Kommentar zum Schulflyer des Börsenvereins “Legal, Fair und Sicher”

Der Börsenverein des Buchhandels und mit ihm weitere Mitglieder der Deutschen Content Allianz, der BVMI, die GVU und Childnet International überschreiten die legale Grenze einer objektiven, schulischen Aufklärung zu Gunsten eigener wirtschaftlicher Interessen. Die Verfasser verletzen damit den Grundsatz, politische Werbung als auch wirtschaftliche Interessen von schulischen Lerninhalten fernzuhalten.

Gemeinsam haben sie die Broschüre „Legal, Sicher und Fair“ veröffentlicht, die als „Hilfestellung für einen verantwortungsvollen Umgang mit dem Internet“ über Schulen und Bildungseinrichtungen verteilt und in den Fächern Sozialkunde, Wirtschaftslehre, Religion, Werte & Normen, Lebenskunde, Musik und Informatikunterricht Einzug halten soll.

Neben der relativ einseitigen Begriffsdefinition von „Peer To Peer“, „Filesharing“ und „Cyberlocker“ vermittelt das Druckwerk vor Allem einen restriktiven und rückwärts gewandten Blick auf das Leistungsschutzrecht und das Urheberrecht.

Auf Seite 8 wird unter „Darf man Musik und Filme kopieren“ die Privatkopie für Freunde unterschlagen und kriminalisiert. Das Aufzeichnen von Internetradiostreams wird gleichermaßen als eine fragwürdige und rechtlich bedenkliche Aktivität dargestellt.

Die Behauptung, das nur in wenigen Fällen Links von Blogs auf digitale Inhalte legal sind, ist nicht nur grundlegend falsch, – alle Inhalte im Netz sind „digital“ – sondern vermittelt bereits jetzt die Begehrlichkeit der Deutschen Content Allianz auf die Anwendung des neuen, verschärften Leistungsschutzrechts für journalistische Inhalte. Ebenso diskreditiert diese haltlose Behauptung die so wichtige gesellschaftliche Funktion von Blogs für das gesellschaftliche und politische Leben.

Der Börsenverein verstärkt mit dieser Publikation eine zunehmende Angstkultur im Umgang mit dem Internet auf schulischer Ebene und ist deshalb als Aufklärung für Lehrer und Schüler strikt abzulehnen und zu verurteilen. Der einseitige Fokus auf die Verschärfung zu Gunsten rein wirtschaftlicher Interessen beschneidet auf desaströse Weise die Medien-Kompetenz einer jungen Generation und leistet dem Verdruss in der Nutzung von Netzinhalten Vorschub.

Nur eine offene gesellschaftliche Debatte aller Beteiligten kann zu einem fairen Ausgleich zwischen Urheber- und Nutzerinteressen und einer dringend nötigen Reform des Urheberrechts führen.

Fukushima ist überall


Man schmeckt sie nicht.
Man hört sie nicht.
Man fühlt sie nicht.
Man sieht sie nicht.
Doch sie ist immer da.
Sie strahlt weit über die uns vermittelbaren Zeiträume hinaus ihre lebensfeindliche Botschaft bis in die kleinste Zelle und durch jeden Organismus hindurch.
Sie bringt den Tod, die Krankheit und das Elend.
Sie ist das Vermächtnis unserer Hochmut und Arroganz.
Sie ist die Mitgift unserer Gier.
Und sollte sich die Zivilisation nicht bereits vorher vernichten, so wird sie noch tausend Generationen nach uns als Fanal eines schmutzigen, selbstzentrierten Zeitalters strahlen.
So sind nicht nur Pripjat, Tschernobyl und Fukushima die ewig mahnenden Fackeln des nuklearen Scheiterns.
Es sind die unzähligen Endlager, Zwischenlager und Ruinen des Kernzeitalters, die unsere
Welt vergiften. Man muss kein religiöser Mensch sein, um die Dimension des Verrats an der Schöpfung zu begreifen die durch den strahlenden Abfall unserer Zivilisation entsteht. Es sind besonders jene, die unter ihr leiden, die keine Stimme haben. Es sind die Ärmsten in der Welt, es sind unsere Kinder und unsere Mitgeschöpfe, die Tiere.
Eine Gesellschaft, die ihr eigenes Überleben nur am Wachstum misst, hat längst ihre eigene Art verraten.
Dabei ist die Kenntnis der externalisierten Kosten von Kernenergie genauso bekannt wie ihr Risiko. Kernenergie ist weder nachhaltig, noch langfristig ertragreich. Sie ist die gescheiterte Fusion der kalten Krieger, der Wissenschaft und der Großindustrie.

Sicher haben die Atomgegner in ihrem jahrzehntelangen Kampf viel erreicht.
Der zivile Tsunami aus der Mitte der Gesellschaft heraus hat nicht zuletzt durch die gespenstischen Livebilder aus Fukushima eine Sogwirkung erzeugt, der sich die Regierung nicht mehr entgegenstellen konnte und die sämtliche Beschwichtigungsversuche der Atomindustrie niederrissen.
Doch wenn heute deutsche Firmen in der ganzen Welt neue Atomkraftwerke planen und bauen, so hinterlassen sie auf lange Zeit hinaus ein weiteres Mahnmal deutscher Selbstüberschätzung und menschenverachtender Ignoranz.
Wenn unsere Regierung schützend die Hand über diese Technologiekonzerne hält, dann macht sie sich im Sinne des Völkerrechtes schuldig, den die Unversehrtheit von Gesundheit und Lebensraum ist ein Grundrecht.
Wenn unsere Regierung innerhalb nur einen Jahres Fukushima vergessen hat, dann demonstriert sie nicht nur die Ignoranz den eigenen Bürgern gegenüber, sondern ihre Unfähigkeit ihre Bürger vor elementaren Bedrohungen zu beschützen.
Wenn unsere Regierung Subventionen für regenerative Energien streicht, macht sie sich nicht nur der Lüge am eigenen Wahlvolk schuldig.
Sie vergisst den Auftrag unserer zivilen Gesellschaft in der Mitte Europas: Die Kernkraft, die aus der wissenschaftlichen Entdeckung der Atomspaltung abgeleitet wurde, ist eine größtenteils deutsche Erfindung. So sind es auch wir und unsere Gesellschaft die ein Zeichen setzen muss, um das nukleare Gespenst in Europa und in der Welt wieder einzufangen.
Unser Signal ist der Aufbruch in einen weltweiten Ausstieg aus der lebensfeindlichsten Technologie die je erschaffen wurde. Ein Ausstieg ohne Umkehr. Fukushima mahnt uns dazu jedes Jahr aufs neue.
Wir werden jedes Jahr die nukleare Bilanz ziehen und den Finger in die Wunde legen.