Rede auf BILD Boykott Demo, Berlin, 11.4.2015

bildboykott
Die Geschichte der Bildzeitung ist gepflastert von Opfern. Das erste war die Wahrheit. Für die Redaktion der Bild ist die Wahrheit bestenfalls eine Laune, in der Regel fällt sie der Schlagzeile zum Opfer.
Seit ihrer Gründung in den 50ern hat diese Zeitung und ihr Verlag in vollem Bewusstsein die Grenzen journalistischer und menschlicher Integrität übergangen, auf totalitäre Weise Meinungen produziert, geformt, erlogen und damit politische Entscheidungen erzwungen.
Sie berichtet nicht, sie richtet.
Sie hat Menschen erniedrigt und gebrochen, Menschenrechte verlacht und die Würde einzelner mit Füßen getreten, Kriegszüge gerechtfertigt und so die deutsche Beteiligung erst möglich gemacht. Sie hat dumpfe völkische Ressentiments des braunen Bodensatzes nach oben gekocht und dessen Opfer verhöhnt und wohl wissend in den Untergang getrieben, um sich dann am nächsten Tage nicht zu Schade zu sein, die Moralkeule zu schwingen um von den eigenen Taten, dem Aufwiegeln und der Hetze abzulenken.
Sie verhöhnen die informationelle Selbstbestimmung, brechen in die Privatsphäre ein und dichten jenen die sich dagegen wehren an, etwas zu verbergen zu haben. Wer nicht mitmacht, wird erpresst, wer nicht kollaboriert, für den erfindet man die denkbar gemeinste Schlagzeile in den Abgrund des gesellschaftlichen Gesichtsverlustes.

Momentan zerstört die Bild das Wichtigste in Europa: Das Band des Grundvertrauens zwischen den Menschen in unseren Ländern. Sie macht die Staaten des Südens zu kollektiven Schmarotzern und belohnt die Ärmsten bei uns mit einem neuen Feindbild. Sie treibt den Keil wie eh und je zwischen die 1% des Besitzstandes und den 99% restlichen da Unten.

Es gibt keine biblische Sünde, keine moralische Jauche-Grube und keine geistige Untiefe, die Kai Diekmann und seinen Schergen nicht Recht und billig wären um mehr Auflage und Umsatz zu generieren.
Denn statt der Wahrheit ist die Bildzeitung nur dem Gewinn verpflichtet. Und ihr Erfolg speist sich aus der selbst erzeugten Geilheit nach mehr Anzüglichkeit und verlogenen Schlagzeilen. Die Bildzeitung ist der Dealer des Hasses und der Lügen, immer den Junkie, die subtilen Ängste der Menschen im Blick, die es zu füttern gilt. Meisterhaft wie Faust und doch nur ein Dealer billiger Lügen, der den Beruf des Journalisten durch den Schmutz zieht.
Sie ist die Geißel des Journalismus, denn im Kapitalismus und im Wettbewerb um Schlagzeilen strecken sich fast alle nach dem Erfolgsrezept des Profits.

Dieses niedere, infame Spiel gab es schon in der Antike als Zuckerbrot und Peitsche.
Fast könnten wir der Bildzeitung dankbar sein – Der neoliberale und menschenverachtende Kapitalismus ist heute oft viel zu perfide und geschickt verpackt um ihn zu greifen. Zu sehr sind wir alle in ein System des nach unten Treten und nach oben Buckeln gefangen. Bei der Bildzeitung präsentiert sich diese Fratze stolz und überheblich. Sie wird von ihrem hochnäsigen Chefdemagogen Diekmann perfekt verkörpert. Für seine Schergen und Speichel-Lecker gelten alleine die Einstellungskriterium Skrupellosigkeit und Ellenbogenqualitäten. All die Christopher Keeses und von Klaedens. Sie haben sich im System nach oben geleckt und nach unten getreten.

Denn was den Ethos betrifft, ist man sich seit der Gründung treu geblieben. Als Willi Brandt in Polen in den 70ern vor dem Denkmal des polnischen Ghettos auf die Knie sank und für die Opfer betete und um Vergebung bat, hatte die Bildzeitung nur Häme übrig und konnte dem Sozialdemokraten mit einer perfekt orchestrierten Guillaume Affäre vor die Haustüre des Kanzleramtes befördern.
Heute lügt sich Bild die Geschichte zurecht und schreibt von der großen Geste Brandts.
Als Wallraff Undercover aus der Mördergrube der Bildzeitung berichtete, versuchten sie in zu diskreditieren und zu vernichten.
Schon Tage vor den Blockupy Protesten in Frankfurt bereitete BILD die Schmutzkampagne vor, formte die öffentliche Meinung um die Gewalttäter, um dann in selektiver Berichterstattung eine ganze Bewegung zu diskreditieren.

Besonders tragisch ist es, das es bis heute unserer politischen Klasse nicht gelungen ist, den Einfluss der Springer Presse zurückzudrängen. Der Springerkonzern nimmt auf subtile Weise alle in Geiselhaft. Auch hier ist das Drohmittel immer der gesellschaftliche Abstieg vor dem Millionenpublikum des Blattes.
Doch hinter dem ungenierten und offenen Politikspiel gibt es auch noch ein Verdecktes: Gesetzesentwürfe werden in den Regierungsbetrieb eingebracht und durchgedrückt. Das Leistungsschutzrecht für Presseverleger ist direkt im Koalitionsvertrag gelandet. Kanzleramts-Staatsminister Eckart von Klaeden und Bruder des Axel Springer Kommunikators Dietmar von Klaeden hat nach dem erfolgreichen Durchdrücken dieses Springer Gesetzes seine Mission für die Familiengeschäfte des Axel Springer Verlags abgeschlossen. Er wendet sich ohne Einhaltung von Karenzzeiten sofort dem nächsten lukrativen Job zu und wandert direkt zu Daimer als Bereichsleiter Politik.Das Leistungsschutzrecht dagegen wirft Deutschland im Digitalen Wandel noch weiter zurück und zementiert das Interesse Springers, den Onlinemarkt alleine erfolgreich zu besetzen. Unliebsame Mitbewerber werden weg geklagt und eigene Freistellungen bei Google genutzt um mehr Publikum zu generieren.

Doch ist im Netzzeitalter endlich die Chance da, einer Gegenöffentlichkeit ein Podium zu verschaffen um die laufenden Lügen, die Hetze und Bösartigkeit dieses Kartells Einhalt zu gebieten. Es ist Zeit das Monopol aus Haß und Hetze zu brechen. Waren es in den 70ern mutige Einzelkämpfer wie Wallraff, die uns Schnappschüsse aus der Mörder Grube präsentierten, so können wir heute im Netz viel mehr. Nutzen wir unsere Blogs, die sozialen Netzwerke und unsere Kraft als Konsument um gegen Springer zu kämpfen. Je mehr Händler Nein zur Bild sagen umso leichter wird es. Niemand wird für die Bildzeitung meilenweit zum letzten Outpost oder Kiosk zu pilgern, der das Schmieren Blatt unter dem Tresen hat.
Wir werden erst locker lassen, wenn aus den getäfelten Räumen dort oben im Axel Springer Haus ein Heim für Refugees geworden ist.

Der Shitstorm auf das Imperium hat erst begonnen.