst durch den Kulturozean Internet aufmerksam. Das Internet bedeutet Freiheit für Urheber, weg von den Gatekeepern geistiger Schöpfungen.

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesjustizministerin

Sehr geehrte Frau Leutheusser-Schnarrenberger,
d´Accord, wir brauchen neue Wirtschaftsmodelle für die direkte Vermarktung. Jedoch waren Sie lange genug in den Gremien und Komissionen tätig, um wirkliche Reformen anzustoßen. Reformen die bis heute nicht stattgefunden haben. Sie müssen ja auch noch taktieren.

Rolf Dobelli, Get Abstract

Sehr geehrter Herr Dobelli,
wenn man sich die heutige Unterhaltung zwischen öffentlich-rechtlichem und privaten Fernsehen anschaut, fördert gerade die Unterhaltungsindustrie größtenteils ihre “Eventclowns”. Kultur ist viel mehr und sie braucht Freiheit und Teilhabe.

Juli Zeh, Schriftstellerin und Juristin

Sehr geehrte Frau Zeh,
Sie differenzieren und fragen, ob wir wirklich alles umsonst wollen. Wir wollen einen fairen und direkten Ausgleich ohne die monopolistische Verwertermacht von Gestern.

Ernst Schmachtenberg, Rektor der Technischen Hochschule Aachen

Sehr geehrter Herr Schmachtenberg,
aus Ihrer Antwort stellt sich uns die Frage: Was wurden die 100 Köpfe genau gefragt? Sie sprechen das an, was wir auch für richtig halten. Außer dem Begriff des “geistigen Eigentums”, den wir nicht mögen, da er zu einfach ist. Als Metapher mag er funktionieren, dann aber auch nur mit metaphorischer Entlohnung, dem Lob oder der Empfehlung.

Christopher Teuner, n-tv Moderator

Sehr geehrter Herr Teuner,
Sie sprechen nur von leistungsschutzrechtlichen Inhalten, nicht vom Urheberrecht.

Helmut Thoma, Ex-RTL Chef

Sehr geehrter Herr Thoma,
wir glauben Ihnen ungesehen, dass Sie nur für Geld aktiv werden. Kunst und Kultur folgt jedoch einem inneren Reflex des Kreativen und will zuerst einmal nur Rezeption. Vielleicht kommen Sie ja mal drauf, es ist nie zu spät.

Bert Rürup, Maschmeyer Rürup AG

Sehr geehrter Herr Rürup,
wir fragen uns ehrlich, wie sie den Bogen von einer weiteren Schranke des Urheberrechts zur Stärkung der Privatkopie mit dem Untergang unserem, der Wissensgesellschaft verpflichteten Wirtschaftsmodell hinbekommen. Gerade die Freiheit von Wissen beflügelt neue Werke. Unzählige verlegte Dissertationen – im doppelten Sinn – gibt es nur für horrende Beträge zu kaufen. Trotzdem dürfen diese Urheber ihre Werke nicht einmal selbst im Netz publizieren. Wem ist dadurch geholfen?

Prof. Fritz Vahrenholt, Autor

Sehr geehrter Herr Prof. Vahrenholt,
auch sie glauben an den alleinigen Antrieb von Wissensdurst und Schöpferkraft durch Monetarismus. War das damals Ihr Antrieb für die akademische Laufbahn?

Arnd Haller, Google
Sehr geehrter Herr Haller,
genau, es geht um eine Reform des Urheberrechts an die moderne Informationsgesellschaft. Für den Urheber und für den Nutzer.

Dieter Hahn, Medienunternehmer

Sehr geehrter Herr Hahn,
Sie gehören also zu jener Spezies, die gerne unverhältnismässig kontrolliert und spioniert, um an einem veralteten Zahn um Zahn Verwertermodell, an welchem die Urheber am wenigsten verdienen, festzuhalten?

Helmut Heinen, Präsident des Bundes Deutscher Zeitungsverleger

Sehr geehrter Herr Heinen,
die wahre Vielfalt der Medien begann erst mit dem Internet. Davor gab es das Nadelöhr der wirtschaftlich-politischen Selektion kultureller Güter durch Medienoligopole.

Hartwig Masuch, BMG

Sehr geehrter Herr Masuch,
als Musikverleger geht es Ihnen vor allem um Musik und einen Rechtekatalog, der noch lange nach dem Tod des Urhebers Rendite erwirtschaftet. Sie wollen natürlich über einen Song unstrittig für sämtliche Asuwertungsarten verfügen können. Musik braucht zur akustischen Übertragung Luft. Genauso wie es unsinnig wäre, von jedem Passanten eines Openair Konzertes, der das Lied der Stunde mitsummt, eine Gebühr zu erheben, so unsinnig ist es, jeden Download mit einer Gebühr oder gar einer unverhältnismäßigen Abmahnung zu belegen. Das Internet ist der digitale Äther der Informationsgesellschaft. Und die Downloader oder Streamer sind die Passanten. Wenn denen Ihr Lied gefällt, wird er es auch kaufen.

Thomas Middelhoff, Ex-Bertelsmann Chef

Sehr geehrter Herr Middelhoff,
wen meinen Sie mit den treibenden Kräften, die Liberalisierung und Schutz des geistigen Eigentums gleichermassen vorantreiben wollten? Ihre Firma? Deutsche Rechteinhaber? Das sogenannte Web 1.0 wurde von unzähligen Entwicklern in großen Stücken unentgeldlich zu dem gemacht, was es ist: Der Ozean der freien Wissensgesellschaft von Morgen. Sie und Ihre hochdotierten Freunde aus den Chefetagen der Medienkonzerne haben dank dieser Leistungen fürstlich verdient, auch wenn Ihre eigenen Beiträge zur Netzgesellschaft eher bescheiden waren: Sowohl der AOL Einstieg, als auch die Napster Übernahme waren wenig erfolgreich, noch innovationsstiftend. Nein, das Netz verödet nur durch die unentwegte Bedrohung aus Kontrolle und Verlust der Neutralität.

Volker Rieble, Rechtsprofessor
Sehr geehrter Herr Rieble,
Sie sagen es, Ideen und Wissen sind nicht geschützt. Ihre Sichtweise ist differenziert und umschifft bewusst den hier angefragten Begriff “geistiges Eigentum”. Wir sollten uns mal treffen. Piraten freuen sich über den qualifizierten Input. Das steigert die Schwarmitelligenz.

Bernd Buchholz, Vorstandschef Fruner + Jahr

Sehr geehrter Herr Buchholz,
wer so wie Sie in einem Verlagshaus mit 500 Publikationen zum einseitigen journalistischen Feldzug gegen Ideen der Piraten ruft (Mediabiz), verstößt nicht nur gegen eine journalistisch ausgewogene Berichterstattung, sondern möchte seine Medienmacht gewalttätig und aggressiv für die eigenen Auswertungsinteressen einsetzen.

Raimund Stecker, Direktor des Lehmbruck Museums

Sehr geehrter Herr Stecker,
Sie sprechen Wahres: Wer kein Geld hat, kann seine Ideen nicht umsetzen. Wir fördern gezielt neue Modelle wie Crowdfunding, Sellaband, Flatter u.v.a., um Urheber aus langfristigen Knebelverträgen der Industrie zu befreien. Konzerne die nur noch mit Geld winken, denn die Infrastruktur wurde ja bereits aus den monopolistischen Fängen der Verwerter befreit.

Christian v. Zittwitz, Verleger und Journalist

Sehr geehrter Herr Zittwitz,
Sie glauben wohl auch nur an die rein monetäre Idee von Kultur. Und wer will den alles gratis? Lesen Sie unser Programm, bevor sie sich dazu äussern.

Peter Altmaier, parlam. Geschäftsführer der Unionsfraktion

Sehr geehrter Herr Altmaier,
genau, das Urheberrecht war und ist einem stetigen Wandel unterzogen und es wurde bisher immer von Verwertern und Verlagslobbyisten geschrieben. Es wird Zeit für eine Urheberrechtsreform im Sinne des Urhebers und des Nutzers. Es wird Zeit, dass Urheber und Nutzer ein eigenes Urheberrecht verfassen.

Priska Pasquier, Galeristin

Sehr geehrte Frau Pasquier,
richtig, denn es kommen mal wieder vor allem Verwerter zu Wort.

Utz Claasen, Ex-Chef EnBW

Sehr geehrter Herr Claasen,
es fing ja gut an, aber dann waren auch Sie bei dem Begriff, der eindeutig zu polemisch verwendet wird und in seiner eigentlichen Bedeutung widersprüchlich und revisionistisch geprägt ist: Geistiges Eigentum.

Michael Spreng, Medienberater

Sehr geehrter Herr Spreng,
uns als kulturfeindlich zu stigmatisieren zeigt, wie wenig Sie sowohl den Wandel zur Informationsgesellschaft als auch unser Urheberrecht begriffen haben. Ich empfehle die Lektüre unseres Parteiprogramms.

Michael Konken, Vorsitzender Deutscher Journalisten Verband

Sehr geehrter Herr Konken,
vom Leistungsschutzrecht im Internet hat der einzelne Journalist gar nichts, denn die meisten Journalisten müssen ?Total Buy Out? Verträge unterschreiben, die sämtliche Beteiligungen ausschließen.

Lothar Leonhard, Chairman Ogilvy & Mather

Sehr geehrter Herr Leonhard,
wir wollen klare Gesetze und ein Urheberrecht, das dem Wandel zur Informationsgesellschaft gerecht wird. Aber eine Kopie ist kein Raub.

Wolfgang A. Herrmann, Präsident der techn. Universität München
Sehr geehrter Herr Herrmann,
Sie sprechen fast ausschließlich vom Patent. Wäre also eine Themaverfehlung. Das Patent- und Urheberrechte eine Reform benötigen, dürfte Ihnen aber auch klar sein.

Maria Furtwängler, Schauspielerin

Sehr geehrte Frau Furtwängler,
als Schauspielerin betreffen Sie ja die Urheberrechte nur peripher als Leistungsschutzrechte oder sogenannte dem Urheberrecht verwandte Schutzrechte. Natürlich verbietet Ihnen das keine Haltung zum Urheberrecht. Trotzdem müssen wir Ihnen vehement widersprechen, wenn Sie das Wort Diebstahl benutzen. Etwas was kopiert wird, ist nicht gestohlen. Der Begriff Raubkopie ist eine strategisch geschickt genutzte Metapher der Verwerterindustrie, um die restriktive Unterbindung zu rechtfertigen.

Hans-Hermann Tiedje, Ex-BILD Chefredakteur

Sehr geehrter Herr Tiedje,
wenn Ihre Bildzeitung schon nur den kleinsten Aspekt von Eigentumsrechten, die Persönlichkeitsrechte ernst nehmen würde, wäre viel gewonnen. So reihen Sie sich nun als vordergründiger Vertreter von Urheberrechten ein, der nur die eigenen Auswertungsrechte schützen will, aber gar nichts für selbstbestimmtes Urhebertum übrig hat. Im Jargon der “Raubmordkopierer” wäre das ein “Meuchelmörder”.

Philipp Welte, Vorstand Hubert Burda Media
Sehr geehrter Herr Welte,
mit parasitärer Nutzung meinen Sie sicher die transformationelle Nutzung von Werken anderer. Dass diese oft origineller ist als die Werke aus dem Hause Burda mag Sie an der eigenen Geschäftsidee zweifeln lassen. Fakt ist: Das beflügelt Kultur und macht Spaß.

Helge Hesse, Autor

Sehr geehrter Herr Hesse,
bei Ihrem Beitrag geht es wohl gar nicht so sehr um unsere weitere Schranke des Urheberrechtes für eine erweiterte Privatkopie im Netz, sondern um die Festschreibung alter Strukturen, in denen Sie groß geworden sind. Der Paradigmenwechsel in eine Kultur der Teilhabe bedeutet aber auch die Möglichkeit der transformationellen Nutzung. Dadurch sind mitunter Werke entstanden, die über das, was im Auftrag öffentlich rechtlicher Autoren fürstlich per GEZ finanziert wird, inhaltlich und kulturell weit hinaus gehen.

Markus Lüpertz, Künstler

Sehr geehrter Herr Lüpertz,
hier schreit niemand! Das Menschen sich auch aus der Informationsgesellschaft verabschieden können und in der Diaspora einer netzfreien Welt leben, ist ein selbstbestimmtes Menschenrecht. Das Andere aber das Netz als Befreiung vom verkrusteten und kulturkonservativen Monopolismus ohne Gatekeeper begreifen, ist auch ok. Leben und leben lassen und fair und direkt honorieren.

Gaby Hauptmann, Autorin

Sehr geehrte Frau Hauptmann,
ich hoffe, Ihr schreiberischer Antrieb ist nicht nur dem Monetarismus geschuldet. Gerade das Netz hat viele neue Plattformen zur künstlerischen Entfaltung geschaffen. Noch nie haben gleichzeitig so viele Menschen publiziert. Genau deshalb müssen Konsumenten auch erst einmal selektieren um festzustellen, welche Werke ihnen wirklich etwas bedeuten und einen Kauf rechtfertigen: So etwas nennt man Filesharing. Was Ihre Arbeit betrifft: Wenn Sie einen Ihrer Romane als Drehbuch verkaufen, erhalten Sie direkte Honorare. Im Falle des öffentlich rechtlichen Fernsehens werden Sie bereits über die GEZ finanziert.

Franka Potente, Schauspielerin

Sehr geehrte Frau Potente,
die Qualität im öffentlich-rechtlichen Fernsehen hängt größtenteils finanziell von der GEZ ab. Was den Film betrifft, gibt es gerade über netzfinanzierte Konzepte großartige Förderung von unbekannten Künstlern. Wie schwer war das wohl damals, “Lola rennt2 zu produzieren? Wie viele Rechte musste Ihr damaliger Lebensgefährte Tom Tykwer wohl abgeben, um diesen Film zu realisieren? Heute kann der Urheber mit Crowdfunding sein eigener Chef bleiben, behält die Rechte und kann Dank günstiger Produktions- und Vertriebsmittel alles selbstbestimmt durchführen. Keiner redet rein. Wenn das nicht Kunst ausmacht.

Conrad Albert, Vorstand Pro Sieben Sat 1

Sehr geehrter Herr Albert,
die Sozialisierung von Immaterialgütern hat Ihrem Konzern unglaubliche Möglichkeiten geschenkt. Oder bezahlen Sie dem Schöpfer von HMTL und der Idee des Internets eine Lizenzgebühr? Und auch Sie haben wiederum nicht begriffen, dass der Begriff “Raubkopie” und die Gleichsetzung von Diebstahl und Kopie falsch sind. Sie möchten restriktiv für jedes geladene Bit Information kassieren und am Besten jede Email auf geschützten Inhalt kontrollieren? Das wird mit uns nicht möglich sein.

Antje Kunstmann, Verlegerin

Sehr geehrte Frau Kunstmann,
wenn Sie sich zu hundert Prozent Sven Regeners uninformierten Schwall an Vulgärausdrücken anschliessen können, haben Sie leider eine sehr begrenzte Vorstellung davon, wie Rezeption und Kundenfindung in der modernen Netzgesellschaft funktionieren. Als Verlegerin ist Ihr Hauptinteresse ja auch die Bindung von urheberischen Leistungen bis weit nach dem Tod der Autoren. Ihr antiquirtes Geschäftsmodell hat dann wenig mit einem fairen Ausgleich zwischen Urheber und Nutzer zu tun.

Stephan A. Jansen, Direktor des Civil Society Center

Sehr geehrter Herr Jansen,
auch Sie würden wir gerne einladen, denn Sie unterscheiden nicht in physischem und geistigem Eigentum, sondern führen die Begriffe öffentliche Güter und Mautgüter in Ihrer Erklärung. Wir stehen zur direkten Refinanzierung von Urhebern aus dem Verkauf Ihrer Werke. Wir verstehen nur die nichtkommerzielle Weitergabe im Netz als einen Vorgang der einer Kaufentscheidung vorangeht und frei sein soll.

Dietmar Karpinski, KNSK Werbeagentur
Sehr geehrter Herr Karpinski,
Ideen gehören niemanden. Und die Gleichsetzung der Begriffe „geistiges“ und „physisches“ Eigentum sind genauso tendenziös wie „Raubkopie“. Hier ging jede Verhältnismässigkeit sträflich verloren.

Nadeshda Brennicke, Schauspielerin
Sehr geehrte Frau Brennicke,
hat sich das Handelblatt eigentlich Ihren Text durchgelesen, bevor er gedruckt wurde? Denn er widerspricht der Intension der ganzen Kampagne sowie dem einleitenden Aufsatz. Sie haben begriffen, worum es geht.

Alena Gerber, Model und Moderatorin

Sehr geehrte Frau Gerber,
Als Model und Moderatorin werden Sie unmittelbar durch Honorare bezahlt. Sie beweisen in ihrem Beitrag eindrücklich, unser Programm nicht gelesen zu haben, wenn Sie behaupten, das Piratenforderungen Urheber zum Rückzug aus Geschäftsfeldern bewegen würden. Das Gegenteil wäre der Fall. Wir wollen Urhebervertragsrechte zur Sicherung gegenüber restriktiven Verwerterforderungen und wir wollen ein reformiertes und auf die modernen Medien angepasstes Urheberrecht.

Dietmar Kawohl, Musikproduzent

Sehr geehrter Herr Kawohl,
Als Ausreisser aller beteiligten Kommentatoren wünschen Sie uns direkt vor die Gerichte, bezeichnen unsere Forderungen dümmlich, wollen Sich auch noch an der Frau eines Piraten vergehen und mit diesem Beispiel physisches und geistiges Eigentum definieren. Unabhängig davon, das wir Ihr Frauenbild furchtbar finden, lassen wir Ihre Behauptung, wir würden Urheberrechte abschaffen wollen, nicht durchgehen.

Leslie Mandoki, Musikproduzent

Sehr geehrter Herr Mandoki,
auch Sie vergreifen Sich im Ton wahrscheinlich nur, weil Sie unser Programm nicht kennen und Sie von der Handelswoche und Gruner + Jahr ideologisch aufgeladen wurden. Und richtig, auch wir sehen Google, Facebook und Konsorten sehr kritisch. Wir wollen einen fairen Ausgleich. Wer mit kommerziellen Angeboten urheberrechtlich geschützte Werke weitergibt und daran verdient, ohne den Urheber zu entlohnen, ist kein Freund der Piraten. Wir wollen aber Konsumenten vor einem radikalen Zugriff der Verwerter schützen und dabei spielt übrigens auch der Datenschutz und die digitale Privatsphäre eine große Rolle.

Jette Joop, Modedesignerin
Sehr geehrte Frau Joop,
keine Angst: Mode lässt sich nicht herunterladen. Mehr hatten Sie zu diesem Thema ja auch nicht zu sagen, oder?


Frank Dopheide, Chairman Deutsche Markenarbeit

Sehr geehrter Herr Dopheide,
Irrtum – Ideen sind nicht geschützt und werden es auch nie sein. Ihre Idee, durch Werbung Geld zu verdienen hat Sie wohl sehr reich gemacht. Zum Glück darf aber auch jeder Andere eine Werbeagentur gründen.

Klaus G.Friese, Bundesverband Deutscher Galerien

Sehr geehrter Herr Friese,
Sie treten bei uns offene Türen ein, wenn Sie argumentieren, das Schutzfristen verkürzt werden müssen, da sie in ihrer jetzigen Form nicht den Urhebern nützen. Leider halten Sie sich auch an dem falschen Begriff „geistiges Eigentum“ fest. Gemein ist uns das Honorieren von Werken, die der Konsument auch wirklich besitzen möchte. Ebenso wollen wir den Urheber stärken und durch gesetzliche Änderungen motivieren, sich selbst zu vermarkten um einen größeren Teil des Erlöses direkt zu erwirtschaften. Die Ideen hierfür existieren und sie sind umsonst wie die Idee des Internets.

Ulrich Schacht, Schriftsteller

Sehr geehrter Herr Schacht,
Asoziale Demagogen – Als umstrittener Schriftsteller mit rechten Tendenzen dürften Ihnen beide Begriffe nicht einmal in gedruckter Form peinlich sein. Sie sind dennoch ideologisch aufgeladen und bringen uns in der Debatte der Reformierung von Urheberrechten nicht weiter. Sie verlegen dagegen die Diskussion in den Bereich des nautischen Vokabulars, das einem so komplexen Thema kaum gerecht wird. Wut ist ein schlechter Ratgeber.

Christoph Keese, Axel Springer

Sehr geehrter Herr Keese,
Nach der Aufklärung durften Urheber auch nicht mehr zitieren oder die Praxis des Einarbeitens fremder Motive als Hommage des Zitierten nutzen. Dadurch starb eine große Tradition von Barock bis Rennaissance aus. Heute nennt man das transformationelle Nutzung. Eine der vielen Dinge, die unsere Sicht des Urheberrechts zulassen möchte. Etwas was wir abschaffen möchten, ist hingegen das Wahlgeschenk, das Ihnen die gelb-schwarze Regierung mit einem restriktiven Leistungsschutzrecht für Journalismus im Internet gemacht hat.

Gottfried Honnefelder, Börsenverein des Deutschen Buchhandels

Sehr geehrter Herr Honnefelder,
bereits in Ihrem Schulflyer des Börsenvereins fiel Ihre eklatante Unwissenheit bezüglich elementarer Kulturtechniken im Internet auf. Mit dieser Publikation verstärken Sie eine zunehmende Angstkultur im Umgang mit dem Internet auf schulischer Ebene. Der einseitige Fokus auf die Verschärfung zu Gunsten rein wirtschaftlicher Interessen beschneidet auf desaströse Weise die Medien-Kompetenz einer jungen Generation und leistet dem Verdruss in der Nutzung von Netzinhalten Vorschub. Sie höhlen gleichzeitig die Rechte von Urhebern aus.

Jan Fleischhauer, Journalist und Autor

Sehr geehrter Herr Fleischhauer,
uns als Netzsozialisten zu bezeichnen ist abenteuerlich, entspricht aber Ihrer bekannten Rechts-Links Autokratie im Spiegel, die aber bei Piraten nicht funktioniert. Auch leider leiden Sie unter der gleichen einseitigen Wahrnehmung, Piraten wollten “Umsonstkultur”. Einfach mal die Augenklappe abnehmen.


Andrea Verpoorten, Medienpolitische Sprecherin der CDU Landtagsfraktion NRW

Sehr geehrte Frau Verpoorten,
In der modernen Netzkultur die Ausdünnung kultureller Inhalte zu sehen ist abenteuerlich, denn gerade durch die Befreiung von Vertriebs-, Produktions- und Promotionkanäle hat das Internet zu einer unglaublichen Diversifizierung der Stile und Inhalte beigetragen. Besuchen Sie doch einmal ihren Parteikollegen Peter Altmaier, der wird Ihnen das Netz ein bisschen näher bringen.

Ulrich Wickert, Journalist

Sehr geehrter Herr Wickert,
kein Pirat will Autoren, die von ihren Werken nicht leben können, auch noch die Rechte nehmen. Ebenso wenig jenen, die davon leben können. Jedoch, ab dem Moment, in dem ein Urheber sein Werk in die Freiheit der physischen und digitalen Welt entlässt, muss er sowohl mit Kritik, als auch mit transformationeller Nutzung rechnen. Wenn jemand Ihren Roman umschreibt, so darf er das auch im aktuellen Urheberrecht, solange er daraus keinen kommerziellen Nutzen zieht. Leider haben Sie so gesehen nicht das Recht, welches Sie gerne durchsetzen würden. Dann vielleicht doch lieber nur im erlauchten Kreise der wochenendlichen Weinrunde aus den eigenen Werken rezitieren. Ich wäre gerne dabei.

Jens de Buhr, JDB Media GmbH

Sehr geehrter Herr de Buhr,
wir fordern keine Gratis- und Umsonst-Kultur. Gerade in der Werbeindustrie baut ein Konzept auf das andere auf. Das nennt man Inspiration. Das wird auch in Ihrer Firma nicht anders sein.

Michael Enzenauer, Werbemanager

Sehr geehrter Herr Enzenauer,
Als Werbemanager zu fordern, das Internet abzuschaffen ist eine aberwitzige aber unkonstruktive Idee. Statt dessen möchten wir Ihnen die Angst nehmen: Wir möchten niemanden enteignen. Es geht nur um eine dringende Reform des Urheberrechtes. Das Urheberrecht wurde schon seit jeher auf technische Neuerungen angepasst. Warum nicht auf die größte Kulturrevolution seit der Einführung des Fernsehens und Rundfunks?

Hans Mahr, Ex-RTL Chef

Sehr geehrter Herr Mahr,
leider beweisen Sie Unwissenheit, wenn Sie einen Ladendiebstahl mit einer Kopie gleichsetzen. Die mangelnde Verhältnismässigkeit der Rechtedurchsetzung wird übrigens unmittelbar mit folgendem Vergleich plastisch und demonstriert, wie radikal Verwerter versuchen, ihre Rechte durchzusetzen. Ein ertappter Ladendieb einer physischen CD wird mit einer Fangprämie von 100 bis 200 Euro bestraft. Eine Kopie, die keinen Schaden anrichtet, wird durch eine kriminelle Schattenwirtschaft von Anwaltskanzleien mit einer Abmahnung in Höhe von bis zu 2000 Euro bestraft. Das passiert im Jahr 500000 mal und entbehrt jeglicher Verhältnismässigkeit.

Clemens Pflanz, Meisterkreis, Vereinigung von Luxusmarken

Sehr geehrter Herr Pflanz,
Ihr Markenschutz, der im Patentrecht zu finden ist, hat nichts mit der dringend nötigen Urheberrechtsreform zu tun.

Pater Anselm Grün, Buchautor

Sehr geehrter Pater Grün,
die Zeit rast heute schneller als in Ihrer Jugend – eines der Opfer der vernetzten Welt. Dem hingegen hat zu allen zeiten jedes Werk auf anderen Werken aufgebaut. Inspiration ist der Treibstoff aller Kreation. Auch in Ihrem Werk sind sicher viele geistige Paten zu finden und das ist auch gut so. Wir verorten Werke in geistigen Koordinatensystemen. Das findet heute schneller statt, ist aber einer der größten technologischen und wissenschaftlichen Beschleunigungsfaktoren. In anderen Kulturkreisen wird übrigens die Kopie als eine Hommage an den Ursprungsschöpfer gesehen. In einer globalen, vernetzten Welt sind sich auch die kulturellen Paradigmen näher gekommen. Unsere westliche Geistesdisziplin steht nun einem ebenbürtigen Chor der anderen Gesellschaften gegenüber. Das ist die Vielstimmigkeit einer neuen Welt und sie klingt herrlich.

Peter Raue, Ex Vorsitzender Freunde der Berliner Nationalgalerie

Sehr geehrter Herr Raue,
die meisten Redakteure arbeiten umsonst, wenn man die Nutzung ihrer Publikationen im Netz betrachtet. Das liegt nicht an den Piraten, sondern an den Verlegern, die in den Anstellungsverträgen ihrer Redakteure „total buy out“ Absätze vereinbart haben. Das neu geplante Leistungsschutzrecht sichert den Verlagen zusätzliche Einnahmen an denen die Urheber der Texte nichts verdienen. Das ist schwarz-gelbe Politik.

Birgit Politycki, Pressebüro Politycki & Partner
Sehr geehrte Frau Politycki
Sie behaupten zwar, unseren Forderungskatalog gelesen zu haben, beweisen aber das Gegenteil, wenn Sie Angstkultur beschwören und die Enteignung von Schöpfungen als Piratenidee deklarieren.

Martin C. Wittig, Roland Berger Chef

Sehr geehrter Herr Wittig,
Sie haben Recht: Wer Andere achtet kauft Originale. Und genau das tun Menschen, wenn Sie sich im Netz davon überzeugt haben, das sie das Werk schätzen und achten und als persönlich inspirierend, honorieren möchten. Das Netz hilft uns in der Flut der Veröffentlichungen klar zukommen und jene Werke zu finden, die uns beflügeln. Gemeinsames Schöpfen, wie in Open Source Programmen beweist übrigens die Stärke dieses noch so jungen Konzeptes der Schwarmintelligenz und multipliziert den Fortschritt der vernetzten Welt.

Petra Müller, Filmstiftung NRW

Sehr geehrte Frau Müller,
alleine der Wille und der rechtlich restriktive Rahmen, von schöpferischen Leistungen leben zu können, macht es aber nicht möglich. Schon immer hat in der Summe die Beteiligung von Verwertern und Verwertungsgesellschaften das Einkommen von Urhebern rigoros geschmälert, besonders das jener mittleren und durchschnittlichen Urhebereinkommen. Noch nie hatten Urheber eine Garantie von ihren Werken leben zu können. Wenn man jetzt dem dringend nötigen Urheberrechtsreformgedanken unterstellt, Urheber zu benachteiligen, benutzt man die scheinheiligen Argumente einer Verwerterindustrie, die sich in großen Teilen obsolet gemacht hat.

Christian Veith, Boston Consulting AG

Sehr geehrter Herr Veith,
die Betonierung eines dringend sanierungsbedürftigen Urheberrechtes wird langfristig den wirtschaftlichen Wachstum der Kreativindustrie blockieren, denn restriktive Leistungsschutzrechte und Schutzfristen mit Laufzeiten, die in der schnellebigen Netzwelt von heute an die Ewigkeit reichen, bremsen gerade Entwicklungen aus, die nahtlos an vorherige Schöpfungen anknüpfen.

Thomas Carl Schwörer, Kulturmanager

Sehr geehrter Herr Schwörer,
Sie fordern die Einführung von radikalen und restriktiven Warnmodellen, wie bereits in Frankreich praktiziert. Datenschutzrechtlich bedeutet das ein proaktives Scannen des kompletten Datenverkehrs direkt beim Provider. Es öffnet Vorratsdatenspeicherung und der Verschärfung von Handelsinteressen Vorschub und verletzt die digitale Privatsphäre.

Klaus Beucher, Partner Freshfriends Bruckhaus Deringer

Sehr geehrter Herr Beucher,
Piraten fordern keine Gratiskultur. Die freie Verfügbarkeit von geistigen Schöpfungen hat aber die Kreativität und Vielfalt der Schöpfungen befeuert. Noch nie gab es ein so vielfältiges kulturelles Angebot.

Katrin Burseg, Autorin

Sehr geehrte Frau Burseg,
leider werden die meisten Piraten nicht ihrer visuellen Vorstellung gerecht und so ist das auch inhaltlich. Wir fordern eine Stärkung von Urheberinteressen. Die Schranke im Internet für eine Ausweitung der privaten Kopie muss man im Zusammenhang unseres gesamten Programmes sehen. Und ja, sehr gerne, lasst uns miteinander reden um die Missverständnisse, die von den Verwertern gestreut wurden, aufzulösen.

Thorsten Grenz, Veolia Umweltservice

Sehr geehrter Herr Grenz,
Sie sagen es, Künstler und Autoren sollten viel stärker nach den Möglichkeiten des Internetsv greifen und sich zusätzliche Vermarktungsmodelle erarbeiten, an Stelle sich allzu freigiebig fast auf Ewigkeit an Unternehmen zu ketten, die dann phantasielos ein Monopol verwaltet.

Werner Lippert, Kulturmanager

Sehr geehrter Herr Lippert,
die mangelnde Akzeptanz des Begriffs „geistiges Eigentum“ in der Bevölkerung ist dem Verständnis und der steigenden Medienkompetenz geschuldet, die längst die Missbräuchlichkeit dieses Begriffes verstanden hat.

Jan Hagemann-Snabe, Vorstandschef SAP

Sehr geehrter Herr Hagemann-Snabe,
es ist erschreckend. Der Vorstandschef der SAP glaubt, man könne Ideen perse schützen. Die Gedanken sind frei, sowie alle Ideen. Die Idee, eine Firmenverwaltungssoftware zu schreiben, ist zum Glück frei, sonst könnte niemand ausser SAP Software Open Source Projekte für eben diesen Zweck entwickeln.

Marie-Christine Ostermann, Bundesvorsitzende der Jungen Unternehmer

Sehr geehrte Frau Ostermann,
was die Energiewende, der Demographiewandel und die Staatsschulden mit einem vermeintlichen Piraten-Sozialismus im Urheberrecht zu tun haben, erschliesst sich nicht einmal mit einer regen Phantasie. Was ist denn für Sie der Prozess der Bildung geistigen Eigentums? Eine chemisch-technische Reaktion? Wir freuen uns auf weitere Worthülsen.

Ute Biernat, GF Grundy Light Entertainment

Sehr geehrte Frau Biernat,
ein charmanter Vergleich von Kutschen und Autos, aber ja, wir brauchen definitv ein neues Urheberrecht, um den Anforderungen des digitalen Wandels und der Nutzung von Medieninhalten und immateriellen Gütern im Sinne eines fairen Ausgleichs zwischen Urheber und Nutzer gerecht zu werden.

Stephan Berg, Intendant Kunstmuseum Bonn

Sehr geehrter Herr Berg,
ja, es gibt viele Machtstrukturen, die in das Netz drängen und unsere bisherige Politik hat es nicht geschafft, die langfristige Neutralität des Netzes zu gewährleisten. Die universelle Kommunikationsleistung wird nicht nur in den gesellschaftlich-politischen Umbrüchen in allen Regionen dieser Welt sichtbar, sondern verändert unsere Gesellschaft nachhaltig. Nur ein reformiertes Urheberrecht wird diesen Anforderungen gerecht und garantiert eine Partizipation aller bei gleichzeitiger Honorierung von geistigen Schöpfungen, statt eines indiskutablen Eigentumsbegriffes für Immaterialgüter.

Wolfgang Ferchl, Verleger

Sehr geehrter Herr Ferchl,
der harten Arbeit des schöpferischen Schreibens steht heute eine unverhältnismässig hoch beteiligte reine Verwaltungsarbeit monopolistisch orientierter Verlage gegenüber, die mit DRM Massnahmen Produkte für den digitalen Markt schaffen, die hinsichtlich der eingeschränkten proprietären Nutzbarkeit und der zeitlich fragwürdigen Alleinstellung für den Urheber, den Nutzer und die Schöpfung ein wirkliches Hindernis darstellen.

Marcus Wolter, GF Endemol Deutschland

Sehr geehrter Herr Wolter,
Klauen und Kreativität in einem Satz haben nichts mit den Ideen der Piratenpartei zu tun. Unsere Urheberrechtsreform beschneidet sicher die Rechte von großen Verwerterkonzernen, reicht sie jedoch an den Urheber weiter, der in einem fairen, direkten und kommunikativen Prozess honoriert werden soll.

Thomas Strobel, CDU Landeschef BW

Sehr geehrter Herr Strobel,
Dichter, Denker, Tüftler und Erfinder scheinen Ihnen fremd zu sein. Sie schöpfen aus sich selbst und aus den Ideen anderer heraus. Der Antrieb kommt aus der menschlichen Neugier. Wir sorgen für neue und unmittelbare Förderung, die gegenüber der klassischen Verwerterinteressen echte Freiheit bedeutet.

Thomas Schnädter, GF Montblanc

Sehr geehrter Herr Schnädter,
DNA ist nicht statisch, sie vererbt sich in Rekombination, Transformation und Neuschöpfung. Ihr Beispiel ist das Argument unserer Idee, dass freie Schöpfungen besonders stark Innovationen befördern. Wenn die Rechte dann bei den Urhebern liegen, bedeutet das wirkliche Freiheit, faire Kompensation und steigende Innovation.

Bernd Leifeld, GF Documenta
Sehr geehrter Herr Leifeld,
wenn Sie Kreativität unter der Bedingung von Freiheit von den Auftraggebern sehen, sind Sie bereits auf Piraten Territorium. Mit Gier hat das nichts zu tun. Gierig sind die klassischen Verwerterstrukturen, die weitgehend unskaliert veraltete Auswertungsrechte auf das Internet anwenden möchten.

Stefan Heidbrenner, GF Stiftung Familienunternehmen

Sehr geehrter Herr Heidbrenner,
gerade der technische Fortschritt der Netztechnologie ist ein Produkt der Schwarmintelligenz. HTML und all die anderen Protokolle des frühen Internets sind im Schwarm entwickelt worden. Open Source ist das Paradebeispiel, das ihre Position widerlegt. Und nein, Piraten wollen das Urheberrecht reformieren und nicht abschaffen.

Utz Tillmann, GF Verband der Chemischen Industrie

Sehr geehrter herr Tillmann,
Gerade das Wissen, das in öffentlichen Einrichtungen mit öffentlichen Geldern produziert wird, gehört der Allmende. Dem hingegen werden wissenschaftliche Publikationen viel zu oft von Verlagen blockiert und verwaist. Hier fordern wir eine weitreichende Öffnung.

Brigitte Kronauer, Schriftstellerin

Sehr geehrte Frau Kronauer,
finden Sie es gut, wenn Kulturgüter immer stärker auf kleinste Nutzunggebiete reduziert werden, anstatt eine breite Partizipation zu ermöglichen? Gerade für Autoren wie Sie, haben die Verlage ein Arsenal von Digital Rights Management Massnahmen ersonnen, die ihre Bücher als digitales Äquivalent nur noch in reduzierter Form erlebbar machen. Und das nur, um höhere Gewinne zu erziehlen.


Hans Demmel, GF n-tv

Sehr geehrter Herr Demmel,
wo haben Sie gelesen, die Piratenpartei fordere „Ich will alles und umsonst“? Im Handelsblatt? Ach so.

Tobias Künzel, Musiker

Lieber Tobias,
Ich duze Dich, da wir uns das schon mal auf einem gemeinsamen Festival bei Berlin angeboten hatten. Wir Piraten sind weder aus Hollywood, noch aus Somalia, sondern wir wollen Dir im Netz ermöglichen, dass Du unmittelbar von Deinen Fans honoriert wirst und nicht nur durch eine kleine Beteiligung Deiner Plattenfirma. Eine Band Deiner Größe macht etwas falsch, wenn sie sich an die herkömmlichen Bandübernahme- oder Künstlerverträge klammert. Beiss die Hand, die Dich jetzt mit Almosen füttert und entdecke die wahre Freiheit. Ahoi.

Thomas P.Friedl, Filmproduzent

Sehr geehrter Herr Friedl,
Die materiellen Errungenschaften der Ingenieurskunst und ihre Produktfälschung mit der Freiheit von geistigen Schöpfungen im Netz gleichzustellen, zeugt von einer mangelhaften Auseinandersetzung mit den Realitäten des Urheberrechtes in der Informationsgesellschaft von heute.

Kay Krüger, NBB Kommunikation

Sehr geehrter Herr Krüger,
zweistellige Wahlerfolge gibt es wohl nur für einen systemischen Wechsel in der Politik und daran Arbeiten wir. Mit Umsonstkultur hat das gar nichts zu tun.

Andreas Föhr, Roman- und Drehbuchautor
Sehr geehrter Herr Föhr,
wir vergeben Ihnen Ihre Unkenntnis in der Entwicklung von Internetstandarts und Protokollen, Betriebssystemen und Computertechnologie. Bereits Bill Gates meinte, das der Großteil des technologischen Fortschrittes in der Computerindustrie engmaschig aufeinander baut, als er sagte: „We sit on the shoulders of giants“. Als Drehbuchautor leben Sie in erster Linie von einer Honorierung aus GEZ Geldern, sofern Sie für die öffentlich rechtlichen Sender schreiben. Gerade die Paradigmen der TV Unterhaltung bauen direkt und indirekt auf bereits Geschaffenes auf. Man spricht hier auch gerne von der „kleinen Münze“ des Urheberrechtes. Dennoch wollen wir das Urheberrecht nicht abschaffen, sondern reformieren.

Knut Hechtfischer, ubitricity Elektroauto

Sehr geehrter Herr Hechtfischer,
kein Pirat entwendet Ihr Patent auf Ihr Elektroauto.

Moritz Rinke, Autor

Sehr geehrter Herr Rinke,
schreiben Sie wirklich nur für Buchläden oder sind da auch Ebooks mit DRM dabei? Finden Sie es gut, wenn dieses teuer erworbene Ebook eines Tages nicht mehr funktioniert, da der Lizenzschlüssel ungültig wurde oder aber das Gerät nicht mehr weiterentwickelt wurde? Dann ist ihr Werk für immer verloren. Bleiben wir bei den Systemadministratoren. Ab und zu braucht man ein neues Update, sonst droht der Systemabsturz.

Antje Lange, Labelmanagerin

Sehr geehrte Frau Lange,
schon klar, Sie würden ihre Künstler am liebsten im Kühlschrank lagern – halten sich länger und Metalmusiker können anstrengend sein – und nur bei Bedarf rausholen, wenn man damit Umsatz generieren kann. Die Musikindustrie hat bis heute nicht nachweisen können, ob die momentan als illegal geltenden Downloads ohne dieses Angebot auch legal erworben worden wären. Auf der anderen Seite spricht viel dafür, das gerade Musikliebhaber über ihre Downloads ihr Hörgewohnheiten erweitern und dann bei Gefallen auch regelmässig kaufen oder Konzerte besuchen. Ganz zu Schweigen von den Möglichkeiten für Nischenkünstler, die früher keinen Vertriebsweg fanden. Unsere Industrie muss sich den neuen Gegebenheiten anpassen, die neue Musik dafür entsteht bereits.

Tosten Casimir, Chefredaktuer Börsenblatt

Sehr geehrter Herr Casimir,
das Sie von G+J für diese Kampagne geimpft wurden, ist offensichtlich. Zu inhaltsleer, zu durchsichtig und zu tendenziös die Befragung der huntert Köpfe, die größtenteils aus der Verwerterlobby stammen und teilweise nicht einmal ihrer Kampagnenlinie entsprechen. Wenn Verlage ihre Macht für wirtschaftliche Zwecke instrumentalisieren, brauchen sie sich nicht zu wundern, wenn die Leserzahlen zurückgehen. Die Medienkompetenz ist dank des Internets gestiegen und nur davon profitieren wir.

Christian Gysi, Vorstandschef Cinemaxx

Sehr geehrter Herr Gysi,
Das Internet ist kein rechtsfreier Raum, benötigt aber auch eine erweiterte Privatsphäre jedes einzelnen. Der Wert von filmischen Werken geht nicht verloren, es gelten in der Flut der Veröffentlichung jedoch neue Selektionsmechanismen und Werteskalen. Das Internet hilft dem Konsumenten dabei, zu entscheiden, was einen Kauf rechtfertigt.

Julia Franck, Schriftstellerin

Sehr geehrte Frau Franck,
Sie unterschlagen hierbei, das der Ursprung unseres westlichen Paradigmas aller Wissenschaften, der Philosophie und der Kunst bereits in der Antike gelegt wurde. Eine Epoche die gerade auf die Freiheit der Gedanken baute und ohne Urheberrechtsschutz funktionierte. Und auch später war es für die technische und gesellschaftliche Entfaltung in Deutschland weitaus förderlicher, Wissen befreit in allen Schichten zu vermitteln. Während in England ein restriktives Copyright die Entwicklung blockierte, konnten in Deutschland durch vielfältige Nachdrucke große Teile der Bevölkerung an der Bildung teilhaben. Ein Beleg für die sinnstiftende Kraft befreiter Geistesleistungen. Darüber hinaus haben Studien ergeben, das die Urheber im frühen Copyright geschützten England trotzdem an der Armutsgrenze lebten, denn die Verlage diktierten schon immer die Honorare.

Helge Sasse, Vorstandschef Senator Film

Sehr geehrter Herr Sasse,
Nur weil Filme ins Internet gelangen, verlieren sie nicht ihren Wert, denn die Wirkung eines Kinobesuches ist nicht zu ersetzen, erst recht nicht in 3D. Natürlich bedeutet die Verfügbarkeit im Netz auch einen optimierten Verbraucherschutz, denn der Konsument besucht nicht mehr auf Verdacht Kinovorführungen, sondern überlegt sich genau, welcher Film den Erwerb der Kinokarte rechtfertigt. Das bedeutet natürlich auch, das Filmproduzenten höhere Qualitätsmassstäbe ansetzen müssen, denn gerade durch die transformationelle Nutzung von Filmen und die gestiegene Verfügbarkeit von Produktionsmitteln ist die filmische Kompetenz und erwartungshaltung des Nutzers gestiegen. Ebenso wird in der Zukunft das Angebot alternativer Filmkonzepte und neuer filmischer Stilistiken, die auch die vom Konsumenten im Internet erlernte Interaktivität einbeziehen, zunehmen. Dem gegenüber muss das klassische Zuschauerkino neue Konzepte entwickeln.

Renate Künast, Grüne

Liebe Frau Künast,
da ein großer Teil unserer Positionen deckungsgleich ist, gibt es dem nichts hinzu zu fügen, außer: Eine Kulturflatrate wie Sie sie fordern ist für uns nicht möglich, denn durch die Ermittlung eines Verteilungsschlüssels entstehen persönliche Nutzungsprofile. Das widerspricht unserer Vorstellung von Datenschutz. Der CCC hat mit der Kulturwertmark ein interessantes Konzept entwickelt.

Bernhard Frohwinter, GF ipcom

Sehr geehrter Herr Frohwinter,
an der misslichen Lage im Patentbereich der „Schlangengrube“ Mobilfunk sind nicht die Piraten Schuld. Gerade bei den Patenten im Mobilfunk werden Milliardenklagen für inhaltsleere Patentschriften eingeklagt. Die Dichte der “Rechtetrolls” ist nirgendwo höher als im Mobilfunkmarkt. Auch hierfür ist eine dringende Reform nötig, die wir als Piratenpartei begrüßen und weiterentwickeln.

Dieter Gorny, Bundesverband der Musikindustrie

Sehr geehrter Herr Gorny,
wir landen in einem dumpf brütenden Mittelmass, wenn wir all die Überwachungs- und Kontrollmittel einsetzen, die Sie am liebsten sofort anwenden würden. Die Medienkompetenz der Bürger ist ihren Vermarktungskonzepten schon lange davon gelaufen und lehnt in einem breiten Konsens Ihre Visionen einer Bit für Bit abgerechneten Mediennutzung ab, denn digitale Medien sind nicht per se kreativ. Die modernen Nutzungsarten unterschieden sich aber im Vergleich zur vergangenen Passivkultur massgeblich, denn sie fördern eine neue Kultur des Schöpfergeistes und monetären Ausgleiches, die auf klassische Verwerterstrukturen und Gatekeeperkonzepte verzichten kann.

Torsten Albig, SPD Spitzenkandidat SH

Sehr geehrter Herr Albig,
der Wahlkampf hat ja in Schleswig-Holstein bereits begonnen und ihre nautische Fantasie ist sicher Ihrer Herkunft geschuldet. Sie hat jedoch wenig mit der Wirklichkeit piratiger Grundsätze zu tun. Und eine nackte Idee allein ist nicht schützbar. Wir wollen Urheber vergüten, wir wollen einen direkten Ausgleich zwischen ihm und dem Nutzer seiner Schöpfung und wir haben hierfür Konzepte.

Christian Nienhaus, GF WAZ Gruppe

Sehr geehrter Herr Nienhaus,
Sie prangern die Umsonstkultur im Journalismus an? Die Verlage haben selbst die Angebote ins Netz gestellt, mit denen sie große Werbeumsätze generieren. Wenn jetzt ein Leistungsschutzrecht für verlinkte Inhalte von Ihnen gefordert wird und das mit der Beteiligung der Journalisten und Autoren begründet wird, offenbart sich die typische Verwertertaktik, denn die meisten Jounalisten erhalten keinen Cent aus diesen Leistungen, denn sie binden Sie ja bereits an Honorare für eine alle Nutzungsrechte umfassende Auswertung ihrer Leistung.

Rainer Moritz, Leitung Literaturhaus Hamburg

Sehr geehrter Herr Moritz,
halten Sie sich doch nicht an diesem aufgeladenen Kampfbegriff der Verwerterindustrie fest. Wir wollen die Leistungen von kreativen Köpfen honorieren, verstehen aber die Art und Weise, wie Inhalte im Netz individuell genutzt werden als Privatsphäre, auf die Verwerterinteressen schon allein aus datenschutzrechtlichen Grunde keinen Zugriff erhalten dürfen. Dagegen sind wir sehr dafür, Urheber endlich aus dem Joch der restriktiven Vollauswertung bis nach der Lebenszeit zu befreien.

Dennis Snower, Kieler Institut für Weltwirtschaft

Sehr geehrter Herr Snower,
Stehlen ist nie billiger als Kaufen, denn die rechtlichen Konsequenzen eines Diebstahls können schmerzhaft sein. Ein Diebstahl bedeutet das Entwenden einer Sache, die dann dem ursprünglichen Eigentümer fehlt. Genau das ist aber eine digitale Kopie nicht – sie ist also auch kein Diebstahl.

Philipp Rösler, FDP Chef und Vizekanzler

Sehr geehrter Herr Rösler,
auch wir fördern attraktive Angebote für die digitale Welt. DRM ist hingegen alles andere als attraktiv, es behindert und bestraft den fairen Nutzer und erzeugt den gegenteiligen Effekt. Aber auch Sie müssen sich von der aufgeladenen Begrifflichkeit des „geistigen Eigentums“ lösen, damit Sie Ihre eigenen Inhalte ohne Widersprüche bei Frau Merkel vortragen können.

Ferdinand Kayser, Satellitenkonzern SES

Sehr geehrter Herr Kayser,
Sie klingen so, als würden Sie jetzt gerne jedes Datenpaket, welches Sie senden, einer “Deep Packet Inspection” unterziehen. Das ist weder im Interesse ihrer Kunden, noch des Nutzers und würde Ihr Geschäftsmodell nachhaltig schädigen. Wir sind jedoch einer Meinung, wenn wir fordern, das schöpferische Leistungen honoriert werden müssen. Das jedoch ohne totale Kontrolle. Diese widerspricht nicht nur dem Freiheitsgedanken des Internets, sondern würde Innovationen langfristig ersticken.

Kommentar zu den “schöpferischen” Mediabossen


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Diese acht Herren verkörpern alle Eines:
Sie verdienen an den Leistungen und Schöpfungen Anderer.
Sie sind keine Urheber oder kreativ Tätige.
Sie stellen klassische Verwerter dar, die so lange als möglich an den alten Besitzstandsmodellen festhalten und sie unskaliert auf das Netz anwenden wollen.

Sehr geehrter Herr Dopheide,
Irrtum – Ideen sind nicht geschützt und werden es auch nie sein. Ihre Idee, durch Werbung Geld zu verdienen hat Sie wohl sehr reich gemacht. Zum Glück darf aber auch jeder Andere eine Werbeagentur gründen.

Sehr geehrter Herr Welte,
mit parasitärer Nutzung meinen Sie sicher die transformationelle Nutzung von Werken anderer. Das diese oft origineller sind als die Werke aus dem Hause Burda, mag Sie an der eigenen Geschäftsidee zweifeln lassen. Fakt ist: Das beflügelt Kultur.

Sehr geehrter Herr Buchholz,
Wer so wie Sie in einem Verlagshaus mit 500 Publikationen zum einseitigen journalistischen Feldzug gegen Ideen der Piraten ruft (Mediabiz), verstößt nicht nur gegen eine journalistisch ausgewogene Berichterstattung, sondern möchte seine Medienmacht gewalttätig und aggressiv für die eigenen Interessen einsetzen“

Sehr geehrter Herr Konken,
vom Leistungsschutzrecht im Internet hat der einzelne Journalist gar nichts, denn die meisten Journalisten müssen “Total Buy Out” Verträge unterschreiben, die sämtliche Beteiligungen ausschliessen.

Sehr geehrter Herr Thoma,
wir glauben Ihnen ungesehen, dass Sie nur für Geld aktiv werden. Kunst und Kultur folgt jedoch einem inneren Reflex des Kreativen und will zuerst einmal nur Rezeption. Vielleicht kommen Sie ja mal drauf, es ist nie zu spät.

Sehr geehrter Herr Heinen,
die wahre Vielfalt der Medien begann erst mit dem Internet. Davor gab es das Nadelöhr der wirtschaftlich-politischen Selektion kultureller Güter.

Sehr Herr Middelhoff,
Sie wollen Bezahlsysteme. Dagegen spricht nichts. Solange diese nicht wettbewerblich durch ungerechtfertig hohe Lizenzen blockiert werden, wie in einem Jahrzehnt der Nichteinigung Bitkom/GEMA. Die Auswahl, das Vorhören und Vorsehen im Internet wird es trotzdem geben. Der Nutzer muss selbst entscheiden können, was einen Kauf individuell rechtfertigt oder nicht.

Sehr geehrter Herr Karpinski,
Ideen gehören niemanden. Und die Gleichsetzung der Begriffe „geistiges“ und „physisches“ Eigentum sind genauso tendenziös wie „Raubkopie“. Hier ging jede Verhältnismässigkeit sträflich verloren.

Sehr geehrter Herr Leonhard,
wir wollen klare Gesetze und eine Urheberrecht das dem Wandel zur Informationsgesellschaft gerecht wird. Aber eine Kopie ist kein Raub.

Neonazis in Bayreuth


Für den 31.3. wurden Demonstrationen vom “Freien Netz Süd” und anderen rechtsextremistischen Organisationen in Pegnitz und Hof als Vorboten der großen Kundgebungen am 1. Mai angemeldet. Die Informationspolitik der Stadtverwaltungen in Pegnitz und Hof ermöglichte es den Bündnispartnern gegen Rechtsextremismus parallel dazu Mahnwachen und Protestkundgebungen zu organisieren.
Die große Kundgebung vor der Marienkirche in Hof war eine gelungene Demonstration demokratischen Engagements gegen Rechtsextremismus in Oberfranken.

Einen Skandal der besonderen Art hingegen leistete sich die Stadtverwaltung Bayreuth, die es nun laut offizieller Pressemeldung auf ihrer Internetseite http://www.stadt-bayreuth.de versäumte, eine von den Neonazis bereits in der Woche zuvor angemeldeten Kundgebung vor dem Rathaus öffentlich bekannt zu geben. Eine kleine Zahl von spontan zusammen gerufener und couragierter Bayreuther fand sich zwar ein, um den Rechtsextremen gegenüber Stellung zu beziehen, doch der ideelle Flurschaden einer fast unbehelligten Demonstration neonazistischen Gedankenguts unmittelbar vor dem Bayreuther Rathaus ist kaum zu fassen. Die Teilnehmer der Hofer Mahnwache wären natürlich auch zuvor in Bayreuth aktiv geworden, hätten sie von dem Naziaufmarsch erfahren.

Noch vor kurzem wurde Bayreuth Opfer einer rechtsextremistischen Flyerkampagne.
Dabei präsentiert die Stadt besonderes “Fingerspitzengefühl”: Lapidar wurde mit einem Formbrief auf der Internetseite der Stadt geantwortet, den engagierte Bürger an die Absender des Flyers senden sollten. Wer sich mit der rechtsextremistischen Bewegungen auseinander setzt, wird nicht erst seit den schrecklichen und verabscheuungswürdigen Taten der NSU eines der Zentren der menschenverachtenden Bewegung im Nordosten Oberfrankens und in der Grenzregion Thüringens verorten. Die wachsende Vernetzung der Rechtsextremen führte bereits in Coburg zu Morddrohungen gegen aktive Bürgerrechtler. Zwischen Thüringen und Franken bereitet sich zunehmend eine Angstkultur aus, denn die Neonazis sind mittlerweile über regionale Internetpräsenzen hervorragend vernetzt und sammeln Adressen von couragierten Bürgern. Wenn die Stadt Bayreuth empfiehlt, postalisch den Neonazis die Ablehnung des Flyer mitzuteilen, beweist sie ihre mangelhafte Sachkenntnis der braunen Gefahr.

Wenn die Stadt Bayreuth, wie jetzt in der aktuellen Pressemeldung bezüglich der Neonazidemonstration geschehen, das Heil in einem internen Kommunikationsfehler sucht und keinen grundsätzlichen Bedarf einer neuen Politik gegenüber den rechtsradikalen Tendenzen sieht, zeigt sie sich in einer traurigen Tradition.

Wir fordern eine lückenlose Aufklärung und eine politische Neubesetzung der exekutiven Kommunikationsstrukturen. Die Stadt Bayreuth muss sich mit einem klaren Signal gegen Rechtsextremismus in der von Neonazis bedrohten Region Oberfranken positionieren, damit das erste Opfer dieses Skandals rückgängig gemacht wird: Das Vertrauen der Bürger.